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Für Liebhaber des Meeres

Mehr als 40.000 Frachtschiffe verkehren derzeit auf den Meeren, um den Handelsverkehr aufrecht zu halten. Zahlreiche Frachtschiffe sind in der Lage, Passagiere aufzunehmen - eine faszinierende Art von Reisen, wie der Schriftsteller Hugo Verlomme findet.

Von Harald Brandt |
    300 Meter hinter der Hafenausfahrt des Fischerstädtchens Capbreton an der französischen Atlantikküste findet man die Ausläufer einer einzigartigen geologischen Formation: "Le Gouf", ein unterseeischer Canyon, der sich 250 Kilometer nach Westen erstreckt und sich dann, in 3500 Meter Tiefe, mit dem Canyon von Cap Ferret verbindet.

    Der französische Schriftsteller und Journalist Hugo Verlomme ist in Capbreton aufgewachsen und die Geschichten über "Le Gouf" haben in frühster Kindheit sein Interesse für den Ozean geweckt. Als er in den 1970er Jahren zum ersten Mal den Atlantik an Bord eines Frachtschiffs überquerte, kam ihm die Idee, ein Buch über diese Art des Reisens zu schreiben. "Le Guide des voyages en cargo", auf Deutsch unter dem Titel "Reisen mit dem Frachtschiff" erschienen, ist ein Muss für alle Vagabunden der Meere:

    Im Laufe der achtziger Jahre wurde es immer schwieriger, ein Schiff zu finden, auf dem man mitreisen konnte. Ich habe mehrmals den Atlantik auf der seligen "Stefan Bartory" überquert, ein polnisches Linienschiff, das zu einem moderaten Preis Reisen im Stil der alten Linienschiffe anbot. Gemeinsam mit meiner Begleiterin und unseren beiden jungen Kindern haben wir ihren altmodischen Komfort und ihre Gastlichkeit sehr genossen. Als das Schiff 1988 abgewrackt wurde, blieben als Alternative für lange Routen fast nur noch die Handelsschiffe.

    Ich habe mich den Frachtschiffen zugewandt, weil sie die letzte Möglichkeit bieten, auf dem Meer zu reisen. Und welch eine unerschöpfliche Ader habe ich dabei entdeckt! Die modernen Frachtschiffe unterscheiden sich erheblich von denen aus der Zeit Kerouacs oder Malcom Lowrys, als man seine Passage noch bezahlen konnte, indem man das Deck schrubbte oder in der Küche aushalf. Die internationalen Vorschriften, die Versicherungen und die Seeleute aus den Billiglohnländern haben diese Art von Abenteuer unmöglich gemacht. Die Stahlkolosse, die über 300 Meter lang sind und mehr als 20 Knoten fahren, sind mit einer Technik ausgestattet, die mit einer reduzierten Mannschaft auskommt. Auf diese Weise sind Offizierskabinen für die Passagiere frei geworden.


    "Le Gouf" sorgt für Ruhezonen für Fischer
    Der Hafen von Capbreton liegt gut geschützt hinter den Dünen der Atlantikküste und ist nur über einen Kanal zu erreichen. Es ist der einzige Hafen im Department Landes. In einem Café an den Kais wollte ich eigentlich ein Gespräch mit Hugo Verlomme aufzeichnen, aber der Schriftsteller hat diesmal seine Widerstandskraft überschätzt und war zu früh im Wasser. Seine Stimme ist durch eine schwere Erkältung zu einem Flüstern reduziert, und so will er nicht vor das Mikrofon. Aber es gibt ja meine Bücher, meint er, und auch auf der Webseite "Wikiocean" finden sich Informationen über "Le Gouf".

    Der unterseeische Canyon vor der Küste schwächt die Energie der Wellen ab und erleichtert den Fischerbooten von Capbreton das Ein-und Auslaufen. Das französische Meeresforschungsinstitut IFREMER hat mehrere ozeanografische Kampagnen durchgeführt, um den Canyon zu kartografieren und die Auswirkungen der geologischen Formation auf Meeresströmungen und Fischbestände zu untersuchen.

