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Fünf am Tag

"Jede zehnte Krebserkrankung in der westlichen Welt ist ernährungsbedingt" - so die Einschätzung von Experten der Weltgesundheitsorganisation WHO. Das Hauptproblem: die Menschen essen zu wenig Obst und Gemüse. Das zu ändern, hat sich eine Kampagne vorgenommen. Sie gibt ein Motto aus, das schlicht und einfach lautet: "Fünf am Tag". Will heißen: jeder sollte über den Tag verteilt fünf Obst- oder Gemüsemahlzeiten zu sich nehmen. Große wissenschaftliche Studien bestätigen inzwischen die schützende Wirkung von Brokkoli, Äpfeln, Karotten und Co.

Von William Vorsatz |
    Sommerzeit: die Auslagen der Obst- und Gemüsehändler quellen über. Die Ware kommt jetzt überwiegend aus dem Freiland und ist preiswert. Gut für Freunde der pflanzlichen Kost. Aber greifen wir auch wirklich oft genug zu, um gesund zu bleiben?

    Im Schnitt kommen die Deutschen auf etwa 320 Gramm Obst und Gemüse pro Tag. Mittelmeeranwohner essen bedeutend mehr, die Griechen beispielsweise das Doppelte. Alles unter 400 Gramm ist kritisch, sagen die Ernährungsforscher. Professor Heiner Boeing vom Deutschen Ernährungsinstitut in Potsdam Rehbrücke:

    Wir haben insgesamt das Phänomen, dass in den Mittelmeerregionen Krebs vermindert auftritt, dass insbesondere auch die Krebsformen, mit denen wir Obst und Gemüse in Verbindung bringen, weniger auftreten in den Mittelmeerländern. Wir haben in der letzten Zeit immer wieder den Versuch gemacht, abzuschätzen, welche Rolle die Ernährung bei der Entstehung von Krebserkrankungen spielen kann und haben immer wieder den gleichen Schluss gezogen, dass der Einfluss der Ernährung im Bereich von 30 bis 40 Prozent liegen kann.

    Boening leitet den deutschen Teil der weltweit größten Langzeitstudie zur Ernährung, an der auch 27.000 Brandenburger teilnehmen. Sie begann vor zehn Jahren und soll noch viele fundierte Daten liefern. Schon jetzt steht aber fest: wenn sich die Ernährungsweise hierzulande nicht ändert, werden die dadurch bedingten Krebserkrankungen weiter zunehmen. Denn die Menschen werden immer älter, und mit dem Alter steigt auch die Krebsgefahr. Verschiedenen vegetarische Produkte schützen unterschiedliche Organe. Obst beispielsweise senkt das Risiko für Speiseröhren- und Magen Krebs. Und:

    Das Ergebnis dieser Analyse war, dass wir haben zeigen können, dass der Obstverzehr das Risiko für Lungenkrebs senkt. Und zwar unabhängig vom Rauchstatus. Sowohl bei Rauchern als auch bei Nichtrauchern.

    Denn Antioxydantien. etwa im Vitamin C, neutralisieren freie Radikale und schützen dadurch das Gewebe. Momentan kennen die Wissenschaftler mehr als 10.000 verschiedene Substanzen im Obst und Gemüse, die in irgendeiner Form biologisch wirksam sind. Vermutlich auch gegen Rachen-, Eierstock-, Nieren- und Blasenkrebs:

    Das eine ist, dass die Konzentration von spezifischen, so genannten sekundären Pflanzenstoffen sich bei einzelnen Arten unterscheidet. Das heißt also, wenn man die volle Breite der biologischen Substanzen bekommen will, muss man variantenreich essen. Und das Zweite ist, dass letztendlich also auch jeder einzelne wenig über seine eigene Zukunft sagen kann. D.h. wir sind ja auch gar nicht in der Lage, zu sagen z. B. ob wir Krebs bekommen und welchen Krebs wir bekommen, so dass wir, um jetzt eine gewisse Risikominimierung zu betreiben, also gut beraten sind, sowohl etwas also gegen den Magen als auch Dickdarmkarzinom als auch gegen das Lungenkarzinom zu tun.

    Die Langzeitstudie zeigt auch , dass die Ballaststoffe von Obst und Gemüse genauso gut sind wie bei Getreide. Sie gelangen bis in den Dickdarm und Säuern den Stuhl an. Hier ebenfalls ein Schutz fürs Gewebe.

    "Heute schon bis fünf gezählt?" fragt die Gesundheitskampagne "Fünf am Tag", Sie ist Teil eines internationalen Netzwerkes, das für den häufigen Verzehr von Obst und Gemüse wirbt. Warum werden aber nun gerade 5 Mal am Tag propagiert? Statistiken zeigen, das eine durchschnittliche Obst- oder Gemüseportion etwa 80 bis 100 Gramm groß ist. Mal fünf ergibt also mindestens 400 Gramm, die empfohlene Mindestmenge. Dabei muss es durchaus nicht immer Rohkost sein. Professor Boeing:

    Also wir haben bisher wenig Anzeichen, dass das Kochen per se eine Art der Zubereitung ist, die Effekte reduziert. Wir haben ja auch Beispiele, dass das Kochen teilweise erst das Gemüse aufschließt. Sagen wir, wenn wir eine Möhre nehmen, also die Nutzung der Carotonoide ist besser in gekochten Möhren als in rohen Möhren. Und von daher kann man das generell nicht sagen, also dass das Kochen in dem Sinne schlecht ist. Und wir haben jetzt auch aus den Studien keine Hinweise, dass gekochtes Gemüse nicht wirksam ist, im Gegensatz zu rohem Gemüse.

    Der Winterfeldplatz in Berlin. Am Imbiss-Stand von Björn Kruse kommen auch die eingefleischten Liebhabern tierischer Kost ins schlemmen.

    Rein pflanzlich bei uns, wir haben Partybällchen, Bulette, Hamburger, Cheeseburger, Gyros, Hackfleisch, Aufschnitt, jeder, der sich schon mal auf die Backe gebissen hat, weiß ja, wie Fleisch schmeckt so, ne, lecker, herzhaft: Hack, blutig dank Roter Beete, alles kein Problem. Oder Kaviar, für kleines Geld auf dicke Hose machen, aus Seetang.
    Kruse beliefert sogar schon den Bundesgrenzschutz. Zuerst waren es nur die Vegetarier. Bald hatte sich jedoch herum gesprochen: seine vegetarischen Gyros haben 28 Prozent Eiweiß bei nur vier Prozent Fett. Jetzt langen alle kräftig zu.