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"Fuentes und die vielen Fragezeichen"

Sieben Jahren nach Beginn der "Operacion Puerto" der spanischen Guadia Civil beginnt in Madrid der Prozess gegen den Frauenarzt Eufemiano Fuentes. Er soll weltweit mehr als 200 Spitzensportler gedopt haben, die meisten von ihnen sind bis heute nicht bekannt.

Von Florian Bauer | 26.01.2013
    Knapp Sieben Jahre ist es her, da deckt die Guardia Civil, die spanische Polizei, im Mai 2006 durch die Operacion Puerto ein Dopingnetzwerk auf, findet Blutbeutel, EPO, Wachstumshormon, Steroide. Der Frauenarzt Eufemiano Fuentes soll damit weltweit mehr als 200 Spitzensportler gedopt haben. Nur bekannt sind bisher nur an die 60 Radsportler.

    Eduardo Esteban ist der zuständige Oberstaatsanwalt für das Verfahren gegen Fuentes:

    "Ich glaube, dass die Guardia Civil alle Beweise, die sie hatte, ins Verfahren eingebracht hat. Und sie sagt ja auch nicht, dass es keine anderen Sportler bei Fuentes gab. In ihrem Bericht stehen aber eben nur die, die sie eindeutig identifizieren konnte, Radsportler eben. Und ich weiß nicht, ob es auch andere Kunden gab."

    Dabei sprach Fuentes selbst kurz nach seiner Verhaftung 2006 in einem Radio-Interview mit dem spanischen Sender Cadena Ser davon, auch Sportler anderer Sportarten vor allem Fußball betreut zu haben.

    "Mich hat überrascht, dass einige Namen herausgekommen sind und andere nicht. Ohne Grund. […] Ich bin hier um zu sagen, dass der Radsport nicht der einzige Sport ist, in dem gedopt wird."

    Verschiedene Quellen haben zudem in den vergangenen Jahren gegenüber der ARD Dopingredaktion und dem Deutschlandfunk auf Fuentes-Kunden aus anderen Sportarten hingewiesen.

    Darunter Jesus Manzano, ehemaliger Radfahrer und selbst Fuentes-Kunde.

    "Fuentes hatte andere Sportler. Leichtathleten, Ruderer und er selbst sprach von Fußballern. Außerdem weiß ich, dass man bei den Durchsuchungen einer der Wohnungen von Fuentes in Madrid Blutbilder von Fußballspielern gefunden hat."

    Wie viele Sportler und welche dopte Fuentes wirklich?

    Einer weiß es. Eufemiano Fuentes selbst. Der ehemalige 400-Meter-Hürdenläufer, der Frauenarzt aus reichem Hause, der schon 1984 die spanische Olympiamannschaft betreute. Der später Sportler aus aller Welt dopte. Auf Gran Canaria lebt er, soll immer mal wieder in öffentlichen Einrichtungen als Arzt arbeiten. Auf Emails des Deutschlandfunks antwortet er nicht mehr.

    Sein Anwalt schon. Es sei das einzige Interview, das er vor dem Prozess gebe, sagt Julian Perez Templado. Das Wort Doping nimmt er lange nicht in den Mund. Nach mehreren Rückfragen dann doch:

    "In diesem Prozess geht es nicht um den Tatbestand Doping. Es geht nicht darum, ob diese oder jene Menschen oder Sportler gedopt wurden, von diesen oder jenen Ärzten. Das spielt im Verfahren keine Rolle."

    Deshalb wird der Prozess ab nächster Woche, so sagen neben ihm auch andere Experten, wohl kaum weitere Namen von Fuentes-Kunden enthüllen. 200 Sportler sollen es gewesen sein, wenn das stimmt, wer noch außer den etwa 60 Radsportlern?

    In der Calle Guzman el Bueno bei der Guardia Civil, der spanischen Polizei in Madrid, wissen sie mehr. Aber dürfen es nicht sagen. Bisher. Aus Ermittlerkreisen heißt es mehrfach, wie frustriert man hier darüber ist. Ende Dezember wird erstmals nach jahrelangen Anfragen ein Interview zur Operacion Puerto zugesagt. Im Januar wieder abgesagt. Ohne Begründung.

    Aber in Spanien gibt es noch eine zweite Polizei, die Policía Nacional, auch sie hat eine Dopingeinheit.

    Bernardo Gil leitet die Abteilung mit 19 Ermittlern, die es zufällig genau seit der Operacion Puerto 2006 gibt.

    "Auch für uns, für die spanische Polizei insgesamt, ist der Prozess sehr wichtig. Weil es die ersten Ermittlungen waren, die in Spanien in Sachen Doping durchgeführt wurden. Puerto war der Ausgangspunkt für alle weiteren Ermittlungen, deshalb ist es sehr wichtig, dass das Verfahren endlich zu einem Ende kommt."

    In den letzten acht Jahren soll die spanische Polizei insgesamt an die 60 Dopingoperationen durchgeführt haben.

    Die letzte im März 2012, die Operacion Skype, zuständig Bernardo Gil. Erstmals kommt dabei ein Arzt in Spanien wegen Dopings mehrere Monate ins Gefängnis. Der schon aus dem Radsport bekannte Dopingarzt Alberto Beltran nutzte für die Dopingmittelübergabe auch an Leichtathleten sogar das gleiche Hotel wie einst Eufemiano Fuentes.

    Die Frustration seiner Guardia Civil-Kollegen kann Bernardo Gil gut nachvollziehen.

    "Bei der ganzen Arbeit, die die Operacion Puerto gekostet hat – wenn die Angeklagten dann freigesprochen würden, dann ist das natürlich frustrierend, auch für uns. Und nicht nur in Spanien, sondern weltweit."