Lange hat Fritz Schray gesucht. Ist hin- und hergewandert auf der einsamen, zugigen Hochebene des Irndorfer Hardt, während der Wind seine langen grauen Haare unter dem blauen Mützchen zauste. Doch jetzt ist der Hobbybotaniker fündig geworden. Da ist sie endlich, die Bleiche Weide! In einer Senke streckt sie ihre kurzen Spieße mit den gelben Kätzchen aus dem dürren Gras. Uraltes Natur-Inventar ist dieser Strauch.
"Das ist die Bleiche Weide. Und zwar ist die, das ist also nachgewiesen, ein Relikt aus der letzten Eiszeit vor 10.000 Jahren. Nur hier. Ich weiß nirgends einen Platz, wo es noch eine gibt."
Eine Pflanze aus der Eiszeit, was für eine Rarität. Und weil dieses Irndorfer Hardt, eine Waldweide mit einzelnen Fichten- und Birkengruppen und blühenden Trollblumen und Arnika eine seiner Lieblingslandschaften ist, huldigt der Heimatdichter ihm auch gleich noch mit einem Werk aus eigener Feder:
"A Kleinod vo ganz bsundra Art,
isch das Irndorfer Hardt.
Holzwiesa in dr Einsamkeit,
uf Schritt und Tritt a Koschtbarkeit."
Es dürfte außerhalb Baden-Württembergs nicht allzu viele Menschen geben, die das Donaubergland auf Anhieb richtig zu verorten wüssten. Das etwa 40 mal 50 Kilometer große Gebiet bildet den südwestlichen Ausläufer der Schwäbischen Alb, jenes karstigen Mittelgebirges, das wie ein langes Brot schräg in Baden-Württemberg liegt. Die Donau ist hier noch jung und so schüchtern, dass sie während der wärmeren Jahreszeit bereits nach etwa 30 Kilometern bei Immendingen wieder in der Erde verschwindet. Dort gluckert sie weiter und sprudelt zwölf Kilometer südlich als Aachquelle aus dem Boden.
Heute allerdings führt sie reichlich Wasser, sodass nur ein Teil davon in den "Schlucklöchern" verschwindet. Manfred Seifried, studierter Hobbygeologe, zeigt uns, wie man die Abflüsse in den Untergrund erkennt.
"Man sieht es an der Wasserbewegung, weil das Wasser fast wieder bergauf läuft, und man sieht es auch am Blütenstaub, der auf der Donau treibt und sich in diesen Schlitz bewegt, und dann langsam versickert und sich langsam zur Aachquelle bewegt, und etwa zwischen 30 und 60 Stunden später wieder hervorkommt als Quelle, mit einer Schüttung zwischen 8000 und 25.000 Litern pro Sekunde."
"Wenn das Wasser jetzt wegbleibt - hier sind Fische eigentlich drin - denke ich: Wissen die das vorher, dass es trocken wird, oder was machen die? Es ist wie im wirklichen Leben: Es gibt unter den Fischen Penner und es gibt unter den Mensche Penner. Es gibt Fische, die merken, dass des Wasser nachlässt und die gehen dann zur Quelle. Wenn natürlich die Tümpel sich bilden und irgendwelche Fische zurückbleiben, Fische mit 10, 15, 20, fast 30 Zentimetern Länge, da haben natürlich die Graureiher eine Mordsfreude: Für die ist es Weihnachten und Osten auf einen Schlag."
Vor 140 Millionen Jahren schwappten über dem heutigen Süddeutschland die Wellen des Jura-Meeres. Schwämme wuchsen darin zu widerstandsfähigen Riffen heran, die auch, als sie trocken fielen, Wind und Regen trotzten und heute als graue Felsenzähne das Land schmücken. Ab dem Pliozän, vor acht Millionen Jahren, nagte sich die wasserreiche Urdonau durch die Kalkfelsen, löste weichere Steine, wich härteren Felsen aus - und schuf so die Schlucht des Donaudurchbruchs zwischen Mühlheim und Sigmaringen.
Das Ergebnis kann sich sehen lassen - am besten von einem Aussichtspunkt wie dem Eichfelsen aus. Tief unten schlängelt sich die Donau durch ein breites, grünes Tal, direkt gegenüber ragen die Felsenpfeiler aus dem Bewuchs: Hexenturm, Hahnenkamm, Zuckerhut. Wie hatte doch Fritz Schray den Ausblick treffend angekündigt:
"Für mich ist das Donautal ein Dialog zwischen dem Gesang der Donau und dem Schweigen der Berge, das ist ein Dialog, der schon Millionen Jahre geht."
