Gewiss, auch Vladimir Nabokov hat, wie er in seiner Autobiographie "Erinnerung sprich" schrieb, jener "edlen Kunst" gefrönt, die für ihn "immer von der Aura eines beispiellosen Glanzes umgeben" war. Mit anderen Worten, auch Vladimir Nabokov hat Fußball gespielt. Viele Jahre lang wirkte der Exilant als Torwart in einer russischen Mannschaft in Berlin, kickte auch während seiner Zeit in Cambridge und sinnierte darüber in seinen Memoiren: "Ich war weniger Hüter eines Fußballtores als Hüter eines Geheimnisses." Während er "mit verschränkten Armen" am linken Torpfosten lehnte, verfasste Nabokov Verse, - aber nicht, wie man vermuten könnte, über das der Dichtung ach so ferne Fußballspiel. Genau das aber – Verse über das Fußballspiel – gibt es jetzt. Von acht deutschen Schriftstellern, darunter Ilse Aichinger und Robert Gernhardt, Gedichte, die, wie der Fußball-Fan und –Fachmann Rainer Moritz vom Hamburger Literaturhaus erklärt, sich an fünf "Philosophemen" orientieren. Philosopheme?
"Philosopheme des Fußballs, als Anreiz sozusagen, als Gedankenspiel, Material, Sie werden sie auch unschwer in den Gedichten teilweise wiedererkennen, "Das nächste Spiel ist immer das Schwerste, "Nach dem Spiel ist vor dem Spiel", "Der Ball ist rund", "Ein Spiel dauert neunzig Minuten" und "Die Wahrheit liegt auf dem Platz"."
Letzterer Satz übrigens angeblich eine alte Weisheit, die direkt aus Hellas vom Neugriechen Rehakles alias Otto Rehhagel auf uns gekommen ist. Wie das nun klingt, wenn sich deutschsprachige Dichter, von denen man bisher annehmen durfte, das sie keine größere Nähe zum Fußball besäßen, bemühen, dem Leder ein Loblied zu singen, das demonstriert unter anderem die an der Lyra hocherfahrene Berliner Poetin Ulrike Draesner.
"Ja, ich habe den Satz "Nach dem Spiel ist vor dem Spiel" als meinen Satz gewählt. "Nach dem Spiel ist vor dem Spiel - jedes tor will toren gehen / jedes spiel sein ende sehen / schaumermal pflatscht längst dahin / netzer bleibt der hauptgewinn / weht das haar dellt der ball / kommt es schon, das nächste mal."
Nicht überzeugt? Wie denn auch. Schon Peter Handke scheiterte, als er "Die Aufstellung des 1. FC Nürnberg vom 27.1.1968" zum Gedicht machte, ihm aber bei der Mannschaftsauflistung - genauer: beim Namen des linken Verteidigers ein peinlicher Fehler unterlief. Wahrscheinlich, weil die Fußball-Poesie sich der gerne mal grammatikalisch etwas ungelenken Fußballer-Sprache annimmt – wir denken da an Horst Hrubesch, der das Spiel noch mal Paroli laufen lassen wollte – reimt der Schweizer Urs Widmer in seinem "Gebet", das die deutsche Nationalmannschaft per "Zauberbeschwörung zum Sieg peitschen" soll, jetzt reichlich unbeholfen Solches.
" Oh Kahn, geh nicht unter / Oh Ballack bleib rund! / Kuranyi! Sei munter! / Oh Klose bleib gsund! Oh Becken werd Bauer! / Oh Klins sei ein Mann! / Seid lustig nicht sauer / und tut was ihr kann!"
Stolz sind fünf deutsche Literaturhäuser auf diese Verse, und plakatieren sie großflächig, während mancher sie bloß blöd anbiedernd finden mag und fragen wird: Ist nicht jede "Ode an Kahn" hoffnungslos veraltet? Wo sind die Hymnen auf Lehmann, auf Hildebrand? Wo wird da ein Lukas Podolski gefeiert, wo ein Sebastian Schweinsteiger? Fehlte ja nur noch, dass Rolf Hochhuth ein Hoch auf Robert Huth ausbringt – nein? Von den Gedichten, die die Nobelpreisträger Elfriede Jelinek und Günter Grass exklusiv beisteuerten zu dieser verqueren Fußballpoesie-Aktion, wollen wir höflich schweigen. Das sind nicht Sport-, das sind Spottstücke, zum Lachen, besser: weinen. Poetisch alles andere als eine Glanzparade. Und auch Franzobels Versuche über Toni Polster oder David Beckham wirken doch arg bemüht, genauso wie die nicht wirklich lustige Erklärung, die der Dichter Franz Stefan Griebel für sein Pseudonym bereithält.
