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Für einen besseren Umgang mit Einwanderern

Rund 10.000 Menschen kommen jedes Jahr illegal nach Italien. Der Masterstudiengang "Migrationsforschung" soll Fachleute ausbilden, die beispielsweise den überforderten Behörden Süditaliens bei der Lösung der Einwanderungsproblematik zur Seite stehen können. Für die Seminare und Vorlesungen wurden Geistliche, Polizeibeamte, Sozialarbeiter, Diplomaten und Experten für internationale Politik gewonnen, die aus unterschiedlichen Blickwinkeln ihre Erfahrungen einbringen.

Von Thomas Migge | 21.11.2005
    "Mit der Zeit habe ich mich auf dieses Thema konzentriert, weil ich bei meiner Arbeit in der Stadtverwaltung immer mehr mit Einwanderern zu tun hatte. Ich will versuchen, direkt vor Ort zu helfen, dort, weil bei uns in Italien die Einwanderer ins Land kommen. So habe ich mich für eine Immatrikulation entschieden."

    Laura Manciotti ist 34 Jahre alt und würde nur zu gern in Süditalien in einem der zahlreichen Auffangzentren für illegale Einwanderer arbeiten. Die junge Frau ist eine der ersten Studierenden, die ihren Master im Studiengang Migrationswissenschaften machen will. Zwei Jahre dauert dieser 1.000 Euro teure Masterstudiengang, der von der Università Europea in Rom organisiert wurde, einer privaten und von der katholischen Kirche mitfinanzierten Hochschule.
    Laura Manciotti:

    "Es ist bekannt, dass vor allem kirchliche Organisationen wie die Caritas an konkreten Problemlösungen beim Einwanderungsproblem interessiert sind. So unterrichten während des Studiengangs auch Priester, die seit Jahren in Auffanglagern arbeiten und die Einwanderungsproblematik aus dem ff kennen. Man hat nach einer Vielzahl von Experten für den Unterricht gesucht."

    Der von der Caritas, der Bischofskonferenz und dem italienischen Innenministerium organisierte Masterstudiengang konnte für die Seminare und Vorlesungen neben katholischen Geistlichen auch Polizeibeamte gewinnen, die die Problematik der illegalen Einwanderung aus einem anderen Sichtwinkel als den der Sozialarbeiter erleben. Es unterrichten auch auf das Thema spezialisierte Journalisten wie Magdi Allam, ein Experte für das Thema muslimischer Einwanderer, Diplomaten, die über die Gründe der Auswanderung aus bestimmten Ländern berichten, sowie Experten für internationale Politik, wie zum Beispiel Giuseppe Morganti von der Universität Lecce:

    "Das Thema der Einwanderung findet bei uns in Italien, wo jedes Jahr rund 10.000 Menschen illegal ins Land kommen, in den Medien viel Interesse, doch niemand weiß so recht, wie man mit diesem Problem fertig wird. Der Masterstudiengang soll Experten im Umgang mit dem Thema Einwanderung ausbilden. Die Studienabgänger werden aufgrund einer umfangreichen und alle Seiten des Themas betreffenden Ausbildung verschiedene Arbeitsmöglichkeiten haben."

    So wird auch das Thema Einwanderer und Justiz behandelt. Ein Punkt, der Laura Manciotti besonders interessiert.

    Das seit Februar geltende Einwanderungsgesetz der Regierung Berlusconi erleichtert es den Behörden, illegale Einwanderer schnell abzuschieben. Da viele der vor allem aus Nordafrika kommenden Menschen sich keine Anwälte leisten können, soll der Master auch Fachleute ausbilden, die, bezahlt von den Behörden, denjenigen Menschen zur Seite stehen sollen, die sich nicht sofort abschieben lassen wollen, sondern das Recht zum Aufenthalt in Italien einklagen. Um die Folgen des inzwischen auch innerhalb der Regierung umstrittenen Einwanderungsgesetzes abzumildern, will das Innenministerium mit Hilfe des Masterstudiengangs eine Gruppe von vielseitig ausgebildeten Fachleuten zur Verfügung haben, die den fast immer überforderten Behörden Süditaliens bei der Lösung der Einwanderungsproblematik zur Seite stehen.

    Giuseppe Morganti:

    "In Italien wurde zulange vergessen und übersehen, dass man das Thema Einwanderung nicht nur mit der Polizei lösen kann. Die Freiwilligenorganisationen und die Caritas, die sich um die humanitären Seiten der Problematik kümmern, werden mit der großen Aufgabe nicht fertig. Die zukünftigen Migrationsexperten werden deshalb auch als Koordinatoren in den Auffanglagern zum Einsatz kommen, um die Arbeit der Ordnungskräfte und der Hilfsorganisationen aufeinander abzustimmen."

    Vorausgesetzt, das Innenministerium stellt genügend Geld zur Verfügung, um solche Migrationsexperten anzustellen. Noch stehen dafür noch keine Finanzmittel zur Verfügung.