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Fundraising an der Uni

Rund fünf Millionen Euro will die Universität Greifswald durch Fundraising für ein Universitätsmuseum zusammen tragen. Nur: Greifswald liegt im Armenhaus der Republik, 25% Arbeitslosigkeit in der Hansestadt, über 30% in den Randgebieten – viel können die Fundraiser nicht erwarten, wenn sie für ihr neues Universitätsschauhaus sammeln.

Von Matthias Rauter |
    Der Raum ist klein, verwinkelt, rund 15 m² groß. Und trotzdem hat Kustodin Birgit Dahlenburg einige seltene Stücke untergebracht. Das Portrait des Universitätsgründers Rubenow aus dem Jahr 1456 steht auf einer Staffelei, sein Rektormantel hängt auf einem Bügel – es ist eng für die Exponate. Deshalb der Wunsch nach einem Schauhaus, in dem die 17 wissenschaftlichen Sammlungen aus sechs kleinen Museen, aus Bibliothek, Archiv und Kustodie zusammengeführt werden. Sammeln war der Beginn jeder Wissenschaft. Und es ist ein Unterschied, ein originales Meteoritenstück vor Augen oder auf dem PC-Bildschirm zu haben, sagt Dahlenburg:

    "So ein Schauhaus, so ein Universitätsmuseum, wäre natürlich, das ist international bekannt, ein enormer Standortvorteil für Greifswald. Und ich denke, man könnte auch richtig neugierig machen, was Wissenschaft ist und was sich hinter der Universität so verbirgt. Weil da ja oft noch so eine, wie soll ich sagen, so eine Art Schranke ist. Viele sehen oft die Universität, also sie sehen hinauf und man traut sich eigentlich nicht so recht."

    Bis zum Jahr 2007 sollen die benötigten rund 5 Millionen Euro eingenommen werden. Räume, Wege könnten nach den Spendern benannt werden, sagt der Greifswalder Rektor Rainer Westermann. Aber das sei zunächst zweirangig:

    "Von dem Fundraisingprojekt versprechen wir uns etwas ganz einfaches: Geld. Mehr Geld. Geld, was wir dringen brauchen für alle möglichen Aufgaben. Die Universitäten sind notorisch unterfinanziert. Mit dem Geld, was wir gegenwärtig vom Land bekommen, einschließlich der Drittmittel, die wir beispielsweise von der Deutschen Forschungsgemeinschaft bekommen, können wir den Universitätsbetrieb eigentlich gar nicht mehr verantwortungsbewusst aufrecht erhalten."

    Zudem sollen in Greifswald in den kommenden Jahren rund 160 Stellen gestrichen werden. Gegen diese Pläne wird derzeit lautstark protestiert. Die Uni muss sich positionieren, sich weiter attraktiv für Studierende halten und das mit immer weniger Geld. Nur soll das Fundraising-Geld projektbezogen verwendet werden und nicht in das Alltagsgeschäft einfließen, um Löcher zu stopfen, sagt Kanzler Thomas Behrens:

    "Natürlich müssen wir davon ausgehen, dass das Finanzministerium auf eine, ich sage mal nicht völlig unvermögende Hochschule zurückgreifen möchte. Das ist leicht vorstellbar. Aber mit einem gezielten Fundraising, mit gezielter Alumniarbeit kann sich die Hochschule im Spektrum der inländischen und der ausländischen Konkurrenz bestimmt gut positionieren. Und das ist einer der wesentlichen Gesichtspunkte, die nicht nur das Überleben der Hochschule sichert, sondern auch den fachlichen Ausbau, sprich die Profilierung fördert."

    Die Uni will das Rad nicht neu erfinden, sondern sich an anderen Fundraisingprojekten orientieren. Im südschwedischen Lund, der Partneruniversität Greifswalds, habe der Erfinder des Tetrapacks kräftig investiert. Von einem solch potenten Geldgeber träumen sie noch in Greifswald, sagt Rektor Westermann:

    "Jeder Weg zu solchen Spendengeldern ist natürlich ortsspezifisch, d.h. wir müssen natürlich die Greifswalder Spezifitäten hier berücksichtigen. Beispielsweise die Tatsache, dass wir nicht gerade in der reichsten Gegend Deutschlands hier uns befinden. Und wir müssen berücksichtigen, dass viele, die ein Herz an Greifswald verloren haben, gar nicht mehr hier wohnen, sondern überall in Deutschland, überall in Europa verteilt sind, und die müssen wir auch erst mal finden."

    Den Studenten sei schon viel versprochen worden, sagt Simon Siwecke vom AStA. Prinzipiell steht die Studentenschaft hinter dem Fundraising und doch die Finanzierung muss eindeutig sein.

    "Da war dann immer von 15, 20 Millionen die Rede. Bis jetzt ist wenig geflossen und eins ist auch klar: Wenn für dieses Projekt öffentliche Gelder verwendet würden, dann ist das aus unserer Sicht nicht zu rechtfertigen. Weil erste Aufgabe einer Universität ist, Lehre zu betreiben, also Studierende auszubilden und die zweite Aufgabe ist, Forschung zu betreiben. Und diesen touristischen Aspekt kann man machen, allerdings nur mit Mitteln, die man von außerhalb bekommt."

    Die Suche nach finanzkräftigen Spendern ist erst einen Monat alt. Ein großer Geldkoffer stand noch nicht vor der Tür, fünf Millionen in zwei Jahren sind nicht wenig, dazu kommen die laufenden Personalkosten. Zwei Stellen hat das Kultusministerium bewilligt, in den USA gibt es an den Unis ganze Abteilungen, die sich mit Fundraising beschäftigen. Einige deutsche Hochschulen haben nach zwei Jahren und einer Null-Summen-Rechnung ihre Fundraisingprojekte abgebrochen, sagt Dahlenburg. So habe die Berliner Humboldt-Universität mit 260.000 Euro nach zwei Jahren gerade die Peronalkosten gedeckt. Außer Spesen nichts gewesen. Nur: In Greifswald können sie mit den ohnehin chronisch leeren Kassen nur gewinnen.

    Das Schauhaus an der Universität Greifswald soll zwar reale Objekte zeigen. Doch virtuell ist es in der kommenden Woche auch zu finden , und zwar unter www.schau-haus.de


    Schauhaus