Neben dem Fluss verläuft ein Eisenbahngleis, ein Tunnel ist da, eine Brücke, ein Hof, und ganz oben prangen keck Schloss Werenwag und Burg Wildenstein - fast etwas unwirklich erscheint diese Märklinlandschaft. Auf den Felsen haben sich weitere lebende Zeugen der Vergangenheit angesiedelt, erklärt Wanderführer Armin Hafner, der sich selbst den "Donautalguide" nennt:
"Wir haben hier zum Beispiel die sogenannte Xerotherm-Vegetation, das sind Pflanzen, die schon seit der Eiszeit hier leben, die hier bekannt sind, die zum Teil im Donautal ihr Hauptverbreitungsgebiet noch vorfinden. Sie brauchen den kargen Fels als Lebensraum, der sehr extreme Witterungsverhältnisse bietet, extreme Kälte im Winter, extreme Sonneneinstrahlung im Sommer. Wir haben hier verschiedene Moose, Flechten, verschiedene Kleearten.
Aber hier wächst nicht nur was, hier fliegt auch was. Richtig. Hier fliegt sogar jede Menge. Wir haben hier die besten Voraussetzungen für die Felsenbrüter. Das ist zum einen der Wanderfalke, die größte Falkenart, die wir in Deutschland besitzen. Und vor 50, 60 Jahren war auch das Donautal eines der letzten Gebiete, in dem der Wanderfalke damals noch vorkam. Er stand vor der Ausrottung, und über Schutzmaßnahmen konnte man diese Vogelart auch in Deutschland wieder retten.
Momentan haben wir einen gesicherten Bestand, und man kann, wenn man hier mit dem Fernglas unterwegs ist, ganzjährig diesen Falken beobachten. Der zweite Vogel, das ist die größte Eule, der Uhu, zählt hier als Nischenbrüter, der in den Felsen des Donautals natürlich optimale Voraussetzungen findet, um hier zu brüten. Beide Vogelarten leben schon sehr lange hier und teilen sich hier die Felslandschaft."
Armin Hafner ist im Tal aufgewachsen. Abends führt der gelernte Falkner mit dem keck geschwungenen Filz auf dem Kopf eine Schulklasse durch Burg Wildenstein. Seinen Rundgang beginnt er vor dem Altar in der Burgkapelle.
"Frage: Was sieht man denn auf diesem Bild hier? Ein kniender Ritter. Richtig, da sieht man einen Ritter. Und dieser Ritter mit seinem Schwert und seinem Wappen, das war der Ritter Gottfried, und der Ritter Gottfried hat hier diese Burg gebaut. Der begann 1520 mit dem Bau dieser Burg, und jetzt mal eine Frage an Euch: Was glaubt Ihr, wie lang hat dieser Ritter gebraucht, diese Burg zu bauen? 500 Jahre? So lange lebt er gar nicht. 20 Jahre? 46? Also, dieser Ritter hat 1520 begonnen zu bauen, und nach 30 Jahren war er soweit, dass ihm die Burg gefallen hat, und genauso sieht diese Burg nach so langer Zeit noch aus."
Armin Hafner erzählt sehr anschaulich. Und den Kindern geht auf, dass das Leben im Mittelalter wahrlich kein Zuckerschlecken war:
"Die Mädchen mussten im Haus arbeiten, die Jungs auf das Feld und Hirte sein und dort die Schweine hüten. Die, die da draußen manchmal waren, die haben auch draußen geschlafen auf Stroh. Und im Winter, als die Jungs nach draußen wollten, haben sie gewartet, bis eine Kuh ihr Geschäft gemacht hat, dann sind sie reingetreten - wegen der Wärme, für die Füße."
Es war ein hartes Dasein auf der Alb. Im Freilichtmuseum Neuhausen ob Eck dürfen Kinder mit dem Pflug ein paar Furchen ziehen, um selber zu hören, wie Millionen weißer Steine am Eisen klappern. "Teufels Hirnschale" nannten die Bauern ihr mageres Land, auf dem sie Dinkel und Buchweizen aussäten. Gleich unter der dünnen Humusschicht liegt harter Kalk, erklärt Volkskundler Christof Heppeler:
"Es gibt Äcker auf der Alb, die sind weiß, als ob sie zugeschneit wären, einfach weil so viele Steine draufliegen. Die haben die Leute dann von Hand abgelesen, noch heute sieht man diese Lesesteinriegel in den Feldern rumliegen, und das heißt dann auch, dass die Erträge einfach geringer waren."
