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Führungswechsel beim Deutschen Hochschulverband nach 24 Jahren

Professor Bernhard Kempen ist am Mittwoch zum neuen Präsidenten des Deutschen Hochschulverbands gewählt worden. Der bisherige Vizepräsident tritt damit die Nachfolge von Professor Hartmut Schiedermair an, der gut 24 Jahre an der Spitze des Verbandes stand. Kempen will in seinem neuen Amt daran arbeiten, die deutschen Hochschulen im internationalen Wettbewerb wieder an die Spitze zu führen. Schiedermair wurde zum Ehrenpräsidenten des Verbandes ernannt.

Moderation: Lothar Guckeisen |
    Lothar Guckeisen: Sie sind 1994 in den Hochschulverband eingetreten, was waren denn damals Ihre Motive, was hatten Sie sich vorgenommen?

    Bernhard Kempen: Ich bin eingetreten, weil ich das Gefühl hatte, man kann nicht tatenlos die Hände in den Schoß legen, wenn man sieht, wie die Politik mit den Universitäten und der Wissenschaft umgeht. Wir werden mit einem derartigen Maß an Bürokratie belegt, dass für das, was wir eigentlich tun sollen, nämlich Forschung und Lehre, zu wenig Raum bleibt. Und das hat mich damals bewogen, dem Hochschulverband beizutreten und da meine Mitarbeit zur Verfügung zu stellen.

    Guckeisen: Zunächst einmal zu Ihrer Person: Sie sind 44 Jahre alt, haben in Saarbrücken studiert, Professor in Köln, seit zwei Jahren Vizepräsident des Hochschulverbandes. Das sind sozusagen die harten Fakten. Verraten Sie uns doch mal bitte ein bisschen was zu Ihrer Person, was sind Sie für ein Typ, welche Hobbys haben Sie, was ist Ihnen wichtig.

    Kempen: Es ist immer sehr schwierig, sich selbst zu beschreiben, ich will es trotzdem einmal versuchen: Ich bin jemand der wissenschaftliche sehr neugierig ist und der Wissenschaft nicht nur als Job begreift, sondern als Herausforderung, lassen Sie mich das ruhig etwas pathetisch ausdrücken, auch als Berufung. Aber natürlich ist mein Beruf nicht alles, sondern da gibt es noch ganz andere Ebenen, private Ebenen, ich habe Familie, ich bin verheiratet mit einer Rechtsanwältin, habe drei Kinder. Ich bin jemand, der gerne Sport betreibt, der gerne Ski läuft und wandert und der gerne Musik macht.

    Guckeisen: Und was reizt Sie jetzt an diesem Amt ganz besonders?

    Kempen: Die Möglichkeit, mit den Kollegen gemeinsam, die in dem Verband zusammengeschlossen sind, die Hochschulpolitik so zu gestalten, dass die Universität wieder dahin kommt, wo sie hingehört, nämlich im internationalen Wettbewerb ganz an die Spitze.

    Guckeisen: Man kann wirklich sagen, Sie sind in einer spannenden Zeit jetzt gerade an die Spitze des Hochschulverbandes gewählt worden. im Moment wird ja viel über Reformen an den Hochschulen diskutiert, dort ist ja auch einiges schon umgesetzt. Ich würde Ihnen gerne einmal so ein paar Stichworte nenne und Sie sagen, was Ihnen dazu einfällt:

    Leistungsgerechte Bezahlung von Professoren.

    Kempen: Wir sind immer für leistungsgerechte Besoldung eingetreten, wir haben uns aber dagegen gewehrt, dass das Ganze als Sparkonzept über uns ausgebreitet wird und leider ist es genau dazu gekommen. Die Kollegen, die jetzt an die Universitäten berufen werden, kriegen deutlich weniger, als die Kollegen, die bereits im Amt sind. Das ist ein ganz schlechtes Signal für den wissenschaftlichen Nachwuchs und fördert bedauerlicherweise die Entwicklung, dass unsere jungen, exzellenten Wissenschaftler das Land verlassen.

    Guckeisen: Eliteuniversitäten.

