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Fußball-Wettskandal
Der WM-Held, die UEFA und der Wettbetrüger

Böse FIFA, gute UEFA. Dieses, auch vom europäischen Fußballverband kultivierte, Bild bekommt Risse: Einer der ranghöchsten und bekanntesten UEFA-Funktionäre, Davor Suker, hatte offenbar enge Kontakte zu dem verurteilten Wettpaten Ante Sapina - und der Verband wusste wohl davon.

Von Benjamin Best | 26.06.2015
    Der frühere Fußball-Profi und Mitglied des UEFA-Exekutivkomitees Davor Suker.
    Der frühere Fußball-Profi und Mitglied des UEFA-Exekutivkomitees Davor Suker. (pa/dpa)
    "Und sie kommen schon wieder, über die linke Seite, sind schon wieder im Strafraum vor Andreas Köpke. Suker ist es, der schießt und dann ist das 3:0 da. 3:0 für Kroatienund nun ist das ganze natürlich für die deutsche Fußball-Nationalmannschaft eine Demütigung."
    WM-Viertelfinale 1998. Davor Suker besiegelt das Aus für Deutschland. Kroatien kommt ins Halbfinale, wird am Ende Dritter. Und Suker: WM-Torschützenkönig. Ein Nationalheld, für den es auch nach seiner Spielerlaufbahn nach oben geht - auf der Funktionärsleiter. Er ist Präsident des kroatischen Fußballverbandes und seit neuestem Mitglied im Exekutivkomitee der UEFA. Doch das könnte dem Europäischen Fußballverband Ärger bereiten. Denn in Sukers scheinbar makelloser Bilderbuchkarriere könnte es dunkle Schatten geben, was auch der UEFA-Zentrale bekannt sein dürfte. Es geht um den Fußballwettskandal von 2009.
    Der ARD liegen die damaligen Ermittlungsunterlagen der Bochumer Staatsanwaltschaft gegen den mittlerweile verurteilten Wettbetrüger Ante Sapina vor, und die zeigen: Es soll engen Kontakt zwischen Suker und Sapina gegeben haben. Dokumentiert durch zahlreiche abgehörte Telefonate und SMS-Verkehr. Die Ermittler schrieben damals:
    "Ferner ist zu erkennen, dass die Bande um Sapina auch Kontakte zu Davor Suker unterhält und dieser von Sapina als Strohmann zur Platzierung von Wetten genutzt wird."
    Nach Ansicht der Behörden sollte Suker für Sapina auf mindestens drei Partien Wetten platzieren. Dabei handelte es sich offenbar um ein Champions League- und zwei Europa League-Spiele.
    Außerdem gab der kroatische Wettbetrüger seinen Landsmann auch den Tipp auf ein weiteres Spiel, das manipuliert werden sollte - so die Ermittlungsergebnisse von damals:
    "Sapina informierte Davor Suker und gab ihm den Hinweis, er solle auf die Partie (von) Siroki setzen."
    Zwar war Suker im Bochumer Verfahren weder Beschuldigter noch Zeuge. Darauf verweist auch der Europäische Fußballverband in seiner Stellungnahme gegenüber der ARD. Aber: Die UEFA ist selbst in Besitz der Ermittlungsakten und gibt an, in voller Kenntnis über deren Inhalt zu sein - demnach auch über die Hinweise zu Sukers Kontakten. Dass der Kroate dennoch einen der höchsten Posten im europäischen Fußball bekleidet - für die UEFA offenbar kein Problem. Sehr bedenklich, findet Sylvia Schenk von Transparency International.
    "Wenn Davor Suker in der Anklageschrift gegen Ante Sapina und andere erwähnt wird, als einer der möglicherweise von den Manipulationen profitiert hat, dann sollte die UEFA bevor so jemand in das Exekutivkomitee gewählt wird, sich das genauer anschauen und zumindest eine Untersuchung einleiten."
    In ihren eigenen Statuten wertet es die UEFA schon als Regelverstoß, wenn nicht "unverzüglich und unaufgefordert" Kontakte zu Wettbetrügern gemeldet werden.
    Suker selbst reagierte einsilbig auf Nachfragen zu seinen früheren Kontakten zu Sapina: "Alles nicht wahr", ließ er über seinen Sprecher ausrichten.