Lange war die Alb eine der ärmsten Gegenden Deutschlands. Entsprechend sah der Speiseplan der Menschen aus. Habermus herrschte vor.
"Man hat sehr oft montags einen Riesenbottich Brei gekocht. Der stand dann in der Küche. Man hat am Dienstag davon eine Suppe gemacht, am Mittwoch Küchle, am Donnerstag nochmals Brei, und am Freitag, da hat der anfangen zu gären. Das hat die Leute nicht gekümmert. Die mussten das einfach essen und sind natürlich krank geworden davon, das trifft die Schwachen in der Familie, das sind die Alten und die Kinder."
Habermus haben die Restaurants heute nicht mehr auf der Karte. Spätzle dagegen, auch ein aus der Not geborenes Gericht, gibt es überall. Und gelegentlich finden sich auch noch Kutteln. Siglinde Heinemann-Wehn, die Wirtin vom "Bären" in Bubsheim hat die besten:
"Das ist eine Magenwand vom Rind. Die wird gut gesäubert, gesäuert und gekocht, oder angebraten in Ei und mit Essig und Rotwein und ein bisschen Soße aufgekocht."
Die Gaststube ist an diesem ganz normalen Donnerstagmittag voll. Schlipse und gedeckte Businesskostüme herrschen vor, Firmen für Medizintechnik und Autozulieferer sorgen im Donaubergland durchaus für Wohlstand. Und auch bei den weltgewandten Managern von heute ist die einfache Küche von gestern beliebt.
"Wir haben momentan auch Chinesen zum Verköstigen, die sind bei einer Firma hier ansässig, die mögen das Schwäbische, zum Beispiel die Käsespätzle, die Maultaschen. Sagen Sie nicht, dass Chinesen da sind, die Kutteln gegessen haben - bis jetzt haben wir uns noch nicht getraut, den Chinesen das anzubieten."
Ingenieure aus Shanghai, die Käsespätzle aus Bubsheim spachteln: Längst ist sie angekommen, die große weite Welt - im kleinen engen Donautal.
"Das ist die Bleiche Weide. Und zwar ist die, das ist also nachgewiesen, ein Relikt aus der letzten Eiszeit vor 10.000 Jahren. Nur hier. Ich weiß nirgends einen Platz, wo es noch eine gibt."
Eine Pflanze aus der Eiszeit, was für eine Rarität. Und weil dieses Irndorfer Hardt, eine Waldweide mit einzelnen Fichten- und Birkengruppen und blühenden Trollblumen und Arnika eine seiner Lieblingslandschaften ist, huldigt der Heimatdichter ihm auch gleich noch mit einem Werk aus eigener Feder:
"A Kleinod vo ganz bsundra Art,
isch das Irndorfer Hardt.
Holzwiesa in dr Einsamkeit,
uf Schritt und Tritt a Koschtbarkeit."
Es dürfte außerhalb Baden-Württembergs nicht allzu viele Menschen geben, die das Donaubergland auf Anhieb richtig zu verorten wüssten. Das etwa 40 mal 50 Kilometer große Gebiet bildet den südwestlichen Ausläufer der Schwäbischen Alb, jenes karstigen Mittelgebirges, das wie ein langes Brot schräg in Baden-Württemberg liegt. Die Donau ist hier noch jung und so schüchtern, dass sie während der wärmeren Jahreszeit bereits nach etwa 30 Kilometern bei Immendingen wieder in der Erde verschwindet. Dort gluckert sie weiter und sprudelt zwölf Kilometer südlich als Aachquelle aus dem Boden.
Heute allerdings führt sie reichlich Wasser, sodass nur ein Teil davon in den "Schlucklöchern" verschwindet. Manfred Seifried, studierter Hobbygeologe, zeigt uns, wie man die Abflüsse in den Untergrund erkennt.
