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Fünfteilige Sendereihe: Hochschulpolitik im Bundestagswahlkampf

Cornelia Pieper will vor allem junge Akademiker für die Liberalen begeistern. In ostdeutschen Bundesländern, wo das Studium noch zum Nulltarif zu haben ist, wirbt sie für Studiengebühren.

Von Thomas Matsche |
    Nur zehn Studierende der Universität Magdeburg sind dem Aufruf gefolgt, mit FDP-Vize Cornelia Pieper über Studiengebühren und Fachkräftemangel zu reden. Später geht es noch zum Rektor. Danach ist sie bei der IG Metall eingeladen. Keiner der Studierenden traut sich so recht, die Bundespolitikerin anzusprechen. Deshalb übernimmt sie die Gesprächsführung. Warmlaufen muss sich Cornelia Pieper dafür nicht.

    "Ich würde gerne erstmal alle ein bisschen kennenlernen wollen. Was ihr studiert, wenn ich das salopp sagen darf."

    Politikwissenschaftler und Betriebswirtschaftler sind gekommen. Aber die Diskussion läuft schleppend an. Niemand scheint so richtig zu wissen, wofür die FDP in der Bildungspolitik steht? Und weil Cornelia Pieper weiß, dass die Diskussion um Studiengebühren gerade im Osten für Zündstoff sorgt, geht sie damit gleich in die Offensive.

    "Wenn wir eine bessere Finanzierung der Lehre wollen, dann müssen wir über eine sozial faire Form von Studienbeiträgen auch nachdenken können und diese in die Hochschulen auch einführen können. Die FDP hat ja vorgeschlagen, damit Bildung nicht abhängig wird vom Geldbeutel der Eltern, wenn dann Studiengebühren genommen werden, dass diese dann nachlaufend finanziert werden; das heißt, ein Student die gar nicht zurückzahlen muss, sondern erst, wenn er eine Arbeit hat, nach dem Studium, und ein ordentliches Erwerbseinkommen, dann dieser Kredit, den er während des Studiums aufnimmt, erst zurückzahlt."

    Für den Politikstudenten Sebastian Seeger ist die FDP-Vorstellung allerdings keine akzeptable Form der Bildungsfinanzierung.

    "Also momentan bin ich eindeutig gegen Studiengebühren aus dem einfachen Grunde, weil es nicht gewährleistet ist, dass diese Gebühren auch wirklich zweckgebunden eingesetzt werden. Wenn ich mir einige Schulen oder Universitäten anschaue, die Studiengebühren nehmen, dass diese Gelder dann nicht für die Bildung ausgegeben werden, sondern beispielsweise zur Deckung der Heiz- und Energiekosten."

    Dass Gelder versickern, habe auch mit mangelnder Autonomie der Hochschulen zu tun, entgegnet ihm Cornelia Pieper.

    "Ich glaube, dass es wichtig ist, dass man sich vom Staat nicht so sehr einmischt in die Wissenschaft, in die Hochschulen. Wir reden von Forschungsfreiheit. Ich rede auch von Wissenschaftsfreiheit. Wir sind einem globalen Wettbewerb der Hochschulstandorte ausgesetzt - und da hat, aus meiner Sicht, der Staat möglichst wenig zu regulieren."

    Um Wettbewerb geht es auch bei der Forderung Piepers und damit der Bundes-FDP nach Bildungsgutscheinen. "Geld folgt Student" so der griffige Slogan der Liberalen. Wenn Studierende aus anderen Bundesländern beispielsweise nach Sachsen-Anhalt kommen, sollen diese an der Universität einen Gutschein ihres Heimatbundeslandes einlösen können, um somit die Etats der Universität und damit Sachsen-Anhalts zu entlasten. Wer also gute Lehre anbietet, so die Idee, zu dem kommen auch die Studierenden und bringen Geld mit. Momentan kommen die meisten, weil das Studium nichts kostet.

    Auch um Jugendliche aus ärmeren Familien will sich die FDP kümmern. Finanznöte sollten kein Hindernis sein, ein Studium aufzunehmen, so Pieper. Dafür will die FDP ein nationales Stipendienprogramm auflegen. Das sei dringend notwendig, denn derzeit betrage die Anzahl der Stipendien mickrige zwei Prozent. Auf zehn Prozent müsse man die Zahl steigern. Für Wirtschaftsdoktorand Stefan Hlawatsch setzt die FDP da aber falsch an.

    "Ich wüsste derzeit nicht, wenn man das auf zehn Prozent ausweitet, welche Studenten das sein sollen, die hier ein Stipendium kriegen, wenn Sie sagen, Sie wollen das auf zehn Prozent ausweiten. Das ist eine Menge. Das wären wesentlich mehr Studenten, als jetzt, und ich wüsste nicht, ob die überhaupt forderungswürdig sind, von dem, was sie hier zurzeit leisten. Also ich denke, man sollte erst einmal anfangen, in der Schule wieder in die Bildung zu investieren, bevor man hier gute Leute fördern kann."

    Cornelia Pieper stimmt der Kritik zu. Ergänzt, dass sie schon lange für vergleichbare Bildungsstandards wie das Zentralabitur wirbt. Wofür sie nicht zuletzt auch von der eigenen Partei gescholten wurde. Doch jetzt gehe es um Schwarz-Gelb im Bund. Und die Chancen stehen nicht schlecht. Auch für Cornelia Pieper, die vielleicht schon für einen Posten im Bundesbildungsministerium plant; auch wenn sie davon noch nichts hören will.

    "Das Fell des Bären wird erst verteilt, wenn er erlegt ist."