Bei den großen Höhenpunkten wie dem Pokalfinale diese Woche sind die Stadien in Deutschland voll und es herrscht Fußballfestatmosphäre. Das beeindruckt auch ausländische Spielerinnen wie Bayerns Kapitänin Gloðis Viggosdóttir:
„Es ist so fantastisch 44.000 im Stadion, das ist unglaublich, Fans, die die ganze Zeit singen, eine tolle Atmosphäre und es ist ein cooler Ort hier zu spielen.“
Auch bei den Länderspielen der Nationalelf sind die Stadion voll. Die Vermarktung läuft, mit Google Pixel wurde ein Premiumsponsor sowohl für die Nationalmannschaft als auch die Bundesliga gewonnen. Die Bewerbung mit den Niederlanden und Belgien betont das Thema Nachhaltigkeit und ist im Gegensatz zur brasilianischen Bewerbung gedacht als eine WM der kurzen Wege.
Die Idee soll sein Frauenfußball auf ein neues Level zu heben, ausgedrückt in dem Slogan BNG - Breaking New Ground in Anspielung auf die englischen Anfangsbuchstaben der drei Länder
Bessere Evaluierungsnote - entscheidender Vorteil für Brasilien?
Eigentlich alles gute Argumente für den DFB, um als Mit-Gastgeber nach 2011 wieder eine WM der Fußballerinnen auszutragen. Der Verband hätte Grund sich über diese Entwicklung zu freuen, wenn nicht diese Woche das Ergebnis der Evaluierung der FIFA herausgekommen wäre. Mitkonkurrent Brasilien hat insgesamt vier von fünf möglichen Punkten erhalten, die Bewerbung von Deutschland, Belgien und den Niederlanden nur 3,7 Punkte.
Der Unterschied ist zwar nicht groß, kann aber auf dem FIFA-Kongress kommenden Freitag in Bangkok entscheidend sein insbesondere für noch unentschlossene Fußballverbände.
Dabei sah DFB-Präsident Bernd Neuendorf bei den Inspektionsbesuchen der FIFA die BNG-Bewerbung auf einem guten Weg, Er sagte noch bevor die Bewertung herauskam:
"Ich habe den Eindruck, dass wir da und sehr gut präsentiert haben, sehr professionell präsentiert haben. Wie überhaupt die ganze Bewerbung, glaube ich sehr anspruchsvoll ist. Und ja insofern. In der Tat glaube ich, dass wir eine realistische Chance haben."
Die drei Länder sind zusammengerückt
Ein weiteres Argument sieht er auf der eigenen Seite, wie gut die Verbände durch die gemeinsame Bewerbung zusammengerückt sind:
„Das hat uns sehr, sehr eng zusammengeschweißt über die letzten also, seit ich eigentlich im Amt bin, der die letzten zwei, drei Jahre und die Beziehungen, also die Präsidentin der Belgier - das ist ja auch passend, für eine Frauenfußball-Weltmeisterschaft ist es sehr hilfreich - der niederländische Präsident, wir haben sehr, sehr enges Vertrauensverhältnis arbeiten, regelmäßig zusammen und sprechen die Strategien ab, wie wir vorgehen, jetzt bei auf den letzten Metern Virus, dann zur Entscheidung kommt. Da gibt es einen sehr, sehr engen und vertrauensvollen Austausch.“
Auch Vizepräsidentin Sabine Mammitzsch, zuständig für den Frauenfußball äußerte sich im DLF-Sportgespräch Ende März optimistisch:
„Mit 100 Stimmen rechnet Deutschland schon jetzt also so von den Gesprächen also die Chance ist 50:50. Und es wird wirklich alles drangesetzt, jede Chance, die sich ergibt, tatsächlich die WM 2027 nach Deutschland, Belgien, Niederlande zu holen."
Die Situation jetzt vor der Abstimmung in Bangkok dürfte mit dem Evaluierungsergebnis schwieriger geworden sein. Der DFB zeigt sich dennoch weiter zuversichtlich, zusammen mit dem niederländischen und belgischen Verband die Mehrheit der Stimmen auf sich zu ziehen. Alle drei Verbände würden die letzten Tage intensiv nutzen um noch Gespräche zu führen und die Mitglieder von ihrer Bewerbung zu überzeugen. Schließlich habe es auch zuvor schon Entscheidungen gegeben, bei denen der Kandidat mit der schlechteren Bewertung am Ende trotzdem das Rennen gemacht hätte, heißt es vom DFB.
FIFA sieht rechtliche Gefahren
Bei einem Aspekt der Evaluierung dürfte es besonders schwierig sein, die FIFA-Mitglieder zu überzeugen, zum Thema Recht und Compliance heißt es im Evaluierungsbericht:
„Es wurden eine Reihe rechtlicher Risiken identifiziert aufgrund wesentlicher Abweichungen von den Anforderungen der FIFA und dem, was die Regierungsbehörden an staatlichen Unterstützungsdokumenten eingereicht haben.“
Die FIFA sieht darin die Gefahr,
"mit erheblichen operativen und finanziellen Problemen konfrontiert zu werden".