"Man sieht es an der Wasserbewegung, weil das Wasser fast wieder bergauf läuft, und man sieht es auch am Blütenstaub, der auf der Donau treibt und sich in diesen Schlitz bewegt, und dann langsam versickert und sich langsam zur Aachquelle bewegt, und etwa zwischen 30 und 60 Stunden später wieder hervorkommt als Quelle, mit einer Schüttung zwischen 8000 und 25.000 Litern pro Sekunde."
"Wenn das Wasser jetzt wegbleibt - hier sind Fische eigentlich drin - denke ich: Wissen die das vorher, dass es trocken wird, oder was machen die? Es ist wie im wirklichen Leben: Es gibt unter den Fischen Penner und es gibt unter den Mensche Penner. Es gibt Fische, die merken, dass des Wasser nachlässt und die gehen dann zur Quelle. Wenn natürlich die Tümpel sich bilden und irgendwelche Fische zurückbleiben, Fische mit 10, 15, 20, fast 30 Zentimetern Länge, da haben natürlich die Graureiher eine Mordsfreude: Für die ist es Weihnachten und Osten auf einen Schlag."
Vor 140 Millionen Jahren schwappten über dem heutigen Süddeutschland die Wellen des Jura-Meeres. Schwämme wuchsen darin zu widerstandsfähigen Riffen heran, die auch, als sie trocken fielen, Wind und Regen trotzten und heute als graue Felsenzähne das Land schmücken. Ab dem Pliozän, vor acht Millionen Jahren, nagte sich die wasserreiche Urdonau durch die Kalkfelsen, löste weichere Steine, wich härteren Felsen aus - und schuf so die Schlucht des Donaudurchbruchs zwischen Mühlheim und Sigmaringen.
Das Ergebnis kann sich sehen lassen - am besten von einem Aussichtspunkt wie dem Eichfelsen aus. Tief unten schlängelt sich die Donau durch ein breites, grünes Tal, direkt gegenüber ragen die Felsenpfeiler aus dem Bewuchs: Hexenturm, Hahnenkamm, Zuckerhut. Wie hatte doch Fritz Schray den Ausblick treffend angekündigt:
"Für mich ist das Donautal ein Dialog zwischen dem Gesang der Donau und dem Schweigen der Berge, das ist ein Dialog, der schon Millionen Jahre geht."
Neben dem Fluss verläuft ein Eisenbahngleis, ein Tunnel ist da, eine Brücke, ein Hof, und ganz oben prangen keck Schloss Werenwag und Burg Wildenstein - fast etwas unwirklich erscheint diese Märklinlandschaft. Auf den Felsen haben sich weitere lebende Zeugen der Vergangenheit angesiedelt, erklärt Wanderführer Armin Hafner, der sich selbst den "Donautalguide" nennt:
"Wir haben hier zum Beispiel die sogenannte Xerotherm-Vegetation, das sind Pflanzen, die schon seit der Eiszeit hier leben, die hier bekannt sind, die zum Teil im Donautal ihr Hauptverbreitungsgebiet noch vorfinden. Sie brauchen den kargen Fels als Lebensraum, der sehr extreme Witterungsverhältnisse bietet, extreme Kälte im Winter, extreme Sonneneinstrahlung im Sommer. Wir haben hier verschiedene Moose, Flechten, verschiedene Kleearten.
Aber hier wächst nicht nur was, hier fliegt auch was. Richtig. Hier fliegt sogar jede Menge. Wir haben hier die besten Voraussetzungen für die Felsenbrüter. Das ist zum einen der Wanderfalke, die größte Falkenart, die wir in Deutschland besitzen. Und vor 50, 60 Jahren war auch das Donautal eines der letzten Gebiete, in dem der Wanderfalke damals noch vorkam. Er stand vor der Ausrottung, und über Schutzmaßnahmen konnte man diese Vogelart auch in Deutschland wieder retten.
Momentan haben wir einen gesicherten Bestand, und man kann, wenn man hier mit dem Fernglas unterwegs ist, ganzjährig diesen Falken beobachten. Der zweite Vogel, das ist die größte Eule, der Uhu, zählt hier als Nischenbrüter, der in den Felsen des Donautals natürlich optimale Voraussetzungen findet, um hier zu brüten. Beide Vogelarten leben schon sehr lange hier und teilen sich hier die Felslandschaft."
Armin Hafner ist im Tal aufgewachsen. Abends führt der gelernte Falkner mit dem keck geschwungenen Filz auf dem Kopf eine Schulklasse durch Burg Wildenstein. Seinen Rundgang beginnt er vor dem Altar in der Burgkapelle.