    Die ersten Dokumente über "Le Gouf" stammen aus dem 15. Jahrhundert als Ingenieure im Auftrag Charles VIII beobachteten, dass die Wellenenergie in bestimmten Bereichen des Golfs von Biskaya durch eine mysteriöse tiefe Zone absorbiert wird. Die spanischen und französischen Fischer nutzten diese "Ruhezonen" traditionell, wenn sie in einen Sturm gerieten. Wie stark diese Stürme im Atlantik werden können, beschreibt Hugo Verlomme in seinem Buch "Reisen mit dem Frachtschiff". Auf einer Fahrt von Montreal nach Antwerpen geriet er an Bord des kroatischen Frachters "Atlant II" in ein schweres Unwetter:

    Nachdem wir in dieser Nacht das Ufer Neufundlands und die letzten Lichter Amerikas hinter uns gelassen haben, holt uns das Tief ein. Nach und nach steigt die Spannung an Bord. Alle werden schweigsam und ziehen sich zurück. Der Körper fühlt sich schlecht, schwer und wie zerschlagen. Niedrige graue Wolken ziehen auf und gesellen sich zur Stimmung an Bord. Es regnet.

    Wir haben einen südöstlichen Kurs in Richtung Azoren eingeschlagen, um dem Sturm eventuell zu entgehen. Doch die letzte Wetterkarte lässt keinen Zweifel: Das Tief erstreckt sich über den ganzen Nordatlantik.

    Es wird Nacht, und eines der schönsten Spektakel der Welt beginnt. Die Wellen klatschen wie weiße Explosionen vorn an den Bug. Unmittelbar darauf verbreitet sich die Vibration durch das ganze Schiff. Anschließend schlägt das Sprühwasser an die Scheiben der Kommandobrücke. Die totale Faszination.

    Die Wellen werden stärker und erreichen 10 bis 14 Meter. Der Autopilot ist ausgeschaltet, um das Schiff ständig senkrecht zu den Wellen halten zu können. Alle Ingenieure sind im Dienst. Der Motor muss halten. Sonst ...

    Erschöpft vom ständigen Kampf um das Gleichgewicht, gehe ich endlich schlafen. Aber mein Körper muss selbst im Liegen noch um das Gleichgewicht ringen. Der Schlaf kommt bruchstückhaft. Das Leiden des Schiffes ist körperlich spürbar. Alle Gegenstände, die schon unten liegen, scheinen noch tiefer zu sinken.

    5 Uhr morgens: ein kurzer Augenblick der Angst, wie ein Sturz in den Abgrund. Niemand kommt zu mir, also ist alles in Ordnung. Später werde ich erfahren, dass wir um diese Uhrzeit einige Container im Vorderteil verloren haben.

    8 Uhr morgens: Die Sonne ist wieder da. Die gewaltigen Wellen sind durchsichtig wie Edelsteine. Leo ist erschöpft nach vier Stunden auf der Kommandobrücke. Er sagt, dass das Schlimmste vorüber ist. Im Laufe des Tages werden das Lächeln und die Worte zurückkehren. Der Körper wird sich nach und nach entspannen. Am Ende des Tages herrscht nur noch Windstärke 8. Während der Nacht beschreibt der Kapitän einen Halbkreis - ein gefährliches Manöver bei dieser hohen See, um den Kurs nach Antwerpen wieder aufzunehmen.


    Ölpest bedroht immer wieder Surferparadies Biarritz
    Südlich von Capbreton, kurz vor der spanischen Grenze, liegt das alte Seebad Biarritz. Als Napoleon III hier für seine spanische Ehefrau, die Kaiserin Eugénie 1854 eine Sommerresidenz errichten ließ, kam der kleine Ort in Mode und zog die gekrönten Häupter Europas an. Das mondäne Zeitalter endete in den 1960er Jahren. Während der Dreharbeiten für die Hemingway Verfilmung "Zwischen Madrid und Paris" brachten der Drehbuchautor Peter Viertel und der Produzent Dick Zanuck den Surfsport nach Biarritz. Das Surferparadies ist in den letzten Jahren immer wieder durch schwere Schiffsunglücke bedroht worden. Als der Tanker "Prestige" im Herbst 2002 in einen besonders starken Sturm geriet und sank, verseuchte ein riesiger Ölteppich die spanische und die französische Atlantikküste.