" Also, Franzobel, weil ich das oft gefragt werde, ist natürlich entstanden als das Abbild des Ergebnisses eines Fußballspiels, Frankreich, also FRAN zwo zu null gegen Belgien… vielleicht. "
Hilft alles nichts. Wer Fußball-Lyrik schreibt, der steht von vornherein im Abseits.
"Philosopheme des Fußballs, als Anreiz sozusagen, als Gedankenspiel, Material, Sie werden sie auch unschwer in den Gedichten teilweise wiedererkennen, "Das nächste Spiel ist immer das Schwerste, "Nach dem Spiel ist vor dem Spiel", "Der Ball ist rund", "Ein Spiel dauert neunzig Minuten" und "Die Wahrheit liegt auf dem Platz"."
Letzterer Satz übrigens angeblich eine alte Weisheit, die direkt aus Hellas vom Neugriechen Rehakles alias Otto Rehhagel auf uns gekommen ist. Wie das nun klingt, wenn sich deutschsprachige Dichter, von denen man bisher annehmen durfte, das sie keine größere Nähe zum Fußball besäßen, bemühen, dem Leder ein Loblied zu singen, das demonstriert unter anderem die an der Lyra hocherfahrene Berliner Poetin Ulrike Draesner.
"Ja, ich habe den Satz "Nach dem Spiel ist vor dem Spiel" als meinen Satz gewählt. "Nach dem Spiel ist vor dem Spiel - jedes tor will toren gehen / jedes spiel sein ende sehen / schaumermal pflatscht längst dahin / netzer bleibt der hauptgewinn / weht das haar dellt der ball / kommt es schon, das nächste mal."
Nicht überzeugt? Wie denn auch. Schon Peter Handke scheiterte, als er "Die Aufstellung des 1. FC Nürnberg vom 27.1.1968" zum Gedicht machte, ihm aber bei der Mannschaftsauflistung - genauer: beim Namen des linken Verteidigers ein peinlicher Fehler unterlief. Wahrscheinlich, weil die Fußball-Poesie sich der gerne mal grammatikalisch etwas ungelenken Fußballer-Sprache annimmt – wir denken da an Horst Hrubesch, der das Spiel noch mal Paroli laufen lassen wollte – reimt der Schweizer Urs Widmer in seinem "Gebet", das die deutsche Nationalmannschaft per "Zauberbeschwörung zum Sieg peitschen" soll, jetzt reichlich unbeholfen Solches.
" Oh Kahn, geh nicht unter / Oh Ballack bleib rund! / Kuranyi! Sei munter! / Oh Klose bleib gsund! Oh Becken werd Bauer! / Oh Klins sei ein Mann! / Seid lustig nicht sauer / und tut was ihr kann!"
Stolz sind fünf deutsche Literaturhäuser auf diese Verse, und plakatieren sie großflächig, während mancher sie bloß blöd anbiedernd finden mag und fragen wird: Ist nicht jede "Ode an Kahn" hoffnungslos veraltet? Wo sind die Hymnen auf Lehmann, auf Hildebrand? Wo wird da ein Lukas Podolski gefeiert, wo ein Sebastian Schweinsteiger? Fehlte ja nur noch, dass Rolf Hochhuth ein Hoch auf Robert Huth ausbringt – nein? Von den Gedichten, die die Nobelpreisträger Elfriede Jelinek und Günter Grass exklusiv beisteuerten zu dieser verqueren Fußballpoesie-Aktion, wollen wir höflich schweigen. Das sind nicht Sport-, das sind Spottstücke, zum Lachen, besser: weinen. Poetisch alles andere als eine Glanzparade. Und auch Franzobels Versuche über Toni Polster oder David Beckham wirken doch arg bemüht, genauso wie die nicht wirklich lustige Erklärung, die der Dichter Franz Stefan Griebel für sein Pseudonym bereithält.
" Also, Franzobel, weil ich das oft gefragt werde, ist natürlich entstanden als das Abbild des Ergebnisses eines Fußballspiels, Frankreich, also FRAN zwo zu null gegen Belgien… vielleicht. "
Hilft alles nichts. Wer Fußball-Lyrik schreibt, der steht von vornherein im Abseits.