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Furchen als fleißige Ölsammler

Als im vergangenen Jahr die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko ihren Lauf nahm, zeigte sich einmal mehr: Es mangelt an Technik, um größere schwimmende Ölteppiche wieder aus dem Wasser zu ziehen. Um auf diesem Feld Innovationen anzustoßen, rief die US-amerikanische X-Prize-Stiftung damals den Wettbewerb Oil Cleanup X-Challenge aus. Eine Million US-Dollar sollte derjenige erhalten, der es schafft, mit neuen Verfahren die heute übliche Ölsammeltechnik deutlich zu verbessern. Kürzlich wurde der Sieger gekürt.

Von Lucian Haas |
    2500 Gallonen pro Minute. Das war die ehrgeizige Zielmarke, die es beim Oil Cleanup X-Challenge zu überbieten galt. 2500 Gallonen, umgerechnet knapp 9500 Liter - das bedeutete rund zweieinhalbmal mehr Öl aus dem Wasser zu ziehen, als es die derzeit besten auf dem Markt befindlichen Skimmer schaffen. Skimmer sind Geräte, die schwimmende Ölteppiche aufnehmen können. Über 350 Bewerber meldeten sich zu dem Wettbewerb. Zehn Teams wurden zugelassen.

    Am Ende gab es einen mit weitem Abstand eindeutigen Sieger. Die Firma Elastec aus dem US-Bundesstaat Illinois baute einen Skimmer, der 4700 Gallonen pro Minute bewerkstelligt. Wie das gelang, erklärt Don Johnson, Projektleiter bei Elastec:

    "Als für die Oil Cleanup X-Challenge die Messlatte auf über 2500 Gallonen gelegt wurde, war uns klar: Dafür werden wir mehr Fläche brauchen, die mit dem Öl in Kontakt kommt."

    Bei üblichen Skimmern dienen rotierende Plastiktrommeln als Ölsammler. Plastik zieht Öl an und stößt Wasser ab. Das anhaftende Öl wird mechanisch von der Oberfläche abgestreift und in Tanks gepumpt.

    Beim neu entwickelten Modell hat Elastec die Trommeln durch Dutzende nebeneinanderstehender Plastikscheiben ersetzt. Die Unterteilung vergrößert die Sammelfläche, weil das Öl auch auf den Seiten der Scheiben haftet. Als besonderer Clou ist die Oberfläche zudem rundum mit tiefen Furchen versehen. Don Johnson:

    "Durch die Furchen in den Sammelscheiben wird das Öl auch bei höherer Drehzahl nicht gleich weggeschleudert. Und mit der schnelleren Drehung erfassen wir nochmals mehr Öl, so können wir mehr davon aufsammeln."

    Im Elastec-Skimmer sitzen vier scheibenbesetzte Ölsammler hintereinander. Auf den Seiten dienen Pontons als Schwimmhilfe. Die Konstruktion ist so groß wie ein Kleintransporter.

    Die Tests für die Oil Cleanup X-Challenge fanden in der Simulationsanlage für Ölunfälle Ohmsett in New Jersey statt. Dort gibt es ein 20 mal 200 Meter großes Becken, das zehn Millionen Liter Meerwasser fasst. Sogar Wellen können darin erzeugt werden. Der Elastec-Skimmer sammelte bei Wellengang kaum weniger Öl als bei ruhigen Verhältnissen.

    "Wir drücken den Skimmer durch einstellbaren Ballast ins Wasser. So können wir ihn an verschiedene Wellenhöhen anpassen."

    Bisher führt schon leichter Seegang zu Problemen bei der Ölbekämpfung. Nach Angaben von Don Johnson bleibt der neue Skimmer bis zu Wellenhöhen von einem Meter voll einsetzbar.

    In der Praxis sollen zwei Schleppschiffe jeweils 150 Meter lange, schwimmende Ölsperren hinter sich herziehen. Zusammen bilden sie eine Art Trichter, in dessen Auslass der Skimmer hängt. Dahinter fährt noch ein Tankschiff, um das aus dem Wasser gezogene Öl zu bunkern.

    "Das Öl wird direkt vor dem Skimmer konzentriert. Dadurch kann dieser das Öl sehr effizient aufnehmen, ohne einen großen Wasseranteil. So füllen wir die Tankschiffe nicht mit überflüssigem Wasser, sondern nur mit Öl. Ich denke, dass diese Technik bei der Katastrophe der Deepwater Horizon einen deutlichen Unterschied gemacht hätte."

    Innovationen für eine bessere Ölteppichbekämpfung anzustoßen - mit dieser Intention hatte die X-Prize-Stiftung im vergangenen Jahr insgesamt 1,4 Millionen US-Dollar Preisgeld ausgelobt. Neben Elastec übertraf am Ende nur das Team Nofi aus Norwegen das Wettbewerbsziel von 2500 Gallonen pro Minute. Doch auch die Skimmer auf den Plätzen drei bis sieben waren noch deutlich besser als der heutige Industriestandard.
    Experten mit Praxiserfahrung in der Ölbekämpfung warnen angesichts dieser Fortschritte dennoch vor überzogenen Erwartungen. Ed Levine von der Nationalen Wetter- und Ozeanografie-Behörde NOAA der USA:

    "Das, was unter Laborbedingungen passiert, ist anders als das, was wir in der Realität erleben. Wenn man einen Skimmer in ein ruhiges Becken setzt, zeigt er richtig gute Leistung. Kommen aber Wellen, Strömungen und Wind hinzu, wird das Ganze schon viel schwieriger. Havariekommandos behalten eine Sache immer im Hinterkopf: Kein Ölunfall gleicht einem anderen, es geht immer ein bisschen anders aus."

    In einer Hinsicht macht sich Ed Levine erst recht nichts vor: Bei so großen Ölkatastrophen wie nach der Explosion der Bohrplattform Deepwater Horizon dürften auch die besten Skimmer der Zukunft noch immer schnell an ihre Leistungsgrenzen stoßen.