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Fuchs tot - Mit Jägern auf der Treibjagd

Für die Jäger sind CDU und FDP die wichtigen Parteien – denn sie versprechen die Streichung der Jagdsteuer in den Wahlprogrammen. Obwohl die Jäger für nachhaltige Land- und Forstwirtschaft sind, Biotope anlegen und der Natur verbunden sind, bleiben sie zu den Grünen auf Distanz.

Von Ludger Fittkau |
    "So, ich darf sie alle recht herzlich begrüßen zum heutigen Jagdtag in der Mörscher Vorderjagd. Und ich hoffe, dass sich unsere Frauen freuen über den Braten heute Abend."

    Jagdpächter Jürgen Ohlinger begrüßt 15 Waidmänner zur Jagd in den Wiesen und Feldern rund um den Frankenthaler Ortsteil Mörsch. Ohlinger fragt, ob alle einen gültigen Jagdschein haben, bevor es losgeht mit der Treibjagd auf das sogenannte "Niederwild":

    "Geschossen wird Fasanen-Hähne, Hasen, Stockenten, Kaninchen, also vor allem Nutzwild wird erst das Raubwild geschossen im Zweifelsfalle."

    Damit ist zum Beispiel der Fuchs gemeint – einer wird heute tatsächlich erlegt.

    Aus einem von den Frankenthaler Jägern eigens angelegten Feld mit Bisongras fliegen Fasane auf. Nur auf die Hähne wird geschossen, die Hennen werden verschont, weil sie für Nachwuchs sorgen. Die Treibjagd läuft nach Ritualen ab, die Jahrhunderte, vielleicht Jahrtausende alt sind: Mit lauten Rufen gehen die Treiber mit den Hunden durchs Gelände und scheuchen die Tiere in Richtung der Schützen, die mit ihren Flinten rund um das Gelände postiert sind. Jäger sind traditionsbewusst und wertkonservativ, da waren die Männer sich schon beim gemeinsamen Kaffeetrinken vor Jagdbeginn einig: Kurt Alexander Michael

    "Natürlich müssen wir, weil wir etwas erhalten wollen, etwas weiterentwickeln wollen, müssen wir wertkonservativ sein, aber wir müssen auch immer die Kraft aufbringen, das was wir tun weiterzuentwickeln. Die Jagd hat sich seit der Steinzeit weiterentwickelt, die Jagd wird sich weiterentwickeln, teilweise über die Vorstellungen, die wir heute haben, hinaus."

    Kurt Alexander Michael ist Präsident des rheinland-pfälzischen Jagdverbandes und Ehrengast der Jagd in Frankenthal. Dass keine Frauen mit von der Partie sind, hält er für Zufall. Auch wenn der Jägergruß immer noch "Waidmannsheil" und nicht etwa "Waidmenschsheil" lautet: Der Jagdverband sei längst kein reiner Männerbund mehr, versichert Michael:

    "Die Frauen sind stark im Kommen. Wenn wir die knapp 18.000 Mitglieder unseres Verbandes mal auswertet, dann sind wir bei den Frauen momentan bei sieben Prozent, Tendenz steigend. Wenn sie die Jägerprüfungen heute nehmen, dann haben sie zwischen zehn und 20 Prozent Damen, die eben daran teilnehmen. Das heißt, auf Dauer werden wir schon aufgerollt werden.

    Weiter geht die Jagd –auf einem offenen Ackergelände werden nun vor allem Hasen gehetzt.

    Für die Jäger – jedenfalls in Rheinland-Pfalz - sind CDU und FDP nach wie vor die wichtigsten politischen Ansprechpartner – denn beide Parteien haben die Streichung der Jagdsteuer in ihre Wahlprogramme aufgenommen.

    Als anerkannter Naturschutzverband setzt sich die organisierte Jägerschaft dafür ein, in industrialisierten Agrarlandschaften wieder Hecken und Biotope anzulegen. Zuviel Chemie auf dem Acker schadet auch Hase und Fasan – da ist man sich mit Biobauern einig. Doch immer noch verspüren die Jäger zu den Grünen die größte politische Distanz. Hans-Heinrich Thomäe, Landwirt und Jäger, erklärt sich das damit, dass die Grünen bei den Jägern ein altes Standesdenken vermuten:

    "Die sehen in den Jägern so die Nachfolger der feudalen Gesellschaft und die haben die Idee, dass Fuchs, Wolf und die Grünen wollen das so urwaldmäßig wieder zurückführen, was aber nicht geht."

    Ein Urwald ist das Jagdgebiet bei Frankenthal tatsächlich nicht; es ist von Straßen durch zogen, ab und an eine Wohnsiedlung. Nur wenige Kilometer entfernt liegt das Gelände der BASF, das größte Chemieareal der Welt. Die Jäger haben Biotope angelegt, um dem Niederwild eine Chance zu geben, heimisch zu bleiben. So erklärt es Gundolf Bartmann, der gleichzeitig auch Förster ist, Spaziergänger aus den nahegelegenen Städten.

    "Zunächst einmal ist der Städter, insbesondere die Kinder und Jugendlichen, entfremdet. Aber wir spüren immer, weil wir ja auch Umweltbildung machen, dass wenn Kinder, Schulklassen und Familien raus in die Natur kommen, ja eine Grundbegeisterung und eine grund-positive Haltung zur Natur, Forst, Jagd, Wild, den Landwirten, zu allen, die Natur nutzen, vorhanden ist. Da ist ganz tief im Menschen, da sind Veranlagungen drin, dass er schon spürt, insbesondere, wenn er draußen ist, Mensch, das ist was Tolles, sich da zu bewegen, da zu wirtschaften, da vielleicht auch zu jagen, oder auch in einem Umweltschutzverband hecken zu schützen und sich da zu engagieren."

    Wertkonservativ heißt für Gundolf Bartmann vor allem, Land- und Forstwirtschaft nachhaltig zu betreiben, um auch den Wildtieren eine Chance zu geben. Vieles von dem, was die Jäger am Rande der Treibjagd über ihr Naturverständnis sagen, könnte auch von einem Politiker der von ihnen angeblich politisch so weit entfernten Grünen stammen.. Bartmann spricht zum Beispiel über Konsumverzicht:

    "In der Grundhaltung, der gute Jäger, den es auch auf den Einklang mit der Natur, aber auch mit der Gesellschaft und dem Tierschutz ankommt, der wird so handeln, und wird auch bei seinem persönlichen Konsumverhalten – so hoffe ich zumindest- diese Dinge mit beachten."

    "Fuchs tot" – so lautet ein Signal, das die Jäger am Ende der Treibjagd auf ihren Hörnern blasen. Der geschossene Fuchs wird auf einer Wiese neben die Fasane und Hasen gelegt. Was an diesem Tag zur Strecke gebracht wurde, kann sich sehen lassen. Auch Jagdpächter Jürgen Ohlinger klingt zufrieden:

    "So, ich nehme an der Jagd-Tag war soweit vom Wetter her in Ordnung. Die Strecke kann man sich auch anschauen. Da haben wir erlegt, einen Fuchs, 23 Hasen und 13 Fasanenhähne. Ich hoffe, dass jeder zum Schuss gekommen ist und der Tag trotzdem schön war, auch wenn es ein wenig anstrengender ist, als auf einer Drückjagd, wo man nur steht und bedanke mich auch, dass jeder ordentlich geschossen hat und sich an die Regeln gehalten hat."

    Zu den alten Regeln gehört auch: Die Jagd ist erst zu Ende, wenn die Bläser das Signal "Jagd vorbei" angestimmt haben.

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