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Fußball-Bundesliga
Neuer Investor beim FC Augsburg sorgt für Diskussion

Die 50-plus-1-Regel besagt, dass Klubs mehrheitlich den Mitgliedern gehören. Doch das schließt Investoren nicht aus, die sogar in den Vereinen Führungsämter besetzen, und damit direkten Einfluss ausüben. Wie beim FC Augsburg, bei dem es gerade zu einem Investorenwechsel gekommen ist.

Von Thorsten Poppe |
Die Stehplätze der Nordtribüne, wo die FCA-Ultras normalerweise stehen, bleibt leer. Nur eine FCA-Flagge hängt über einer Tribüne.
Einige Fans des FC Augsburg fühlen sich nicht gut informiert über den neuen Investor ihres Vereins. (Imago / MIS)
Klaus Hofmann hat eine Doppelrolle. Er ist nicht nur Präsident des FC Augsburg, sondern gleichzeitig auch Geldgeber beim Bundesligisten. Möglich ist das, weil der Verein seine Profi-Abteilung in eine Kapitalgesellschaft ausgegliedert hat. So konnte der Klub früh Anteile dieser Gesellschaft verkaufen und damit an Geld kommen. Erster Käufer war der ehemalige Präsident Walter Seinsch. Der hat seine Anteile dann weiterverkauft – unter anderem an seinen Nachfolger Klaus Hofmann.
"Der Verein hat sich, 2005 glaube ich, entschieden, Anteile an Walter Seinsch zu verkaufen. Was der Walter Seinsch im Nachgang mit seinen Anteilen macht, obliegt ihm. Der hat die dann irgendwann mir verkauft und ein paar anderen", erklärt Hofmann gegenüber der ARD. Dafür haben sich alle Gesellschafter in der Hofmann Investoren GmbH zusammengefunden. Diese GmbH hält 99 Prozent der Anteile an der ausgegliederten Profi-Abteilung. Und dort, innerhalb der Investoren GmbH, sei es nun zu einem Investorenwechsel gekommen – nicht beim Verein, stellt Klaus Hofmann klar:
"Zwei der paar anderen haben jetzt entschieden, dass in ihrer Lebensplanung der FC Augsburg nicht mehr vorkommt. Und dann haben die anderen an jemanden, den ich schon lange und sehr gut kenne, ihre Anteile veräußert. Und der ist jetzt Teil der FCA-Familie."

Der neue Investor ist kein Unbekannter

Dabei handelt es sich um den US-amerikanischen Investor David Blitzer mit seiner Bolt-Holding. Kein Unbekannter im Profi-Sport. Er ist u.a. beteiligt an Crystal Palace aus der englischen Premier League, dem Basketballteam Philadelphia 76ers aus der nordamerikanischen NBA sowie den New Jersey Devils aus der Eishockeyliga NHL.
Der Einstieg des Investors bleibt für zwei Monate unbekannt. Erst als eine Ultra-Gruppe auf den Handelsregister-Eintrag aufmerksam macht, bestätigt der Klub den Wechsel. Marco Porchia von der Ulrich-Biesinger-Tribüne, einer Vereinigung für alle FCA-Fans, hätte sich deutlich mehr Transparenz gewünscht: "Hier finden wir es absolut notwendig, dass bei so weitreichenden Entscheidungen, die unmittelbaren Einfluss auf den e.V. haben, die Mitglieder vorab ins Boot geholt werden müssen. Es geht hier um eine grundsätzliche Ausrichtung, wie sich unser FCA in der Zukunft aufstellt, und hier stößt der autokratische Führungsstil des FCA vielen Mitgliedern sauer auf."
Auch andere Aspekte des Deals sind unklar. Das Unternehmen mit Sitz in den USA hat laut Handelsregister 45 Prozent der Hofmann Investoren GmbH mit einem Nennwert von gut 5,5 Millionen Euro erworben. Wie viel Geld für diese Anteile aber tatsächlich geflossen sind, ist nicht bekannt.

"Ungesunde Abhängigkeit und personelle Verstrickungen"

Zudem besitzt Klaus Hofmann in dieser Struktur gleich mehrere Schlüsselpositionen. So soll er als Präsident des eingetragenen Vereins eigentlich die Interessen der Mitglieder in der Spielbetriebsgesellschaft vertreten, an der er allerdings auch als Investor beteiligt ist. Für Marco Porchia von der Ulrich-Biesinger-Tribüne entspricht dies nicht der Idee eines von Mitgliedern geführten Vereins:
"Zwischen all den Gremien und beteiligten Gesellschaftergruppen besteht in unseren Augen eine ungesunde Abhängigkeit und personelle Verstrickungen oder Deckungsgleichheit. Also dadurch ist dieselbe Person an jeder wichtigen Position des Firmenkonstrukts rund um den FC Augsburg vertreten. Hier wünschen sich viele Mitglieder demokratischeres Vereinswesen."
Denn im Moment können die Mitglieder nur den Aufsichtsrat des Vereins wählen. Dieser bestimmt dann wiederum den Präsidenten. Die Vereinsmitglieder haben also nur indirekten oder gar keinen Einfluss auf die GmbHs im Vereinsumfeld.
Anpassung der 50+1-Regel - Lautes Schweigen in der Fußball-Bundesliga
In der Fußball-Bundesliga ist in der Coronakrise die Diskussion neu entfacht, die Klubs mehr für Investoren zu öffnen. Die DFL hat die Profivereine dazu befragt, die Ergebnisse werden bislang unter Verschluss gehalten.
Gegen die Statuten der 50-plus-1-Regel verstößt dies allerdings nicht. Denn der eingetragene Verein FC Augsburg besitzt weiter die Mehrheit der Stimmanteile, die zur Geschäftsführung in der ausgegliederten Profi-Abteilung berechtigen.
Rechtlich gesehen hat der Verein also weiter die Entscheidungshoheit, erklärt Präsident und Investor Klaus Hofmann: "Also ich glaube letzte Woche, Anfang letzter Woche haben wir eine Aufsichtsratssitzung gemacht des e.V., also des Mehrheitsgesellschafters, was die Stimmrechte angeht der KGaA. Denn in Augsburg gilt im Gegensatz zu anderen Vereinen die 50-plus-1-Regelung. Von daher war der Weg absolut richtig den Aufsichtsrat des e.V. zu informieren."
Allerdings hat eine Studie der Universität Leipzig schon 2015 festgestellt, dass mit dieser Struktur beim FC Augsburg ein beherrschender Einfluss seitens Dritter möglich sei. Durchgeführt hat die Studie Dr. Sebastian Björn Bauers, der sich in seinen Forschungen immer wieder mit der 50-plus-1-Regel befasst: "Wir haben also die Zusammensetzung der Eigenkapitalgeber untersucht. Ebenfalls haben wir beispielsweise auch geschaut, ob es Verbindungen zwischen den Investoren und den Kontroll- und Leitungsorganen der Klubs gibt. Und bei dem FC Augsburg sind uns bei der damaligen Untersuchung multiple Verbindungen wirtschaftlicher und rechtlicher Beziehungen aufgefallen, die vermuten lassen, dass von Seiten der Investoren ein beherrschender Einfluss ausgeübt werden könnte."
Der Sinn der 50-plus-1-Regel, Vereine vor einer Übernahme durch Investoren zu schützen, wird dadurch ausgehöhlt. Der FC Augsburg, in dem Fall die ausgegliederte Profiabteilung, möchte sich auf Anfrage des Deutschlandfunks dazu nicht weiter äußern.