"Frage: Was sieht man denn auf diesem Bild hier? Ein kniender Ritter. Richtig, da sieht man einen Ritter. Und dieser Ritter mit seinem Schwert und seinem Wappen, das war der Ritter Gottfried, und der Ritter Gottfried hat hier diese Burg gebaut. Der begann 1520 mit dem Bau dieser Burg, und jetzt mal eine Frage an Euch: Was glaubt Ihr, wie lang hat dieser Ritter gebraucht, diese Burg zu bauen? 500 Jahre? So lange lebt er gar nicht. 20 Jahre? 46? Also, dieser Ritter hat 1520 begonnen zu bauen, und nach 30 Jahren war er soweit, dass ihm die Burg gefallen hat, und genauso sieht diese Burg nach so langer Zeit noch aus."
Armin Hafner erzählt sehr anschaulich. Und den Kindern geht auf, dass das Leben im Mittelalter wahrlich kein Zuckerschlecken war:
"Die Mädchen mussten im Haus arbeiten, die Jungs auf das Feld und Hirte sein und dort die Schweine hüten. Die, die da draußen manchmal waren, die haben auch draußen geschlafen auf Stroh. Und im Winter, als die Jungs nach draußen wollten, haben sie gewartet, bis eine Kuh ihr Geschäft gemacht hat, dann sind sie reingetreten - wegen der Wärme, für die Füße."
Es war ein hartes Dasein auf der Alb. Im Freilichtmuseum Neuhausen ob Eck dürfen Kinder mit dem Pflug ein paar Furchen ziehen, um selber zu hören, wie Millionen weißer Steine am Eisen klappern. "Teufels Hirnschale" nannten die Bauern ihr mageres Land, auf dem sie Dinkel und Buchweizen aussäten. Gleich unter der dünnen Humusschicht liegt harter Kalk, erklärt Volkskundler Christof Heppeler:
"Es gibt Äcker auf der Alb, die sind weiß, als ob sie zugeschneit wären, einfach weil so viele Steine draufliegen. Die haben die Leute dann von Hand abgelesen, noch heute sieht man diese Lesesteinriegel in den Feldern rumliegen, und das heißt dann auch, dass die Erträge einfach geringer waren."
Lange war die Alb eine der ärmsten Gegenden Deutschlands. Entsprechend sah der Speiseplan der Menschen aus. Habermus herrschte vor.
"Man hat sehr oft montags einen Riesenbottich Brei gekocht. Der stand dann in der Küche. Man hat am Dienstag davon eine Suppe gemacht, am Mittwoch Küchle, am Donnerstag nochmals Brei, und am Freitag, da hat der anfangen zu gären. Das hat die Leute nicht gekümmert. Die mussten das einfach essen und sind natürlich krank geworden davon, das trifft die Schwachen in der Familie, das sind die Alten und die Kinder."
Habermus haben die Restaurants heute nicht mehr auf der Karte. Spätzle dagegen, auch ein aus der Not geborenes Gericht, gibt es überall. Und gelegentlich finden sich auch noch Kutteln. Siglinde Heinemann-Wehn, die Wirtin vom "Bären" in Bubsheim hat die besten:
"Das ist eine Magenwand vom Rind. Die wird gut gesäubert, gesäuert und gekocht, oder angebraten in Ei und mit Essig und Rotwein und ein bisschen Soße aufgekocht."
Die Gaststube ist an diesem ganz normalen Donnerstagmittag voll. Schlipse und gedeckte Businesskostüme herrschen vor, Firmen für Medizintechnik und Autozulieferer sorgen im Donaubergland durchaus für Wohlstand. Und auch bei den weltgewandten Managern von heute ist die einfache Küche von gestern beliebt.
"Wir haben momentan auch Chinesen zum Verköstigen, die sind bei einer Firma hier ansässig, die mögen das Schwäbische, zum Beispiel die Käsespätzle, die Maultaschen. Sagen Sie nicht, dass Chinesen da sind, die Kutteln gegessen haben - bis jetzt haben wir uns noch nicht getraut, den Chinesen das anzubieten."
Ingenieure aus Shanghai, die Käsespätzle aus Bubsheim spachteln: Längst ist sie angekommen, die große weite Welt - im kleinen engen Donautal.