
Das wichtigste Fußball-Videospiel ist erst seit ein paar Tagen auf dem Markt: Seit Anfang Oktober kann man "FIFA 22" von dem Spiele-Entwickler Electronic Arts, kurz EA, spielen. Fast alle bekannten Clubs und Ligen der Welt sind dabei, dazu die selbst zusammengestellten "FIFA Ultimate Teams", für die man virtuelle Spieler mit echtem Geld kaufen kann.
Die Influencer machen in den sozialen Medien reichlich Werbung und stellen Livestreams von den ersten gespielten Partien online. Es läuft also für EA, die neue Ausgabe der Fußball-Simulation scheint wieder einmal der erwartete Erfolg zu werden.
Ein Erfolg, der ohne die Lizenz des Fußball-Weltverbandes, den Namen "FIFA" für das Spiel nutzen zu dürfen, wahrscheinlich nicht denkbar wäre, wie Felix Falk sagt. Er ist Vorsitzender des Verbandes der Deutschen Game Branche: "Wenn man es besonders authentisch haben will, dann ist natürlich auch eine Lizenz notwendig. Und das sehen wir gerade bei einigen auch der erfolgreichsten Games, die auch Lizenzspiele sind. Also 'FIFA', beispielsweise. 'Madden NFL', die in Nordamerika gerade eine Rolle spielen. Formel 1, Golf so etwas. Und die Spiele werden dann auch mit den Lizenzen besonders erfolgreich."
"Namensvereinbarung mit der FIFA unter die Lupe nehmen"
Doch jetzt macht eine Ankündigung des Chefs von EA Sports, der Sportabteilung von EA, die Runde. Cam Weber kündigt darin an, die Fußball-Simulation neu auszurichten: "Während wir unseren Fokus erneut auf die Zukunft richten, wägen wir auch die Möglichkeiten ab, die EA SPORTS-Fußballspiele mit einem neuen Namen zu versehen. Zu diesem Zweck müssen wir unsere Namensrechtvereinbarungen mit der FIFA unter die Lupe nehmen."
Das Spiel könnte also in Zukunft nicht mehr "FIFA" heißen. Durchaus ein Risiko, sagt Lutz Anderie: "Die Marke, ist extrem wichtig für den Erfolg vom Produkt von EA. Das gilt für alle Markenartikel, natürlich auch für Games."
Anderie ist Professor für Wirtschaftsinformatik an der Frankfurt University of Applied Sciences, mit einem Schwerpunkt auf Games und E-Commerce. EA habe mit der "FIFA"-Serie zwar die mit Abstand beste Fußball-Simulation am Markt, "aber wir wissen auch, die Gamer legen Wert auf sehr große Genauigkeit. Und dazu gehört nun auch mal der Markenname. Das zieht sich dann weiter, über die Spieler, die gespielt werden können, aber die Marke als solche ist schon sehr, sehr wichtig und entscheidend für den Erfolg."
Lizenz für das Spiel selbst nicht wichtig
Der Vertrag mit der FIFA ist dabei nur ein Baustein. EA betont, dass davon Verträge mit anderen Lizenzgebern nicht betroffen seien. Insgesamt besitze man mehr als 300 Lizenzen, für Ligen, Vereine, Stadien. Im Spiel würde man das Fehlen einer FIFA-Lizenz also kaum merken, sagt Dieter Frey.
Er ist Anwalt für Medien- und Lizenzrecht und beschäftigt sich seit Jahren mit eSports. Lediglich eine WM-Simulation dürfte EA ohne entsprechende Lizenz nicht durchführen: "Die WM selber ist nur alle vier Jahre eine relevante Größe und ein Verkaufsargument für eine neue Version. Während über das Jahr die Wettbewerber wie die Bundesliga, wie die spanische La Liga. Das sind die spannenden europäischen Wettbewerbe. Oder wie Champions League, die in einem solchen Spiel vertreten sein müssen."
Name als Identifikationsfaktor sinnvoll
Wichtiger ist für Frey, dass der Name "FIFA" ohne Lizenz verloren gehen würde: "Der große Erfolg des 'FIFA'-Fußball-Spiels hat gezeigt, dass so ein großer Name als Identifikationsfaktor durchaus sinnvoll sein kann."
