Mit dem öffentlich ausgetragenen Angriff wollten die Medien die kultusbürokratische und insofern selbst reformresistente KMK-Behörde endlich entmachten. Diese hatte vor symbolischen sieben Jahren die "Zwischenstaatliche Kommission für deutsche Rechtschreibung" als Vorgängermodell des neuen Rechtschreibrats ins Leben gerufen. Ein sperriges Ungetüm, um dessen frühe Auflösung es allein des Wortes wegen nicht schade gewesen wäre. Auch die Mitglieder dieser Kommission, allesamt in die Jahre gekommene Sprachwissenschaftler und Altachtundsechziger-Germanisten, galten als unbeweglich und wenig volksnah: Im Laufe der Jahre tagten sie immer seltener, waren aber davon überzeugt, dass allein der Staat die Kompetenz habe, die deutsche Rechtschreibung zu reformieren.
Eine solch autark arbeitende Einrichtung musste über kurz oder lang den Groll der Intellektuellen, Schriftsteller und Liebhaber der Sprache dieses Landes auf sich ziehen. Sie taten es geschickt; lancierten ihr Anliegen über die mächtigen Medien und nutzen die gute alte Rechtschreibung als Geschoss gegen die in ihren Augen sowohl politisch als auch sachlich verhunzte Reform. Damit wollten sie der Politik endlich zeigen, wer in Sachen Orthographie eigentlich die größere Macht hat.
Die Schärfe des verbalen Widerstands kam an. Noch im August ließ Doris Ahnen, Präsidentin der KMK, mitteilen, dass die Kommission aufgelöst werde. Stattdessen gibt es nun also den "Rat für die deutsche Rechtschreibung". Auf seiner heutigen konstituierenden Sitzung wurde, wie erwartet, der ehemalige bayerische Kultusminister Hans Zehetmair zum Vorsitzenden gewählt. Als grau melierter Pensionär und durchaus anerkannter Kritiker der Rechtschreibreform scheint er für viele genau der richtige zu sein, um mit kühlem Kopf nach konsensfähigen Lösungen Ausschau zu halten. Sein Amt könnte man am ehesten mit einem kulturellen Blauhelmeinsatz der Vereinten Nationen vergleichen: Man ist zwar da, will aber keinem wirklich etwas tun. Der Rat soll und darf nicht noch mehr spalten – die sprachliche Verwirrung ist bereits groß genug. Stattdessen ist man um Schadensbegrenzung bemüht: Das Gremium setzt sich nicht mehr nur aus traditionsbewussten, mitunter auch spröden Sprachwissenschaftlern zusammen, sondern bezieht auch Schriftsteller, Verleger, Journalisten und Lehrer mit ein. Damit soll dem Gremium mehr Staatsferne und mehr Volksnähe als bisher zugesprochen werden.
Doch wie das mit pluralistisch zusammengesetzten Gesellschaften so ist – sie bereiten eigentlich von Anfang an Probleme: Schon früh begann das kriegerische Gezerre, als man nach Mitgliedern für das neue Gremium Ausschau hielt. Der Rat sollte nämlich auch Einrichtungen aus dem feindlichen Lager – reformkritische Institutionen – an seiner Arbeit beteiligen. Diese Friedensmission misslang: Die einen wollten nicht oder gingen sofort wieder, und die anderen zerstritten sich untereinander und machten einen Rückzieher.
Inhaltlich wünscht sich die KMK nun vom Rat vor allem neu erarbeitete "Vorschläge zur Weiterentwicklung". Was mag sich hinter diesem bemüht politisch korrekten Vokabular verbergen? Von Hans Zehetmair selbst wird keine Reform der Reform mehr verlangt, sondern nur noch der Versuch, besonders umstrittene Regeln zu entschärfen. Dazu gehören vor allem die neue Schreibweise von Fremdwörtern, die Groß- und Kleinschreibung und die Getrennt- und Zusammenschreibung. Der Rat startet also einen letzten Rettungsversuch. Vielleicht gelingt es ihm, das wirkliche und vielleicht einzige Unding der Rechtschreibreform, die semantische Verarmung der deutschen Sprache, durch die neue vermehrte Getrenntschreibung zu verhindern. Das täte er zurecht. Als Dauereinrichtung könnte der neue Rat sogar einen anhaltenden Frieden erreichen, den Zustand der Nichtgeregeltheit also über das kommende Jahr hinaus erhalten. Das wäre doch eine willkommene diplomatische Lösung auch über den 1. August 2005 hinaus.
