Freitag, 19. April 2024

Archiv

Fußball
Drittliga-Vereine in Finanznot

Die 3. Liga gilt mittlerweile als Pleiteliga. Weil die Einnahmen aus TV-Vermarktung und Sponsoring deutlich geringer sind als in der Zweiten Bundesliga, haben viele Vereine Finanzprobleme. Vor allem die Traditionsklubs aus den neuen Bundesländern leiden unter der Situation, sie hängen meist am Tropf der Städte.

Von Heinz Peter Kreuzer | 19.03.2017
    Vor dem Stadion in Rostock weht eine Fahne des FC Hansa Rostock im schwachen Wind.
    Vor dem Stadion in Rostock weht eine Fahne des FC Hansa Rostock im schwachen Wind. (picture alliance / dpa / Bernd Wüstneck)
    In den neuen Ländern verschärft sich die Abhängigkeit von den Kommunen durch die mangelnde Wirtschaftskraft. Jörn Quitzau, Volkswirt bei der Berenberg-Bank und Betreiber des Blogs fussball-oekonomie.de, erläutert:
    "Das Problem der Wirtschaft in den neuen Ländern ist noch immer, dass nur wenige Unternehmen dort ihren Hauptsitz haben. Aus regionaler Verbundenheit kommen als Sponsoren also eher kleinere und mittelgroße Unternehmen infrage. Insgesamt scheinen die neuen Bundesländer als Markt nicht übermäßig interessant zu sein. In der Außenwahrnehmung gilt die Gesamtregion mit den Ausnahmen Dresden und Leipzig eben nicht als aufstrebender Wachstumsmarkt."
    Deshalb sind in Notlagen die Kommunen gefragt. Sie befinden sich in einer Zwangslage, wenn die Vereine sie um finanzielle Hilfe bitten. Meist haben die Städte die teuren neuen Arenen gebaut, da müssen die Klubs am Leben erhalten werden. Ansonsten fehlen die Stadionmieten, die oft so unrealistisch sind, dass die Vereine sie nicht erwirtschaften können. Oder die Kommune zahlt an die städteeigenen Betreibergesellschaften hohe Zuschüsse, um deren Kosten zu decken.
    In Chemnitz steht der FC unter städtischer Aufsicht
    Beispiel Chemnitz: Die Stadt hat für 27 Millionen Euro die neue Arena gebaut. Und kam dem CFC mit einer Schnäppchenmiete von 180.000 Euro plus 2,5 Prozent Umsatzbeteiligung entgegen. Aber das reicht nicht, der Chemnitzer FC stand im vergangenen Dezember vor der Insolvenz, es fehlten zwei Millionen Euro. Einen Teil der Summe zahlte die Stadt, der andere wurde mit einem Darlehen eines kommunalen Energieversorgers und Hauptsponsors ausgeglichen. Jetzt steht der Fußballklub unter städtischer Aufsicht, sagte Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig dem MDR-Fernsehen:
    "Der CFC musste dem DFB ja ein Sanierungskonzept vorlegen, das ist ja auch die Basis für unsere Entscheidung. Und wie das im Einzelnen Schritt für Schritt umgesetzt wird, da schauen wir jetzt genau hin. Solange, bis der CFC das wieder alleine machen kann, was am Ende das Ziel sein muss."
    Ähnlich ist die Situation in Erfurt. Rot-Weiß hat bei einem Jahresbudget von 2,6 Millionen Euro Schulden in Höhe von 5,3 Millionen angehäuft und die Stadt um finanzielle Hilfe gebeten. Weil der Verein nicht alles offenlegen wollte, zog RWE den Antrag wieder zurück. Oberbürgermeister Andreas Bausewein hatte unter anderem personelle Konsequenzen gefordert:
    Oberbürgermeister: Rot-Weiß Erfurts Misere "nicht nur höhere Gewalt"
    "Aber Fakt ist eins, was auf den Verein gekommen ist, ist doch nicht nur höhere Gewalt. Da ist doch unter Umständen etwas im Verein schief gelaufen. Deswegen brauchen wir ein Konzept und brauchen hier und da neue Namen."
    Den Thüringern ist die Pacht für das neue Stadion zu hoch. Mehr als eine halbe Million Euro pro Saison sind mit der Arena GmbH vereinbart, doch RWE argumentiert, dass sei für die 3. Liga zu viel und nicht refinanzierbar. Die Arena-Betreiber pochen auf die Vereinbarung und werfen dem Klub vor, in seinen Berechnungen die Beteiligung aus den Cateringeinnahmen nicht berücksichtigt zu haben und die Arena schlecht zu vermarkten.
    Sachsen-Anhalt findet Stadionmiete des Halleschen FC zu niedrig
    Der Hallesche FC verfügt derzeit über einen ausgeglichenen Sechs-Millionen-Etat. Jetzt droht dem HFC Ärger, der den Klub auch in finanzielle Nöte bringen kann. Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht fordert jetzt eine Überprüfung der Stadionmiete in Höhe von 245.000 Euro. Die sei im Vergleich zu anderen Städten zu niedrig.
    "Normalerweise müsste die Stadt dieses Verhalten, ich sage das mal ganz einfach, der EU anzeigen und genehmigen lassen. Das hätte man vor zwei Jahren schon in die Wege leiten können und würden heute gar nicht mehr darüber reden. Die Stadt hat die Rechtsauffassung, es ist nicht Beihilferecht-relevant, das Landesverwaltungsamt, das Ministerium sagt, es ist Beihilferecht-relevant, und das wird jetzt von Fachleuten erörtert."
    Jetzt sollen die Zahlungen gestoppt werden, bis eine marktübliche Miete erhoben oder eine EU-Erlaubnis eingeholt wird. Dies haben beispielsweise die Städte Chemnitz und Magdeburg sofort gemacht.
    Hansa Rostock ist vom Hauptinvestor abhängig
    Keine städtische Hilfe erhielt der FSV Zwickau, die Sachsen mussten ihre Finanzprobleme anderweitig lösen, wie auch Hansa Rostock. Mittlerweile sind die Hansestädter von ihrem Hauptinvestor Rolf Elgeti abhängig. Seine Firma Obotritia Capital gab Hansa drei Darlehen in Höhe von insgesamt 15 Millionen Euro, dafür gehören Elgeti 45 Prozent der Spielbetriebsgesellschaft.
    Einzig erfolgreicher Drittligist ist der FSV Magdeburg. FCM-Geschäftsführer Mario Kallnik: "Das Ganze steht und fällt mit der Planung, die gemacht wurde. Dass man konservativ plant, das man entsprechende Dinge verwirklicht, und sicherlich darf man nicht der Versuchung hergeben, irgendwelche Dinge mit Macht durchzudrücken. Man muss sich an den wirtschaftlichen Dingen orientieren."
    Mit diesem Kurs peilt Magdeburg den Aufstieg an und macht Gewinn. Trotz einer Stadionmiete von bis zu einer halben Million Euro. Grund für diese positive Entwicklung ist der Zuschauerboom, mehr als 18.000 Zuschauer kamen durchschnittlich in der Vorsaison zu den Heimspielen. Dazu wird der Verein erfolgreich vermarktet. Die Ausnahme von der Regel.