    In Biarritz befindet sich der Sitz der Surfrider Foundation Europe, einer 1990 gegründeten Organisation von Surfern, die immer wieder spektakuläre Aktionen durchführt, um den Druck auf die Entscheidungsträger in Politik und Wirtschaft aufrechtzuerhalten. Im Dezember 1999, nach dem Untergang des Tankers "Erika", waren sie an vorderster Front bei der Reinigung der bretonischen Küste. Die Katastrophe der "Prestige" markierte einen Wendepunkt.

    "Damals haben wir uns geweigert, an der Reinigungsaktion teilzunehmen", erklärt mir Vincent Goujard, der Sprecher der Organisation. "Das hat viele überrascht, aber wir wollten ein klares Zeichen setzen, dass es so nicht weitergehen kann. Es kann nicht sein, dass sich die Geschichte immer wiederholt, und immer wieder dieselben sind, die die Dreckarbeit machen. Wir konzentrieren uns jetzt auf die politische Aktion. Wir werden so lange Druck machen, bis konkrete Entscheidungen gefallen sind. Bei unseren Aktionstagen Initiatives Océannes, die jedes Jahr im März eine Art Festival der Küstenbewohner gegen jede Form von Umweltverschmutzung sind, haben wir die Kinder gebeten, zu zeichnen, was sie nie wieder sehen wollen. Und das war die 'Prestige'. Die Zeichnungen haben wir dann einer Petition beigefügt, die ans Europäische Parlament geschickt wurde. Das ist nur symbolisch, aber …"

    "Ich glaube, dass etwas in Bewegung gekommen ist. Unsere Haltung ist ein klares Signal und drückt die Meinung vieler Menschen in der Region aus, die schlicht und einfach die Schnauze voll haben. Nicht nur hier in der Region, auch in der Bretagne, wo wir mit dem 'Kollektiv gegen die Ölpest', das es schon eine Weile gibt, zusammenarbeiten. Die Menschen sind immer mehr bereit, sich zu engagieren und Druck auf die Politiker auszuüben. Jetzt müssen schnell die richtigen Entscheidungen getroffen und auch umgesetzt werden.

    Wenn zum Beispiel die beiden Maßnahmenbündel, die sogenannten 'Erika I und II'-Beschlüsse, die nach dem Untergang des Tankers 'Erika' getroffen wurden, sofort umgesetzt worden wären, dann hätte ein Schiff wie die 'Prestige' nicht auslaufen dürfen. Diese neue Ölpest hätte nicht sein müssen. Die 'Banditen der Meere' hätten nicht auf dem Wasser sein dürfen."

    Kaum Verbesserungen elf Jahre nach "Prestige"-Unglück
    In Capbreton organisierte Hugo Verlomme den Kampf gegen die Verantwortlichen der Ölpest, die vom damaligen Staatspräsidenten Jacques Chirac als "Banditen der Meere" bezeichnet worden waren. Das war ein medienwirksamer Ausspruch, aber elf Jahre nach dem Untergang der "Prestige" hat sich die Situation nur unwesentlich verbessert.

    "Im Grunde sind wir alle verantwortlich", sagt Hugo Verlomme. "Wenn wir unseren Lebensstil nicht ändern und weiterhin abhängig bleiben von den fossilen Brennstoffen, dann haben die 'Banditen der Meere' noch eine lange Zukunft vor sich." Konsequenterweise fährt er kein Auto, sondern erledigt seine Wege in Capbreton mit dem Fahrrad oder zu Fuß.

