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Funker im Atomformat

Physik. - In Los Angeles treffen sich derzeit rund 6000 Wissenschaftler zur Frühjahrstagung der . Die Schau gilt auch als Trendmesser der Forschungsszene in den USA. In diesem Jahr steht die Nanotechnologie im Fokus vieler Diskussionen. Selbst Antennen lassen sich mit dem Molekülbaukasten realisieren.

Von Frank Grotelüschen |
    "Sie sind in etwa zehn Nanometer hoch, und sie bestehen aus winzigen Plastikmolekülen. Wir nennen sie Nanoantennen. Denn sie verhalten sich ganz so wie gewöhnliche Antennen."

    100 Millionen mal kleiner als die Antenne fürs Autoradio - verblüffend winzig sind die Gebilde, die Mike Barnes von der Universität von Massachusetts-Amherst zustande bringt. Und verblüffend simpel klingt die Methode, mit der Barnes seine Winzlinge produziert.

    "Wir nehmen dafür eine Art Tintenstrahldrucker. Doch statt Tinte verwenden wir eine Flüssigkeit, die elektrisch leitfähige Plastikmoleküle enthält. Wir stellen den Drucker so ein, dass jedes Tintentröpfchen nur ein einziges Plastikmolekül enthält. Dann drucken wir sie auf ein Glasplättchen auf. Und wenn das Tröpfchen trocknet, bleibt das Plastikmolekül einfach stehen."

    Wie geschrumpfte Sendemasten ragen die Moleküle aus der Glasfläche heraus. Sobald sie die Forscher mit grünen Lichtblitzen beleuchten, werden die Antennen aktiv: Wie Radiosender strahlen sie winzige Signale ab – genauer gesagt einzelne Lichtteilchen, Photonen genannt.

    "Unsere Antennen senden einzelne Photonen aus. Eine Antenne schickt ein Lichtteilchen aus, eine andere Antenne kann es auffangen und darauf reagieren. "

    Einzelne Photonen, die man gezielt erzeugt, dann von A nach B schickt und schließlich wieder auffängt – das setzt bei den Physikern Phantasien frei: denn es ist eine wichtige Grundlage für die Quanteninformation. Damit meinen die Fachleute so etwas wie die Quantenkryptographie, die absolut abhörsichere Übertragung von vertraulichen Daten. Die Hoffnung: die Quantenkryptographie soll in Zukunft das Bezahlen im Internet wirklich sicher machen. Zuvor aber steht für Barnes noch einiges an Arbeit an. Er will seine Nanoantennen statt mit grünem Licht künftig elektrisch ansteuern – also wie einen normalen Sendemast. Außerdem muss er die Antennen zu Strukturen ordnen können – zum Beispiel zu langen Reihen. Im Moment ist das noch schwierig. Aber wie Mike Barnes sagt, hat er schon ein paar gute Ideen, wie das zu mache wäre. Am selben Ziel, der Quanteninformation, arbeitet auch Jeff Kimble vom California Institute of Technology – allerdings mit ganz anderen Mitteln.

    "Wir fangen einzelne Atome ein, indem wir sie mit Laserlicht festhalten – quasi mit Pinzetten, die aus Licht bestehen."

    Das Atom in der Lichtfalle: Das klingt einfacher als es ist. Jahrelang haben sich die Experten daran versucht. Geschafft hat es bis heute nur eine Handvoll Teams – darunter Jeff Kimble und seine Leute. Haben sie ein Atom erst mal eingefangen, so kitzeln sie es ein wenig mit einem Laser. Als Antwort – quasi als kurzes Lachen – sendet das Atom einen kurzen Lichtpuls aus. Das Resultat, so Kimble:

    "Wir haben einen Laser gebaut, der mit nur einem einzigen Atom läuft. Das Gerät hat ziemlich interessante Eigenschaften: Es spuckt kurze Lichtblitze aus einzelnen Photonen. Wenn man so will Lichtteilchen im Gänsemarsch – und zwar ganz gezielt auf Wunsch."

    Einzelne Photonen im Gänsemarsch – auch sie wären prädestiniert für die Quanteninformation. Jeff Kimble jedenfalls denkt schon an ein regelrechtes Netzwerk von Atomfallen, die über Lasersignale miteinander kommunizieren.

    "Diese Netze wären nicht wie das gewöhnliche Internet, sondern sie würden einzelne Lichtteilchen mit ihren Quanteneigenschaften transportieren. Wir reden also von einem Quanteninternet. "

    Ein Netz, das unter anderem absolut abhörsicher wäre – doch das wohl noch Jahrzehnte auf sich warten lassen wird.