
Mit dem Tuk-Tuk zum Stadion - in Indien gehört das zum Fußballerlebnis dazu. Die Straßen um die großen Arenen sind, wie hier in der Stadt Guwahati, vor Anpfiff völlig verstopft. Im Stadion dann eine Mischung aus Bollywood-Film und Volksfest: „Come on India, let's football" – die offizielle Hymne der neuen „Hero Super League" reißt die Fans von ihren Sitzen.
Wenn auch nicht besonders gut, Fußball gespielt wird natürlich auch in Indiens neuer Liga der großen, alten Namen – Del Piero, Anelka, Materazzi, Freddie Ljungberg, Luis Garcia – sie und zahlreiche andere Ex-Weltstars sind dem Lockruf des indischen Multi-Milliardärs Mukesh Ambani und anderer reicher Investoren auf den Subkontinent gefolgt, um den Fußball in Indien zu dem zu machen, was er anderswo auf der Welt schon lange ist: Ein richtig dickes Geschäft.
„Ich bin hier wegen meiner Fußball-Leidenschaft, ich bin hier für die Menschen in Indien, aber ich bin natürlich auch wegen des Geldes hier", sagt der französische Welt- und Europameister Robert Pirès.
Immerhin schon 40 Jahre alt, spielt er für den FC Goa an der indischen Westküste, einen der nur acht neuen Franchise-Clubs, die bis kurz vor Weihnachten den Sieger der Superliga ermitteln werden. Laut Zeitungsberichten wird Pirès in weniger als 3 Monaten so mehr als 500.000 Euro verdienen. Alessandro Del Piero soll angeblich sogar fast 1,5 Millionen Euro mit nach Italien nehmen.
Wann bzw. ob die Super League angesichts dieser Ausgaben überhaupt einmal Gewinn einspielen wird, bleibt abzuwarten. Professionelle Rahmenbedingungen und eine gewachsene Fußballkultur fehlten bislang in Indien. Die Nationalmannschaft des zweitbevölkerungsreichsten Landes der Erde steht auf Platz 158 der Weltrangliste. „Einen schlafenden Riesen" nennt FIFA-Boss Blatter Indien und verweist auf riesiges Potenzial sowie das generelle Interesse der Inder am Fußball. Und ja, die Stadien der neuen Liga sind gut gefüllt, in Kalkutta etwa sind es regelmäßig fast 70.000 Fans. Auch der Fußball-Fernsehmarkt boome, sagt John Abraham, Bollywood-Star, und Inhaber des Teams Northeast United.
„Die Liga wird 250-300 Millionen TV-Zuschauer erreichen – nicht schlecht für ein Land mit 1,2 Milliarden Einwohnern". Ja, Fußball in Indien, das werde „richtig groß", sagt er. In „spätestens 3-5 Jahren" sei es soweit.
Und die alten Helden aus Europa? Die scheinen sich angefreundet zu haben mit ihrer Rolle als gut bezahlte Manegenstars im indischen Fußball-Zirkus. Der einzige deutsche Spieler im Land ist Manuel Friedrich, ehemals Bayer Leverkusen und Borussia Dortmund.
„Alles in allem ist es eine Riesenerfahrung, ein Riesenabenteuer, genauso wie ich es wollte, echt spannend. Es macht einen Riesen-Spaß."
Kein riesiger Spaß ist das Leben im 20-Millionen-Moloch Mumbai. Die ausländischen Fußballstars gehen nur ungerne vor die Tür ihres Luxushotels. Manuel Friedrich, der anders als seine prominenten Mitspieler Nicolas Anelka und Freddie Ljungberg kaum auf der Straße erkannt wird, ist da eine Ausnahme. Er sei sogar schon, erzählt er, mit Mumbais berühmt-berüchtigten Vorort-Zügen gefahren.
„Ich bin da natürlich auch jemand, der draußen hängt und wenn der erste Laternenpfahl kommt, dann ziehen alle kollektiv die Köpfe ein. Das ist auf jeden Fall ein Erlebnis, das man mal gemacht haben muss."
Am Abend geht es aber dann doch mit dem klimatisierten Mannschaftsbus ins Stadion vom Mumbai City FC. Dort werden Friedrich und Teamkollegen gefeiert. Ja, die spielerische Qualität auf dem Rasen lässt zu wünschen übrig, doch das scheint die vielen Fans bisher noch wenig zu stören. Zu groß ist die neue Fußball-Euphorie in Indien.