Eine solch autark arbeitende Einrichtung musste über kurz oder lang den Groll der Intellektuellen, Schriftsteller und Liebhaber der Sprache dieses Landes auf sich ziehen. Sie taten es geschickt; lancierten ihr Anliegen über die mächtigen Medien und nutzen die gute alte Rechtschreibung als Geschoss gegen die in ihren Augen sowohl politisch als auch sachlich verhunzte Reform. Damit wollten sie der Politik endlich zeigen, wer in Sachen Orthographie eigentlich die größere Macht hat.
Die Schärfe des verbalen Widerstands kam an. Noch im August ließ Doris Ahnen, Präsidentin der KMK, mitteilen, dass die Kommission aufgelöst werde. Stattdessen gibt es nun also den "Rat für die deutsche Rechtschreibung". Auf seiner heutigen konstituierenden Sitzung wurde, wie erwartet, der ehemalige bayerische Kultusminister Hans Zehetmair zum Vorsitzenden gewählt. Als grau melierter Pensionär und durchaus anerkannter Kritiker der Rechtschreibreform scheint er für viele genau der richtige zu sein, um mit kühlem Kopf nach konsensfähigen Lösungen Ausschau zu halten. Sein Amt könnte man am ehesten mit einem kulturellen Blauhelmeinsatz der Vereinten Nationen vergleichen: Man ist zwar da, will aber keinem wirklich etwas tun. Der Rat soll und darf nicht noch mehr spalten – die sprachliche Verwirrung ist bereits groß genug. Stattdessen ist man um Schadensbegrenzung bemüht: Das Gremium setzt sich nicht mehr nur aus traditionsbewussten, mitunter auch spröden Sprachwissenschaftlern zusammen, sondern bezieht auch Schriftsteller, Verleger, Journalisten und Lehrer mit ein. Damit soll dem Gremium mehr Staatsferne und mehr Volksnähe als bisher zugesprochen werden.
Doch wie das mit pluralistisch zusammengesetzten Gesellschaften so ist – sie bereiten eigentlich von Anfang an Probleme: Schon früh begann das kriegerische Gezerre, als man nach Mitgliedern für das neue Gremium Ausschau hielt. Der Rat sollte nämlich auch Einrichtungen aus dem feindlichen Lager – reformkritische Institutionen – an seiner Arbeit beteiligen. Diese Friedensmission misslang: Die einen wollten nicht oder gingen sofort wieder, und die anderen zerstritten sich untereinander und machten einen Rückzieher.
Inhaltlich wünscht sich die KMK nun vom Rat vor allem neu erarbeitete "Vorschläge zur Weiterentwicklung". Was mag sich hinter diesem bemüht politisch korrekten Vokabular verbergen? Von Hans Zehetmair selbst wird keine Reform der Reform mehr verlangt, sondern nur noch der Versuch, besonders umstrittene Regeln zu entschärfen. Dazu gehören vor allem die neue Schreibweise von Fremdwörtern, die Groß- und Kleinschreibung und die Getrennt- und Zusammenschreibung. Der Rat startet also einen letzten Rettungsversuch. Vielleicht gelingt es ihm, das wirkliche und vielleicht einzige Unding der Rechtschreibreform, die semantische Verarmung der deutschen Sprache, durch die neue vermehrte Getrenntschreibung zu verhindern. Das täte er zurecht. Als Dauereinrichtung könnte der neue Rat sogar einen anhaltenden Frieden erreichen, den Zustand der Nichtgeregeltheit also über das kommende Jahr hinaus erhalten. Das wäre doch eine willkommene diplomatische Lösung auch über den 1. August 2005 hinaus.