    Kempen: Eliteförderung ist Aufgabe eines jeden Professors an der Universität aber auch der Universitäten insgesamt. Wir halten aber nichts davon, dass Elite sozusagen von oben dekretiert wird, dass der Bund in einem fragwürdigen Verfahren und übrigens ohne entsprechende verfassungsrechtliche Kompetenz hier in die Universitätslandschaft eingreift. Wir meinen vielmehr, dass auf der Ebene der Fachbereiche und der Bundesländer diese Elitenförderung einsetzen muss.

    Guckeisen: Studiengebühren.

    Kempen: Wir haben die Vorstellung, dass die Universität autonom sein soll und das bedeutet, dass sie auf der Einnahmen- und der Ausgabenseite über Selbstständigkeit verfügen muss. Da sind wir Studiengebühren nicht gänzlich abholt, warnen aber davor, Studiengebühren so einzuführen, dass sie die Studenten schröpfen, den Universitäten aber überhaupt nichts davon übrig bleibt. Bislang ist ja kein Kraut dagegen gewachsen, dass Studiengebühren unter Umständen demnächst erhoben werden, die Finanzminister aber diese Gebühren einkassieren werden zur Gesundung der allgemeinen Staatsfinanzen.

    Guckeisen: ZVS?

    Kempen: Wir plädieren für eine viel stärkere, im Grunde vollständige Auswahl der Studierenden durch die Universitäten. Das macht dann die ZVS in der Tat weitgehend überflüssig, aber eben nur weitgehend überflüssig, denn wir müssen ja sehen, dass, so ist die Rechtslage, jeder, der ein Abitur hat, auch einen Anspruch darauf hat, an einer Hochschule zu studieren. Es kann nicht sein, dass diese Auswahl durch die Universitäten dazu führt, dass eine gewisse Zahl von Studienwilligen auf der Strecke bleibt. Hier bleibt die Aufgabe der ZVS, als Clearingstelle weiter aktiv zu sein und auch diesen schwierigen Fällen eine Chance zu bieten.

    Guckeisen: Welche Stichworte hätten Sie denn noch ergänzt, wo sind denn Ihre Schwerpunkte?

    Kempen: Meine Schwerpunkte beziehen sich auch, und das werden Sie verstehen, auf den Status, den die Professoren selbst inne haben. Wir stehen ja doch vor der Herausforderung, dass in Zukunft Professoren im Angestelltenverhältnis beschäftigt werden sollen. Wir meinen, dass das der falsche Weg ist, wir glauben aber auch, dass wir im Beamtenverhältnis nicht wirklich gut aufgehoben sind, wir plädieren für ein Sonderrechtsverhältnis für Professoren, in dem der Pflichte- und Rechtestatus genau skizziert wird. Wir glauben auch, dass den Studenten kein Gefallen damit getan wird, wenn nun flächendeckend Bachelor und Master eingeführt wird, da wird mit einer ganzen Generation gespielt, die werden in Unsicherheit geschickt, denn ob der Bachelorabschluss wirklich vom Markt angenommen wird, das kann niemand wirklich sicher prognostizieren. Wir sind nicht generell gegen Bachelor und Master, meinen aber, dass das fachspezifisch entschieden werden muss. Hier mit dem Rasenmäher alles gleich zu machen, ist der falsche Weg.

    Guckeisen: Hartmut Schiedermair, Ihr Vorgänger ist Jahrgang 1936, Sie sind Jahrgang 1960, wenn ich jetzt mal so die Antworten Revue passieren lasse, man hat nicht den Eindruck, dass das jetzt ein Generationenwechsel wird?

    Kempen: Was haben Sie sich erwartet? Wissen Sie, wir sind hier eigentlich einig, dass das, was der Hochschulverband in der Vergangenheit getan hat ja kein Holzweg und kein Irrweg war und diesen Weg werden wir fortsetzen, wir werden vielleicht noch etwas lauter werden, wir werden vielleicht noch etwas unbequemer werden, aber wir werden das, was wir einmal begonnen haben, kontinuierlich fortsetzen.

    Guckeisen: Ihr Vorgänger war 24 Jahre lang auf diesem Weg, wie viele haben Sie sich vorgenommen?

    Kempen: Zunächst einmal zwei Jahre und dann werden wir mal schauen, wie die Delegierten das gefunden haben.

    Gluckeisen: In Campus und Karriere Bernhard Kempen, der neu gewählte Präsident des Deutschen Hochschulverbandes.