Es gehe hierbei um Steuer- oder Visafreiheiten, die nur die Regierungen, nicht aber die Verbände gewährleisten können, betont der DFB. Das für den Sport zuständige Bundesinnenministerium teilte der Sportschau in einer ersten Reaktion mit, dass eine genaue Zuordnung der Kritikpunkte in Abstimmung mit dem DFB und den Partnern in Belgien und den Niederlanden erfolgen werde.
Denkbar, dass die drei europäischen Länder gerade die Reaktion auf ihre lautstarke Kritik an der Männer-WM-Entscheidung in Katar zu spüren bekommen.
Dass es um die Austragung der Frauen-Fußball-Weltmeisterschaft momentan überhaupt eine solche Konkurrenz gibt, hängt mit einer vergleichbaren Entwicklung in den Bewerberländern zusammen.
Der Frauenfußball hat in den vergangenen Jahren in vielen Ländern stark an Bedeutung gewonnen, die Sichtbarkeit ist größer geworden. Wie beim Nations League-Spiel Niederlande - Deutschland in Heerenveen, als das Stadion voll war und das niederländische Publikum für eine stimmungsvolle Atmosphäre sorgte.
Allerdings ist gerade ein Punkt erreicht, an dem neue Impulse für die drei Verbände hilfreich wären, damit das Erreichte nicht wieder zurückgeht, sondern vielmehr auf eine noch höhere Dimension kommt. Sponsoren ließen sich leichter überzeugen, in Frauenfußball zu investieren, Vermarktungsrechte noch teurer verkaufen, wenn das bedeutendste Turnier in die Euregio vergeben würde.
Bondscoach Jonker: 2017 war Riesenimpuls
Bondscoach Andries Jonker weist darauf hin, was sich in den Niederlanden nach der Austragung der EM 2017 entwickelt hat:
„Das war ein Riesenimpuls für den niederländischen Fußball für die Frauen und ich glaube, dass es dasselbe geben könnte in den drei Ländern, wenn wir es schaffen das zusammen zu organisieren. Sehr wichtig für die drei beteiligten Länder, dass wir das hinbekommen, um nochmal eine weitere Entwicklung des Frauenfußball hinzukriegen.“
Auch die Spielerinnen wie die niederländische Top-Verteidigerin Kerstin Casparij betont die Bedeutung einer gemeinsamen Heim-WM.
„Es würde uns so viel bedeuten, die WM auszutragen. Wenn man bedenkt, was es mit einer Nation macht, beispielsweise mit Australien und Neuseeland gemacht hat. Die Aufmerksamkeit und positive Stimmung und auch wenn wir unsere Derbys haben, aber es wäre so gut das zusammen zu erreichen.“
Die Nationalmannschaften sind bei den Frauen als Werbeträger deutlich wichtiger als bei den Männer, entsprechend sind die Turniere auch als Zugpferd für Entwicklungen bedeutend.
Maracana oder Westfalen-Stadion?
Während Europa mit Breaking New Grounds wirbt, setzt Konkurrent Brasilien auf den Spruch "A natural Choice" – eine natürliche Wahl“, wirbt vor allem mit dem Maracana als legendäres Stadion, sowie 12 weiteren, die meisten der Männer-WM 2014.
Ein gewichtiges Argument hat die südamerikanische Bewerbung allerdings auf ihrer Seite: Bisher gab es noch nie eine Frauen-WM auf diesem Kontinent. Der Präsident des brasilianischen Fußballverbands CBF, und zugleich Leiter der Kandidatur, Ednaldo Rodrigues, gibt sich nach der Evaluierung auch schon sehr siegesgewiss, er sei mit dem Ergebnis des FIFA-Berichts sehr zufrieden.
Das Dokument zeige, dass Brasilien die strengen Anforderungen des Kandidaturverfahrens hervorragend erfülle. Das von der FIFA veröffentlichte Ergebnis stärke die Kraft, in dieser Endphase noch härter zu arbeiten. Man werde die Arbeit intensivieren, um die größtmögliche Anzahl an Stimmen zu erreichen und wolle die Unterstützung aller“ wird Rodrigues auf der verbandseigenen Homepage zitiert.
Und was macht der DFB, wenn es nicht klappt? Nochmal ein Versuch 2031? Da will sich DFB-Präsident Bernd Neuendorf noch nicht festlegen.
„Ehrlich gesagt: wir haben uns noch gar keine Gedanken gemacht, was überhaupt passiert, wenn es nicht erfolgreich sein sollte. Sicherlich werden wir uns zusammensetzen. Danach. Aber wie gesagt, der Fokus liegt jetzt erstmal auf dem 17. Mai, und dass wir das vielleicht für uns entscheidend.“