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Fussball-WM in Brasilien
Die gewisse Grundunsicherheit vor dem Turnier

Wenige Tage vor Beginn der Fußball-Weltmeisterschaft ist klar: Das Sportspektakel bringt für Brasilien nicht den erhofften Imagegewinn, sondern das Gegenteil. Die Funktionäre sind immerhin zuversichtlich, dass die WM nach Plan verlaufen kann.

Von Jonas Reese | 07.06.2014
    Brasilianische Fußball-Fans vor dem Maracana-Stadion in Rio de Janeiro
    Nicht alle Brasilianer freuen sich über die WM im eigenen Land. (dpa / picture alliance / Felipe Trueba)
    Die Rahmenbedingungen hätten nicht sinnbildlicher sein können für die letzte Bestandsaufnahme vor WM-Beginn: Ganz Sao Paulo versank im Verkehrschaos. Die U-Bahn-Fahrer hatten gestreikt. Auch einige FIFA-Funktionäre, die bereits für den kommende Woche beginnenden Kongress angereist sind, standen stundenlang im Stau. Diese Umstände liegen natürlich nicht in den Händen des Organisationskomitees. Deshalb kommt FIFA-Generalsekretär Jerome Valcke zu dem Fazit:
    "Eine Woche vor Turnierbeginn sind wir zuversichtlich, dass die WM ausgetragen werden kann."
    Klingt eigentlich nach einer Selbstverständlichkeit so kurz vor Eröffnung. Doch nach einer turbulenten Vorbereitung musste das wohl doch mal ausgesprochen werden. Eine gewisse Sorge aufseiten der Organisatoren scheint aber durchaus berechtigt. Noch immer ist die Stimmung im Gastgeberland nicht besonders WM-freundlich. Fast täglich gibt es Demonstrationen. Jede Woche tritt eine andere Berufsgruppe in den Streik, um die gute Verhandlungsposition in der Prä-WM-Phase zu nutzen. Und so appelliert auch FIFA-Präsident Sepp Blatter an das brasilianische Volk.
    "Wir brauchen die Unterstützung des brasilianischen Volkes. Es ist sehr wichtig, dass sich das ganze Land zum Anstoß in wenigen Tagen dem Fußball widmet. Aber ich bin zuversichtlich, dass das gelingt."
    Die Zuversicht teilen die Funktionäre allesamt. Auch das Stadion Itaquerao, Schauplatz des Eröffnungsspiels am Donnerstag, wird rechtzeitig fertig. Auch wenn es noch immer eine Baustelle ist.
    "Es sieht so aus, als ob ringsum das Stadion noch sehr viel zu tun ist. Aber ich würde sagen, das ist ganz normal. Und es ist sogar noch mehr nachzuvollziehen, wenn das Stadion etwas verspätet übergeben wurde."
    Von den 6.400 Plätzen weniger als ursprünglich geplant, die nun im Stadion zu Verfügung stehen, erwähnt Generalsekretär Valcke an dieser Stelle nichts. Erst später vermelden das brasilianische Medien.
    Nicht der erhoffte Imagegewinn
    Eine gewisse Grundunsicherheit vor Beginn des Turniers lässt sich den Beteiligten dennoch unterstellen. Ein Mammut-Projekt ist die Ausrichtung einer Fußball-Weltmeisterschaft, bei dem nicht alles geplant werden kann. Das sagt auch Brasiliens Sportminister Aldo Rebelo:
    "Wenn man ein solch riesiges Ereignis veranstaltet wie die Fußball-WM, dann kann man sich nicht irgendwann ein Zertifikat an die Wand hängen auf dem steht: Wir sind vorbereitet. Wir müssen das jeden Tag aufs Neue beweisen."
    Schon jetzt gilt die WM für Brasilien nicht als der erhoffte Imagegewinn, sondern im Gegenteil: Durch die zahlreichen Probleme bereits im Vorfeld hat der Ruf stark gelitten. Sportminister Rebelo:
    "Wir sind nicht das einzige Land mit Problemen. Wir kennen unsere Defizite und wollen sie täglich verbessern: Die soziale Ungleichheit, Sicherheit, Infrastruktur. Und nach der WM, nachdem wir sie gefeiert haben, wird die Arbeit, unser Land zu verbessern, weitergehen."
    Unfreiwillig pflichtet ihm Generalsekretär Valcke sogar bei. Schwierigkeiten hatten bislang alle Ausrichter sagt er. Und auch beim nächsten Ausrichter Russland erwartet er schon jetzt Probleme.
    "Auch unsere Freunde in Russland beobachten ganz genau, was hier in Brasilien passiert. Ich bin sicher, dass wir auch in Russland einige Probleme haben werden."
    Seine Prognose könnte schon am Anfang der Woche beginnenden FIFA-Kongress wahr werden. Dann wird nämlich der Untersuchungsbericht zu den vermeintlichen Schmiergeldern bei den WM-Vergaben nach Russland 2018 und nach Katar 2022 vorgelegt.