    Bei aller Kritik an den Auswüchsen der modernen Zivilisation, der Faszination für das Universum der Hafen - und Industriegebiete an den Küsten der Kontinente kann sich Hugo Verlomme nicht entziehen. In seinem Reiseführer schreibt er:

    Mehr als 40.000 Frachtschiffe überqueren unablässig die Meere und Ozeane, um den Handelsverkehr zwischen den Ländern aufrecht zu halten. Die europäische Organisation "Ocean Shipping Consultants" sagt voraus, dass sich der Verkehr mit Containerschiffen innerhalb der nächsten Dutzend Jahre verdoppeln könnte!

    Die Hafengebiete mit ihrer gewaltigen Infrastruktur, den petrochemischen Anlagen, Zentralen, Silos, Raffinerien und kilometerlangen Kais mit Container-Anlegeplätzen bilden die verborgene Seite unserer Zivilisation. Hier kommt der größte Teil der Rohstoffe, der verderbliche Waren und der Güter an, die wir importieren. Die Standardisierung der Container und der Geräte zum Be- und Entladen ermöglicht eine kurze Umschlagzeit in den Häfen und den Einsatz von Mehrzweckschiffen, da die Container alles Mögliche enthalten können: sowohl festes, flüssiges als auch gasförmiges Material, gefrorene Lebensmittel et cetera. Das Frachtschiff versetzt den Reisenden auf Anhieb in das Zentrum dieser Welt.

    Zahlreiche Frachtschiffe sind in der Lage, Passagiere aufzunehmen. Angesichts der Nachfrage entschließen sich immer mehr Reedereien, ihre Kabinen ebenfalls zu öffnen.

    Mit einem großen Handelsschiff zu reisen, kann ein Selbstzweck sein. Von dem Augenblick an, wo man den Fuß an Bord setzt, ist man in gewisser Weise bereits in einer anderen Welt. Das Schiff, das Meer können das einzige Ziel sein, das sich der Reisende setzt. Die Reise besteht nicht darin, irgendwo anzukommen, sondern eine Strecke zurückzulegen, sich der Welt zu entziehen, die Entfernung und deren Gegenspielerin wieder zu entdecken: die Zeit.


    Delfin ist Totemtier des neuen Jahrtausends
    Hugo Verlomme träumt von einem ozeanischen Zeitalter. Er meint damit ein neues Bewusstsein, das die Weite der Meere und die Tiefe der Ozeane einschließt. In seinem Roman "Mermère" erzählt er die Geschichte einer Gruppe von Menschen, die sich evolutionär dem Leben der Wale und Delfine angepasst hat und mit ihnen kommuniziert. Zusammen mit dem Naturfotografen Laurent Masurel hat Hugo Verlomme 2012 ein Wikipedia der Ozeane ins Netz gestellt. "Wikiocean" ist der Titel der Webseite, die Auskunft über aktuelle Forschungskampagnen und neue Erkenntnisse über die Fauna und Flora der Meere gibt, die aber auch praktische Informationen für Surfer, Segler, Taucher und alle Menschen liefert, die von ozeanischen Horizonten träumen. Einer der Paten des Projekts, der französische Journalist Patrice van Eersel, der in der Karibik und im Roten Meer Begegnungen zwischen Menschen und Delfinen organisiert, spricht in einem Artikel auf "Wikiocean" über eine neue Allianz zwischen Mensch und Natur:

    Die Menschheit ist hin-und hergerissen zwischen dem Stolz über ihre enormen technologischen Errungenschaften und der Angst, dass gerade diese Technologie die gesamte Biosphäre unwiderruflich beschädigt.

    Zur gleichen Zeit klopft ein ganz besonderes Tier an unsere Tür. Der Delfin. Der implizit eine neue Allianz vorschlägt, die Grundlage einer anderen Zivilisation sein könnte. Nicht in Form einer neuen Art der Domestizierung. Nein, vielmehr eine Allianz einer ganz neuen Art, die sich des Ausmaß der Herausforderungen bewusst ist, denen wir heute gegenüberstehen. Wenn Sie daran zweifeln, dann fragen sie die Menschen in ihrer Umgebung, vor allem die jungen Menschen:
    Der Delfin ist das Totemtier des neuen Jahrtausends. In einer Zeit, da die globalen Netzwerke der künstlichen Intelligenz die gesamte Schöpfung zu bedrohen scheinen, treffen wir hier auf ein natürliches Wesen, das noch nicht einmal Hände hat, um sich einer Technologie zu bedienen, und dessen Intelligenz vollkommen auf das Spiel und die Interaktion mit anderen ausgerichtet ist. Seine Neugier, sein Sinn für Solidarität, und sein Humor verblüffen und berühren alle, die sich ihm nähern.


