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Fußball Spenden
Second Fan Shirt

Ende des Jahres geht eine ungewöhnliche Sammelaktion zu Ende. Seit Oktober spenden Fußballfans deutschlandweit alte Trikots, Schals oder andere Fanartikel. Die Erlöse sollen Flüchtlingsinitiativen zu Gute kommen.

Von Thorsten Poppe | 20.12.2014
    "Ja, hi. Ich wollte mein Trikot abgeben für die Second Fan Shirt Kampagne. "
    "Was haste uns denn Schönes mitgebracht?"
    "Ja es ist ein Englandtrikot mit Autogrammen von der damaligen Nationalmannschaft von 2009. Als ich Eintrittskarten für ein Englandspiel gekauft haben, da hab ich das Trikot gewonnen."
    "Ja super. Danke, freuen wir uns, kommt in die Sammelbox, leiten wir dann weiter."
    So wie hier in Köln gerade zwischen Fan John und Ultra Jan von der Coloniacs passiert es zurzeit tausendfach an und in Deutschlands Stadien. Fußballanhänger bringen ihre alten Fanutensilien als Spende vorbei. Egal ob Trikot, Schal oder alte Eintrittskarten, alles wird in große Wäschetonnen geschmissen. Glücklicherweise nicht weg, sondern als Spende für den großen Flüchtlingsstrom, der Deutschland dieses Jahr erfasst hat. Fast alle Stücke sind dabei mit persönlichen Erlebnissen an ein Spiel oder einen Wettbewerb im Fußball verbunden. Deshalb ist die Spende auch nicht nur eine einfache Gabe, sondern viel mehr. Schließlich geht damit eben auch ein Stück Erinnerung für immer weg.
    So wie jetzt eben bei John mit seinem Nationaltrikot Englands, der aber davon überzeugt ist, das Richtige zu tun.
    "Ja weil es eine gute Kampagne ist, und ich denke, dass man dafür vielleicht auch noch was kriegt. Und es da besser aufgehoben ist, als in meinem Kleiderschrank."
    Genau darauf setzen auch die Macher mit ihrer Idee. Obwohl, wie sie freimütig im Gespräch zugeben, diese keine eigene Erfindung ist. Sondern übernommen von der Aktion "Second Band Shirt", wo eben Musikfans ihre Erinnerungsstücke mit Sammlerwert spenden. Das müsste doch auch bei Fußballfans funktionieren, dachte sich das Bündnis aktiver Fußballfans (BAFF). Und hat seit Oktober bis Ende des Jahres damit begonnen, in ganz Deutschland nicht mehr benötigte Fanartikel zu sammeln, die für andere Anhänger noch einen Wert haben könnte. Und auf einmal ging es los. Von Neumünster bis Freiburg, von Aachen bis nach Leipzig, über alle Fangrenzen hinweg. Für Martin Endemann von dem BAFF keine allzu große Überraschung.
    "Ja, es hat uns nicht überrascht, dass da so ein guter Rücklauf ist. Fans haben schon immer punktuell zusammengearbeitet. Gerade Ultra-Gruppen, die auch sonst sehr sozial engagiert sind. Zum Beispiel durch Sammlungen für Obdachlosenheime, Kleidersammlungen und ähnliches. Was uns natürlich schon sehr überrascht hat, ist die große Zahl an Fangruppen, die da jetzt auch mitmachen. Es wird in über 20 Städte gesammelt, von 25 Fangruppen im Moment. Aber ist es wirklich vereinsübergreifend, von ganz vielen Vereinen mit denen wir teilweise auch noch nicht so richtig viel zu tun hatten. Von der ersten bis zur achten Liga!"
    Wer auf der Facebook Seite der Kampagne die Fotos von den Sammelaktionen an den einzelnen Stadien klickt, ist überrascht von der Vielfalt der eingebrachten Spenden. Allein bei den Trikots findet sich die ganze Fußballwelt wieder. Und eben nicht nur der heimische Fußballverein. Abgesehen davon, dass das Engagement der Fans mittlerweile auch die Vereine angesteckt hat.
    Schalke 04, Borussia Dortmund und auch der 1. FC Köln haben sich schon mit unterschriebenen Trikots an der Aktion beteiligt. Für Jan von der Ultra-gruppierung Coloniacs aus Köln ist diese Trikotvielfalt geradezu sinnbildlich für die Vielfalt der Menschen, die zu uns gerade ins Land strömen. Dennoch ist er eben gerade davon mehr als überrascht, obwohl er mit dem Erfolg von Second Fan Shirt wegen der hohen Spendenbereitschaft von Fußballfans gerechnet hatte:
    "Ich habe halt gedacht, hier kommen halt nur so FC-Sachen zusammen. Aber nein, jetzt haben wir ja heute auch das Englandtrikot. Das ist so eine ganz bunte Mischung. Ich denke, dass ist halt eine Aktion, die an sich nicht Aufwand erfordert. Also lokal stellt man einfach die Sammelbox auf, macht ein bisschen Werbung, kündigt das an, dass man Spenden sammelt. Und dann sehen das die Leute, und denken vielleicht auch, ich habe hier noch ein zwei, drei Sachen, die habe ich seit drei Jahren nicht mehr angehabt, aber die sind doch noch ganz gut in Schuss. Und dann geben die die hier ab."
    Auch wenn für ihn als Spendeneinsammler die Arbeit schon bald getan ist, geht sie für die Initiatoren vom Bündnis aktiver Fußballfans erst richtig los. Über ebay werden die Trikots mit Sammlerwert versteigert. So sollen mehrere tausend Euro zusammenkommen. Erste Testläufe haben alle sehr positiv gestimmt, so steht das signierte FC-Trikot mittlerweile schon bei über 50 Euro. Weit vor Auktionsschluss. Ein Schal von Zenit St. Petersburg hat allein 20 Euro eingebracht.
    Das Geld soll dann zu 100 Prozent in Initiativen fließen, in denen beispielsweise geflüchtete Menschen Fußball spielen und damit zumindest für ein paar Stunden ihren Sorgen entfliehen und besser in unserer Gesellschaft integriert werden können.