Und trotzdem spielt EA jetzt öffentlich mit dem Gedanken, das Spiel umzubenennen. Aber, so scheint es, nicht ganz freiwillig. Denn laut New York Times geht es, wie so oft im Fußball um ganz viel Geld. Den Recherchen der Zeitung nach fordert die FIFA von EA für die Lizenzrechte pro WM-Zyklus, sprich über vier Jahre hinweg, mehr als eine Milliarde US-Dollar. Pro Jahr wären das mehr als 250 Millionen Dollar. Bisher, so wird vermutet, liegt der Betrag maximal halb so hoch. Für die FIFA ist es der größte Werbevertrag mit einem einzelnen Unternehmen, der, so scheint es, nach ihrem Willen noch ein bisschen größer werden soll.
"Eine Milliarde pro WM-Zyklus ist eine sehr stolze Summe, und das muss man erst mal refinanzieren", versteht Anwalt Frey die EA-Zweifel: "Es kommt ja jedes Jahr ein neue eine neue Version von 'FIFA' auf den Markt und 'FIFA' ist das erfolgreichste, bekannteste und am weitesten verbreitete Spiel in diesem Bereich. Allerdings: Eine Milliarde Euro, oder eher eine Milliarde Dollar. Aber wie auch immer, beides wäre eine Zahl die sehr hoch ist."
Derzeit kostet das Spiel im Handel rund 70 Euro. Und mit sogenannten Mikrotransaktionen für Spieler des eigenen "Ultimate Teams" hat EA im vergangenen Jahr rund 1,7 Milliarden Dollar umgesetzt.
FIFA will auch in Zukunft auf eSport setzen
Aber auch für die FIFA ist der Deal mit EA wichtig, um die Zielgruppe der Gamer an das Produkt Fußball heranzuführen, sagt Felix Falk: "Die Werbewirkung von Lizenzen strahlt natürlich immer in zwei Richtungen. Und so bekommen einerseits Games natürlich Aufmerksamkeit der Sportfans, die sich dann für die Games interessieren. Aber auch die Sportarten erreichen natürlich neue Zielgruppen einfach über diese große Gruppe an Gamerinnen und Gamern. Sofern ist, glaube ich, die Werbewirkung und einfach der Mehrwert für beide Seiten sehr hoch."
Wie wichtig das Spiel auch für die FIFA selbst ist, zeigt sich bei den jährlichen vom Weltfußballverband ausgerichteten e-Meisterschaften in denen der beste Videospieler der Welt gesucht wird. Und die FIFA will auch in Zukunft auf Videospiele setzen.
Und das nicht nur mit EA, wie der Verband am Freitag in einer Mitteilung schreibt: "Die FIFA ist optimistisch und freut sich auf die Zukunft von Gaming und Fußball-eSports. Und es ist klar, dass dies ein Bereich sein muss, der von mehr als einer Partei besetzt wird, die alle Rechte kontrolliert."
Neue Marke schon registriert
Partner auf dem Niveau von EA sind allerdings nicht leicht zu finden. Trotzdem, so stellt es Lutz Anderie klar, ist das Risiko des Lizenzverlustes für EA größer als für die FIFA: "Natürlich ergeben sich immer irgendwelche Transfers von Marken in beide Richtungen. Die FIFA ist jetzt ja auch keine uneingeschränkt positive Marke mehr. Aber im Hinblick auf die Vermarktung des lizensierten Computerspiels 'FIFA' von EA ist es einfach der Brandname, der Markenname."
Noch laufen die Verhandlungen zwischen den Parteien, der aktuelle Lizenzvertrag gilt bis Ende 2022. Es kann also auch sein, dass EA mit seinem öffentlichen Statement den Druck auf die FIFA erhören möchte.
"Die Vermutung, dass beide Seiten, noch aufeinander zugehen und doch eine Einigung erzielen, sehe ich nicht als unwahrscheinlich", sagt Anwalt Dieter Frey. Für den Fall, dass es keine Einigung gibt, hat sich EA aber schon einmal einen neuen Markennamen gesichert: "EA Sports Football Club". Und der Konzern hätte dann ja durchaus auch Geld übrig, mit lnfluencern und Spielern auf der ganzen Welt diesen Namen ordentlich zu bewerben.