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Fußball-EM in Frankreich
Deutschland überwindet Italien-Trauma

Fußball-Weltmeister Deutschland steht im EM-Halbfinale. Im Viertelfinale der Europameisterschaft in Frankreich gewann das Team von Bundestrainer Joachim Löw in Bordeaux gegen Italien mit 6:5 im Elfmeterschießen. Deutschland hatte zuvor noch nie in der KO-Runde einer Welt- oder Europameisterschaft gegen Italien gewonnen.

02.07.2016
    Jonas Hector vom 1. FC Köln verwandelt den entscheidenden Elfmeter für Deutschland
    Jonas Hector vom 1. FC Köln verwandelt den entscheidenden Elfmeter für Deutschland (picture alliance / dpa / Rungroj Yongrit)
    Jonas Hector erzielte gegen den Angstgegner den entscheidenden Treffer vom Punkt zum 6:5, nachdem Simone Zaza, Thomas Müller, Mesut Özil, Graziano Pellè, Leonardo Bonucci, Bastian Schweinsteiger und Matteo Darmian verschossen hatten. Im neunten Turnierspiel gegen Italien gelang der DFB-Auswahl damit endlich der erste Sieg. Gegner am kommenden Donnerstag in Marseille ist Frankreich oder Island. Dann allerdings fehlt Mats Hummels wegen einer Gelbsperre.
    Spiel von Taktik geprägt
    Nach 90 Minuten und der Verlängerung hatte es 1:1 gestanden. Vor 38.764 Zuschauern in Bordeaux hatte zunächst ein Treffer von Mesut Özil (65. Minute) das Spiel aus seiner taktischen Erstarrung gerissen. Italien aber glich nach einem Handspiel von Jerome Boateng im Strafraum durch Bonuccis Elfmeter aus (78. Minute). Danach waren die Italiener in der regulären Spielzeit näher am Siegtreffer als die deutsche Elf, in der bereits ab der 15. Minute Schweinsteiger den verletzten Sami Khedira ersetzte.
    In der Verlängerung, als beide Mannschaften nicht mehr das letzte Risiko suchten, besaß dann der in der 72. Minute eingewechselte Julian Draxler die beste deutsche Gelegenheit (107. Minute). Nicht weniger als acht Mal hatte Deutschland bei großen Turnieren versucht, Italien zu knacken - achtmal ging es schief, in legendären Duellen wie dem "Jahrhundertspiel" im WM-Halbfinale 1970 oder dem WM-Endspiel 1982. Und zuletzt im EM-Halbfinale 2012, als Bundestrainer Joachim Löw sich mit Toni Kroos als Bewacher von Andrea Pirlo verzockt hatte. Diesmal überraschte er mit einer defensiven Grundeinstellung - aber am Ende ging alles gut.
    Mesut Özil jubelt über seinen Treffer zum 1:0
    Mesut Özil jubelt über seinen Treffer zum 1:0 (picture alliance / dpa / Arne Dedert)
    Die deutsche Mannschaft hatte sich ihre Führung nach zaghaftem Beginn zunächst verdient, sie tat nach der Pause mehr als die Italiener. Der starke Mario Gomez, der das 1:0 eingeleitet hatte, hätte fast per Hacke das 2:0 erzielt (68. Minute), Torhüter Gianluigi Buffon reagierte großartig. Kurz darauf musste Gomez verletzt vom Feld. Er fehlte danach als Anspielstation im Strafraum. Ausgerechnet der bis dahin herausragende Boateng brachte mit einem Missgeschick die Italiener wieder ins Spiel. Bedrängt von Giorgio Chiellini riss er im Strafraum beide Hände nach oben, der Ball flog an seinen rechten Arm, Schiedsrichter Viktor Kassai aus Ungarn entschied zurecht auf Strafstoß. Neuer ahnte die Ecke, doch der Schuss von Bonucci war zu scharf.
    Deutsches Team mit veränderter Aufstellung
    Bundestrainer Löw hatte sich mit einer taktischen Veränderung auf die Italiener eingestellt. Er setzte auf eine Dreierkette in der Abwehr mit Höwedes, Hummels und Boateng. Bei gegnerischem Ballbesitz waren Hector und Kimmich zur Verstärkung der Abwehr eingeplant. Die Folge von Löws Entscheidung war aber, dass ausgerechnet Julian Draxler zu Beginn auf der Bank blieb, der im Spiel gegen die Slowakei geglänzt hatte.
    Der Bundestrainer konnte auf alle Spieler zurückgreifen. Anders der italienische Teamchef Antonio Conte. Er setzte zunächst Mittelfeldspieler Daniele De Rossi auf die Bank, der sich eine Oberschenkelprellung zugezogen hatte. Zudem fehlte Thiago Motta wegen einer Gelbsperre.
    Fans feiern in Deutschland und Frankreich
    Schon Stunden vor dem Anpfiff hatten sich Tausende Fußballfans auf der Berliner Fanmeile am Brandenburger Tor versammelt. An den Sicherheitskontrollen gab es lange Warteschlangen. Ebenfalls in Berlin schaute sich Bundesinnenminister de Maizière die Partie an. Eigentlich wollte er im Stadion sitzen, aber seine Maschine konnte aus technischen Gründen nicht starten, wie sein Ministerium mitteilte. Auch unter dem Eiffelturm in Paris versammelten sich Zehntausende Fußballfans, darunter mehrere tausend Deutsche und Italiener. Am Spielort Bordeaux zogen vor Spielbeginn deutsche und italienische Fans lautstark aber friedlich zum Stade Matmut-Atlantique.
    (adi/tzi)