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Für eine bessere Verständigung

Campus & Karriere: Wissenschaft und Medien - das sind mitunter immer noch Öl und Wasser, denn nicht jedem Journalisten und nicht jedem Wissenschaftler gelingt es, wissenschaftlich korrekt und gleichzeitig anschaulich in Zeitungen Funk und Fernsehen, zu berichten. Dabei steigt der Bedarf an Informationen rund um solche Themen wie Medizin, Gesundheit und Gentechnik und auch Biotechnologie. Das belegt eine entsprechende Studie der Bertelsmann-Stiftung unter Journalisten und Führungskräften. Am Telefon ist Professor Marcel Machill von der Bertelsmann-Stiftung. Belegt denn Ihre Studie auch, dass sich die Entscheidungsträger in den Medienhäusern entsprechend ausrichten wollen?

    Machill: Das ist eigentlich genau das Spannende. Ja, das tun sie. Wir haben Journalisten - Redakteure und Freie - und auch die Führungskräfte befragt. Dass die praktizierenden Wissenschaftsjournalisten ihr eigenes Berufsfeld für wichtig erachten, erstaunt vielleicht nicht. Aber auch die Führungskräfte - die Chefredakteure und die Verleger - prognostizieren zu immerhin 60 Prozent: Hier wird es in Zukunft mehr Publikationen geben, und diese Sachen sind besonders wichtig für die Leser-Blatt-Bindung.

    Campus & Karriere: Sie haben nicht nur die Studie gemacht, sondern gleich praktisch etwas nachgelegt, und zwar ein Qualifizierungsprogramm für Wissenschaftsjournalismus. Wie sieht das genau aus?

    Machill: Dieses Qualifizierungsprogramm hat zwei Standbeine, das wir gemeinsam mit der Volkswagen-Stiftung und der BASF AG durchführen: Das eine Standbein nennen wir Ausbildung, das andere Weiterbildung. In der Ausbildung geht es darum, dass wir gesagt haben, dass es in Deutschland bislang nur einen einzigen Ort gibt, wo man Wissenschaftsjournalismus im Aufbaustudiengang studieren kann. Das ist in Berlin. Wir bräuchten eigentlich noch mehr Standorte. Deswegen haben wir eine Ausschreibung/Wettbewerb gemacht: Deutsche Universitäten und Fachhochschulen können sich bis zum 15. November hier bei der Volkswagen-Stiftung bewerben und sich ein Fördergeld von bis zu 100.000 Euro abholen. Das andere Großmodul, wo es wie gesagt um Weiterbildung geht, beinhaltet mehrere Module. Wir haben identifiziert, dass man an beiden Seiten anpacken muss: Sowohl bei den Journalisten, die sich stärkere Qualifizierung in naturwissenschaftlich orientierte Gebiete wünschen, als auch bei den Naturwissenschaftlern, die in der Forschung tätig sind und sich eine stärkere Qualifizierung, was ihre Kommunikationskompetenz anbelangt, wünschen. In beiden Feldern setzen wir Projekte auf.

    Campus & Karriere: Da hakt es ja bei uns auch gelegentlich, obwohl wir nicht die Hardcore-Wissenschaftsthemen haben. Aber die Kollegen von Forschung aktuell müssen diesen Content, wie es ja heute so schön heißt, transportieren, und manchmal können dann die Forscher nicht gut erzählen, obwohl sie eigentlich tolle, interessante Projekte haben. Wie wollen Sie die Medienkompetenz stärken? Mit einfachen Seminaren, oder wie soll das vor sich gehen?

    Machill: Wir versuchen, dazu verschiedene Formate zu entwickeln. Es wird einmal in der Tat Medientrainings geben. Da wollen wir insbesondere auch die Führungskräfte der Forschungsgesellschaften wie der BFG oder der Max-Planck-Gesellschaft dafür sensibilisieren, wie wichtig der Umgang mit den Medien ist, und wie dies zu verbessern ist. Ein weiterer interessanter Punkt, den wir bei unserer Studie herausgefunden haben: Alle wünschen sich eigentlich verbesserte Kontakte. Das heißt, das, was Sie in Ihrer Anmoderation so schön sagten, Öl und Wasser, diese beiden Welten, finden oft nicht zusammen. Wir brauchen Formate, wo die Naturwissenschaftler mit den Journalisten zusammenkommen. Deswegen wollen wir Foren organisieren, die immer unter einem speziellen Thema stehen oder auch sogenannte Sommerakademien, wo dann die besonders qualifizierten Wissenschaftsjournalisten tatsächlich im Rahmen von zwei oder vier Wochen auch im Zusammenhang mit einer Amerika-Reise mit den besten Naturwissenschaftlern zusammenkommen und dort diese Barrieren vielleicht einfacher überbrückt werden können als es ohne ein solches Projekt der Fall wäre.

    Campus & Karriere: Sie haben es vorhin schon gesagt: Die Disziplin Wissenschaftsjournalismus kann bislang nur an einer Stelle studiert werden. Ansonsten haben Sie auch schon die etwas eingeschworene Gemeinde der Wissenschaftsjournalisten genannt, bundesweit meistens nur so eine Handvoll, welche aber ganz gut im Geschäft sind. Warum hat man eigentlich so spät diese Marktlücke entdeckt?

    Machill: Wissenschaftsjournalisten sind besonders hoch qualifiziert. Wir haben in unserer Studie herausgefunden, dass 25 Prozent der Wissenschaftsjournalisten promoviert sind. Fast alle haben abgeschlossene Studien. Dabei ist es interessant, dass sich die Redakteure unterscheiden von den Freien Mitarbeitern. Die Redakteure stammen meistens aus den geisteswissenschaftlichen oder publizistikwissenschaftlichen Gebieten. Die Freien Mitarbeiter, die in den allermeisten Fällen ja direkt am Puls der Zeit sind und die Beiträge machen, sind Naturwissenschaftler. In beiden Fällen sind es aber hoch ausgebildete Leute. Das heißt, es ist relativ kostspielig, guten Wissenschaftsjournalismus zu betreiben. Man muss schon ein wenig kompetent sein, man muss in die Tiefe gehen, das erfordert eine verstärkte Recherche. All die journalistischen Kardinaltugenden sind beim Wissenschaftsjournalismus ganz besonders gefordert.

    Campus & Karriere: Wenn man sich für das Programm interessiert, egal, ob Aus- oder Weiterbildung, wie geht man da am besten vor? Wo kann man sich bewerben?

    Machill: Am besten ein Blick auf unsere Website. Da sind alle Informationen dabei.

    Campus & Karriere: Kostenpunkt bei der Weiterbildung?

    Machill: Das ist mit einem Stipendium versehen. Wir verlangen lediglich einen fast schon symbolischen Beitrag für eine ganze Woche Seminar von nur 150 Euro. Man muss sich also für die Teilnahme bewerben. Dann bekommt man ein Stipendium, wo das ganze Programm, inklusive Unterbringung und Verpflegung mit abgedeckt ist.

    Campus & Karriere: Wissenschaftsjournalismus soll künftig kompetenter werden und auf breitere Füße gestellt werden. Die Bertelsmann-Stiftung will dazu ein entsprechendes Qualifizierungsprogramm zusammen mit der Volkswagen-Stiftung und BASF ins Leben rufen. Vielen Dank für die Informationen, Professor Marcel Machill.

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    www.bertelsmann-stiftung.de/wissenschaftsjournalismus