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Funktionschips auf der Datenspur

RFID - diese Technik weckt seit einigen Jahren bei Handel und Logistikunternehmen viele Hoffnungen. Die Abkürzung steht für Radio-Frequenz-Identifikation - winzige Funketiketten, die berührungslos Daten aussenden. Die Etiketten kleben auf Waren und Paketen und helfen mit ihren Daten beim Sortieren, Verwalten und Abkassieren - so jedenfalls die Theorie. Welches Potenzial wirklich in der RFID-Technologie steckt und welche Fragen bei Datenschutz und Sicherheit noch offen sind, ist Thema einer Studie, die das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik am Mittwoch in Berlin vorgestellt hat.

Von Sascha Ott |
    Chancen und Risiken der RFID-Technik wurden wohl selten so deutlich wie in der Nachricht, die vor wenigen Wochen von Japan aus um die Welt ging: Eine Grundschule in Tokio will im Frühjahr seine Schüler mit RFID kennzeichnen. Die Etiketten, die so genannten Tags, sollen an den Schultaschen der Kinder befestigt sein. Am Schultor werden sie von einem Sender angefunkt und antworten darauf mit einem individuellen Datensignal, mit dem das Kind identifiziert wird. Das System kann dann per E-Mail an Lehrer und Eltern melden, welche Kinder angekommen sind. Die Schule verspricht sich davon mehr Sicherheit und Kontrolle - Datenschützer warnen vor dem Überwachungsstaat. Solche Meldungen sorgen für großes Aufsehen und bestimmen das Bild der RFID-Technik in der Öffentlichkeit - zu Unrecht, erklärt Markus Ullmann vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI).

    Es liegt vielleicht einfach da dran, weil das die Bereiche sind, mit denen normale Bürger in Berührung kommen. Deswegen ist sicherlich in der Öffentlichkeit auch eine falsche Interpretation dahingehend, wo sich diese RFID-Technologie in nächster Zeit durchsetzen wird.

    Um die wahren Chancen von RFID zu verdeutlichen, hat das BSI zusammen mit dem Berliner Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung und der Eidgenössischen Materialprüfungsanstalt eine Studie ausgearbeitet. Experten aus Industrie und Forschung wurden um ihre Einschätzung gebeten, wo die Funketiketten bis zum Jahr 2010 rentabel eingesetzt werden können. Dabei zeigte sich, dass die besten Möglichkeiten vor allem im Bereich der Logistik bestehen.

    Das kann auf der einen Seite ein Paketdienst sein, wo halt über RFID Pakete lokalisiert werden auf ihrem Weg vom Sender, der das Paket aufgibt, bis zum Empfänger. Aber genauso auch das Thema Zusammenarbeit von Firmen, wo halt ein gemeinsamer Workflow da sein muss über unterschiedliche Firmen. Da, in diesen Bereichen sehen wir eigentlich die größten Chancen in den nächsten fünf Jahren für den Einsatz der RFID-Technologie.

    Firmen, die ihre Logistik auf die RFID-Technik umstellen wollen, müssen sich allerdings auch über die möglichen Risiken im Klaren sein. Die Informationsschützer warnen, die Tags könnten gefälscht oder manipuliert werden. Auch sind gezielte Angriffe auf ein Paketsortierzentrum mit so genannten Blocker-Tags denkbar.

    Das Lesegerät versucht ständig mit diesem Paket zu kommunizieren, um herauszubekommen, welche ID sich eigentlich hinter diesem Paket verbirgt. Das sendet aber ständig andere oder neue. Und dieses Lesegerät kann das gar nicht auflösen. Das heißt, Sie halten damit im Prinzip den Prozess schon ein Stück weit auf.

    Neben dem Logistikbereich beschäftigt sich die Studie auch mit der Bedeutung von RFID für den Endverbraucher. Wenn die Preise für einfache Funketiketten in den kommenden Jahren auf unter zehn Cent pro Stück sinken, könnten sie den bisherigen Strichcode zur Identifikation von Waren ablösen. Auch bei Verleih- und Mehrwegsystemen sehen die Experten gute Chancen. Andererseits mahnt die BSI-Studie zur Vorsicht bei den Anwendungen, bei denen, wie in dem Beispiel aus Japan, die RFID-Daten mit einer bestimmten Person verknüpft sind. Da die Daten über bis zu zehn Meter übertragen werden, könnten sie von einem fremden Empfänger abgehört werden. Transparenz für den Benutzer sei hier das oberste Gebot, betont Markus Ullmann vom BSI.

    Wir wollen allen Betreibern von RFID-Systemen mit auf den Weg geben, die das in Bereichen einsetzen, wo der normale Bürger konfrontiert ist, vielleicht im Kaufhaus-Bereich, dass sie frühzeitig und rechtzeitig, die Kunden aufklären, was sie eigentlich planen, damit der Kunde sich darauf einstellen kann, was auf ihn zu kommt.

    Der Direktor des Instituts für Zukunftsstudien und Technologiebewertung, Professor Rolf Kreibich warnt: Wenn die Benutzung von Alltagsgegenständen Datenspuren hinterlasse, die sich zunehmend der Kontrolle des Benutzers entzögen, so könne dies tief greifende Auswirkungen für unser Verständnis von Sicherheit und Privatsphäre haben.