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Fußball-Partnerschaften
Wie Kooperationen in der Bundesliga funktionieren

Nach der Bundesligasaison geht die Arbeit für die Vereinsverantwortlichen weiter: Sie planen die neue Spielzeit, verhandeln Vertragsverlängerungen und schauen sich nach Neuzugängen um. Vielleicht verpflichtet manch einer auch einen Spieler von einem Kooperationsverein.

Von Kevin Barth | 30.05.2021
Sportler-Trinkflaschen in einem Halter mit dem Aufdruck "Red Bull Salzburg" stehen auf einem Fußballplatz
Eine der bekanntesten Fußball-Partnerschaften: RB Salzburg ist der Schwesternverein von RB Leipzig (imago / GEPA pictures)
Der VfL Wolfsburg meldet ab der kommenden Saison seine zweite Mannschaft aus dem Spielbetrieb in der Regionalliga Nord ab. In den vergangenen Jahren haben zu wenige Spieler den Sprung in die Bundesliga geschafft. Kosten und Nutzen sind nicht mehr im Einklang. Stattdessen hat der VfL eine enge Kooperation mit dem österreichischen Erstliga-Absteiger SKN St. Pölten vereinbart. Sie ist zunächst auf vier Jahre ausgelegt.
Der Plan: Wolfsburg schickt vielversprechende Nachwuchsspieler nach St. Pölten und unterstützt die Österreicher finanziell. Dort sammeln die Spieler Erfahrungen auf höherem Niveau als in der Regionalliga und kehren dann zum VfL zurück. Es gehe aber nicht nur um Leihen von Spielern, die bereits in Wolfsburg spielen, erklärt St. Pöltens General Manager Andreas Blumauer
"Es geht aber auch darum, wenn sie gute Talente sehen, beispielsweise in Afrika, aus dem Afrika-Cup, oder aus Südamerika, wie auch immer, dass sie die zuerst bei uns parken, wir die Spieler integrieren, weiterentwickeln, bis sie dann auf dem Sprung zum VfL Wolfsburg sind."

"Kleiner" Klub wird interessanter

In den Bereichen Marketing, Trainingssteuerung und Digitalisierung soll es ebenfalls einen Austausch geben. Dadurch möchte St. Pölten in Zukunft auch für Talente aus dem eigenen Land interessanter sein, die wiederum dann in Wolfsburg landen könnten. Laut Andreas Blumauer soll die Kooperation zunächst langsam beginnen.
"Wir haben uns jetzt mal darauf geeinigt, dass zwei bis vier Spieler kommen sollen. Da ist schon bei uns geplant gewesen, dass wir natürlich einige Positionen neu besetzen müssen und da wird es dann Anfang Juni ein längeres Meeting geben zwischen den Verantwortlichen von unserem Verein und den Verantwortlichen vom VfL Wolfsburg. Wo wir schauen, welche Spieler geeignet wären, dass sie nach Österreich kommen."
Der Qualitätsunterschied zwischen den beiden Mannschaften soll stetig kleiner werden. Langfristig möchten sich die Niederösterreicher für internationale Wettbewerbe qualifizieren.

SC Freiburg schaut in der Region

Kooperationen wie diese sind in der Bundesliga kein Einzelfall. Bayern München pflegt schon länger eine Zusammenarbeit mit dem FC Dallas in den USA. Bayer Leverkusen kooperiert mit dem japanischen Zweitligisten Nagasaki, tritt dabei aber eher als Dienstleister auf. Nagasaki erhält Informationen über die Leverkusener Ausbildung und den Trainingsbetrieb und vergütet das entsprechend.
Die Mehrzahl der Bundesligisten hat deutlich kleinere Partnervereine im direkten Umland. Der SC Freiburg kooperiert im Nachwuchs mit insgesamt sechs Vereinen. Über diesen Weg haben es zum Beispiel Ömer Toprak und Jonathan Schmid zu den Profis geschafft. Bereichsleiter Ralf Eckert ist dabei eine gewisse Bodenständigkeit wichtig. "Es geht eigentlich darum, die Talente zu entwickeln, natürlich auch zu kennen und dann die Region stärken. Wenn wir vom Gefühl her die Breite wirklich stark entwickeln, wird automatisch die Spitze auch größer."
In jedem Partnerverein arbeitet ein vom SC Freiburg angestellter Kooperationstrainer. Der ist vor allem für Spieler zwischen zehn und 14 Jahren zuständig. "Wir haben in jedem Kooperationsverein eine Fördergruppe, wo wir die Jungs das Gefühl haben: Oh, die haben was, oder da ist es wichtig, dass man die wöchentlich unterstützt, aber entspannt. Natürlich schon, dass sie sich entwickeln, aber ohne Druck. Das ist so ein bisschen unser Ziel: Wenn die Kinder selber entscheiden und entspannt sind, explodieren sie in ihrem Hobby eher."

Auch der "kleinere" Verein profitiert

Ein ähnliches Modell betreibt Borussia Mönchengladbach, allerdings ohne Kooperationstrainer. Dafür können die Trainer der Partnervereine beim Bundesligisten hospitieren. Auch der Austausch beim Scouting ist sehr intensiv. Die Partnervereine melden hoffnungsvolle Talente sowohl aus den eigenen Reihen als auch von Vereinen aus dem Umland.
Auf der anderen Seite vermittelt auch Mönchengladbach Spieler an die Kooperationsvereine weiter, die vielleicht nicht ganz ins eigene ambitionierte Profil passen. Unter anderem findet eine Zusammenarbeit mit dem SC Kappellen-Erft statt. Zu den Profis hat es von dort zwar noch keiner geschafft, aber aktuell befinden sich fünf Spieler des Landesligisten im Nachwuchs der Borussia. Geschäftsführer Ralf Stübben macht deutlich, dass bei einer Kooperation nicht nur der Profiverein als Gewinner hervorgeht.
"Wir wären ja super stolz, wenn wir in der Landesliga bleiben, aber trotzdem zwei Spieler von uns im Borussia-Profikader wären. Die andere Seite der Medaille ist, dass wir natürlich auch unheimlich viel Zulauf aus der Umgebung haben, weil die Leute sich über uns natürlich bei Borussia profilieren wollen. Der Borussia-Scout ist ja oft auf unserer Anlage. Das, was wir abgeben an Borussia vielleicht, das kriegen wir natürlich aus unseren Nachbardörfern an Zuwachs auch hinzu."