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Funkstationen weisen den Weg

Technik. - Am Fraunhofer Institut für Integrierte Schaltungen haben Forscher eine Navigationssoftware fürs Handy entwickelt, die ohne GPS-Chip auskommt. Stattdessen nutzt sie die immer weiter verbreiteten WLAN-Anlagen zur Orientierung.

Von Hellmuth Nordwig |
    Die Königstraße führt von der Nürnberger Innenstadt zum Hauptbahnhof. Schüler schlendern in Richtung U-Bahn, Geschäftsleute hetzen mit ihren Köfferchen zum ICE. Dass Karin Loidl und Steffen Meyer beide mit einem kleinen Handheld-Computer ausgerüstet sind, fällt hier nicht auf. Dessen Display zeigt einen Umgebungsplan. Unser Standort, das ist ein grüner Punkt kurz vor der Einmündung der Luitpoldstraße.

    "Der Punkt folgt uns jetzt auf der Karte, genau auf der Straße. Im innerstädtischen Bereich habe ich eine Genauigkeit von etwa sieben Metern. Ich sehe also fast schon, ob ich links oder rechts von der Straße laufe. Auf jeden Fall habe ich genau meinen Weg. Man sieht, wir kommen jetzt zur Abzweigung. Für eine Orientierung sehr gut ausreichend."

    Was Karin Loidl und Steffen Meyer benutzen, ist kein GPS-Navigationsgerät, wie man es aus dem Auto kennt. Am Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen haben sie eine andere Lokalisierungstechnik entwickelt. Das Gerät nutzt dazu so genannte WLAN-Signale. Sie werden von den Sendern ausgestrahlt, die drahtlose Funknetzwerke versorgen. Meyer:

    "Das sind die ganz normalen Stationen, die man zum Beispiel von zu Hause als WLAN-DSL-Stationen kennt. Diese Stationen werden in der Stadt von Privatleuten aufgestellt, von Geschäften, von Büros. Das Gerät misst die Signalstärke von mehreren Access Points und nutzt das, um daraus die Position zu berechnen."

    Dazu braucht es keine komplizierte Mathematik: Je weiter weg ein Sender eines drahtlosen Netzwerks ist, desto schwächer ist sein Signal. Das Gerät muss also nur genügend Stationen empfangen, um den Standort auszurechnen. Dazu muss aber vorher bekannt sein, wo es solche WLAN-Sender gibt. Die wurden an vielen Referenzpunkten mit so genannten Einmessboxen aufgespürt. Diese Geräte messen die WLAN-Signale und eichen sie an Hand einer hoch genauen GPS-Karte. Steffen Meyer:

    "Die können auch von Leuten, die ungelernt sind, durch die Stadt bewegt werden. Wir setzen da auf Partner, die Leute in der Stadt unterwegs haben, wie Briefträger, oder den Einbau in öffentliche Busse, so dass während der normalen Arbeit dieser Leute die Daten erhoben werden. Auf diese Weise bekommt man die Referenzdaten doch recht kostengünstig."

    Für viele Punkte auf einer Karte haben die Forscher also ein Muster der WLAN-Signale registriert. Daraus ist eine Software entstanden, die jedermann auf einem tragbaren Gerät nutzen kann. Egal ob Handy oder PDA - wichtig ist nur, dass es WLAN-fähig ist. Man braucht dabei keinen Zugang zu den Datennetzen, denn es wird ja nur die Signalstärke ausgewertet. In der Nürnberger Innenstadt werden im Schnitt rund 15 Stationen empfangen. In Bürogebäuden können es deutlich mehr sein, und dort erhält man auch dreidimensionale Informationen. Auch im Hauptbahnhof erkennt Karin Loidl, auf welcher Ebene sie sich aufhält.

    "Man sieht jetzt hier: Ich betrete jetzt das Gebäude, und dann taucht das Kartenmaterial vom Bahnhof auf. Wir sind jetzt genau auf der Rolltreppe, werden lokalisiert, wie wir hochfahren. Da sieht man sehr schön den Punkt mit hochwandern. Und wir werden jetzt hier rauskommen beim Infopoint."

    Wer sich auch so gut zurechtfindet, braucht das System natürlich nicht. Es soll aber die Orientierung erleichtern, wo sie häufig schwierig ist: in Flughäfen und Bahnhöfen, Einkaufszentren und Bürogebäuden. Erste Angebote gibt es bereits; die meisten sind sogar kostenlos, etwa der "Naviscout" der Frankfurter Messe. Karin Loidl:

    "Eine zweite Anwendung läuft in der Stadt Koblenz. Da hatten wir ein Projekt mit Schülern zusammen, mit Marie und Sophie Scholz. Die haben ein Navigationssystem gemacht speziell für Rollstuhlfahrer. Da haben sie aufgenommen: Wo haben wir Kopfsteinpflaster, da haben viele Rollstuhlfahrer ein Problem, wo sind Hindernisse und Hürden. Die haben jetzt ein Kartenmaterial, wo die Hindernisse aufgezeichnet sind und die werden über WLAN so navigiert, dass sie durch die Stadt durchkönnen."