    Im Café l'Estacade an der Hafenausfahrt von Capbreton trinkt Hugo Verlomme immer seinen Morgencafé. Nach einem Weg über den Strand, an dem die verwittern Überreste deutscher Bunker an ein düsteres Kapitel der europäischen Geschichte erinnern, geht er zurück zu seinem Haus hinter den Dünen. "In der ganzen Straße haben früher die Familien der Fischer gewohnt", sagt er, "aber die wollen jetzt auch mehr Komfort." Das Meer kann Hugo Verlomme von seinem Arbeitszimmer aus nicht sehen, aber es ist omnipräsent. An den Wänden hängen Seekarten und Fotografien von Laurent Masurel, auf dem Computerbildschirm ist die Startseite von "Wikiocean" zu sehen.

    Neben Patrice van Eersel und anderen Journalisten, Filmemachern und Meeresforschern hat auch der Biologe Joël de Rosnay eine Patenschaft für die Webseite übernommen. Der Forscher am Massachusetts Institute for Technologie MIT ist einer der Begründer der Surfbewegung in Frankreich. Mit über siebzig steht er selbst immer noch auf dem Surfbrett. Die Bewegung in den Wellen bedeutet für ihn das Verschmelzen mit einer Energie, die über die Beschränkung des menschlichen Lebens hinausgeht. Diese Veränderung der Wahrnehmung sei auch für jeden Reisenden erfahrbar, meint Hugo Verlomme, der sich lange Zeit an Bord eines Schiffes aufgehalten hat und nun zum ersten Mal wieder an Land geht:

    Die Ankunft in einem Hafen ist ein besonderer Augenblick, der sich schon am Vorabend durch diverse Räumarbeiten und sonstige Vorbereitungen ankündigt. Es ist ein bisschen, als bereitete man einen Umzug vor. Man verlässt den Kokon des Schiffsrumpfs, in dem man viele Tage gemeinsam mit anderen Menschen geborgen war, und findet sich nach der bewegten Welt des Ozeans auf der schwerfälligen, starren Erde wieder.

    Möglicherweise stellt sich nach dem Ausschiffen eine leichte Form von 'Landkrankheit' ein, vor allem wenn die Fahrt lang und unruhig war. Für den Reisenden, der sich in die Elemente versenken kann, gibt es Augenblicke, in denen sich Land und Meer derart mischen, dass er nicht mehr weiß, wo er gerade ist. Marc Hernu, ein Reisender, der an Bord der "Krakov" unterwegs war, beschreibt dieses Gefühl, als er sich in einer kleinen Grünanlage in Guayaquil (Ecuador) befand und unmittelbar nach einer langen Überfahrt einige Leguane beobachtete:

    "Jedes Mal, wenn ich von der Schiffsbrücke lange das Meer betrachtet hatte, gelang es mir anschließend nicht mehr, einen festen Körper zu sehen. Der Boden begann zu schmelzen, die Gegenstände verflüchtigten sich. Ich fing an, dieses Gefühl zu lieben, und ich habe manchmal Stunden bis zur Trunkenheit damit verbracht, erst auf die Flüssigkeit und dann auf den festen Körper zu blicken, der nicht mehr fest war. Ich habe das Meer so oft betrachtet, dass mein Blick heute noch davon getrübt ist. Wenn ich auf einer Bank sitze, verschmelzen die Bäume, die Leute und die Leguane und verfließen. Alles wird Meer. Wellen tanzen zwischen der Reling und dem Horizont. Die Lunge weitet sich im Rhythmus der Wellen. Alles wird Wolke."



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