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"Gären, kochen, brodeln"

In Berlin-Neukölln wird zurzeit eine riesige Brauerei als Ausstellungsort umgebaut. Im Herbst nächsten Jahres soll das "Kindl - Zentrum für zeitgenössische Kunst" eröffnet werden. Bis dahin dürfen Performancegruppen die noch unfertigen Räume beleben. Gestern machten Les Femmes Savantes den Auftakt.

Von Oliver Kranz |
    Der Raum ist groß wie ein Kirchenschiff. Sechs Kupferkessel mit gut fünf Metern Durchmesser stehen in zwei Reihen nebeneinander und leiten mit einem Summen die Performance ein.

    "Da sind Lautsprecher in den Kesseln und wir haben in den Kesseln Feedbacks aufgenommen. Also eigentlich der Klang der Kessel, ertönt dann, und die verschiedenen Kessel haben verschiedene Töne. Das ist wie so ein Kesselchor","

    erklärt Andrea Neumann, die bei den Femmes Savantes für das Mischen der Klänge zuständig ist. Die fünf Musikerinnen arbeiten gern ortsbezogen. Sie bringen Gegenstände zum Klingen und konfrontieren die Geräusche mit Trompetentönen, Gesang und elektronischen Sounds. Andrea Neumann spielt auf Klaviersaiten, die sie in einen kleinen Rahmen gespannt hat. Ute Wassermann antwortet mit ihrer Stimme.

    Die Femmes Savantes inszenieren einen heftigen musikalischen Erweckungszauber. Es ist, als wollten sie die Sudkessel, in denen vor ein paar Jahren noch Bier gebraut wurde, lebendig machen. Ute Wassermann:

    ""Die erste Belebung war die Installation mit den Feedbacks, da tönten die Kessel sozusagen von alleine und dann haben wir das noch live belebt mit unseren Körpern."

    Zwei Musikerinnen laufen während der Performance zwischen den Kesseln hin und her, die anderen stehen am Rand und steuern die Licht- und die Tonanlage. Ute Wassermann summt und prustet in ein Megafon, lässt ihre Stimme glucksen und trinkt geräuschvoll aus einem Wasserglas.

    "Man schluckt mal hoch, mal tief, mal poppt der Schluck richtig raus und dann kann man das Schlucken rhythmisieren. Man kann zum Schlucken atmen, man kann beim Schlucken knarren. Man kann das Schlucken vielschichtiger machen."

    "Gären Kochen Brodeln" heißt die Performance, die nicht nur Objekte zum Klingen bringt, sondern durch glucksende Geräusche auch an den Vorgang des Bierbrauens erinnert.

    "Die Femmes Savantes haben mit ihrem Konzert auf den Punkt gebracht, wie man mit diesen sechs Sudpfannen arbeiten kann", "

    schwärmt Andreas Fiedler, der Kurator der neuen Berliner Kulturbrauerei. Das neue Kunsthaus soll Kindl heißen - wie das Bier, das dort vor ein paar Jahren gebraut wurde.

    " "Wir verstehen uns dezidiert als Zentrum für zeitgenössische Kunst, das heißt, im Kern wollen wir Wechselausstellungen machen von internationaler Gegenwartskunst. Das ist das, wo wir speziell dafür arbeiten."

    Wodurch sich das Haus von der bereits bestehenden Berliner Kulturbrauerei, in der vor allem Musik- und Theatergruppen zu Hause sind, unterscheiden soll. Die Performance der Femmes Savantes ist also nur eine Art Vorprogramm. Und das ist durchaus schade. Die Räume der Brauerei laden zu Konzerten oder Theateraufführungen nämlich geradezu ein. Das Angebot des Hauses, auf Ausstellungen zu beschränken, ist unsinnig - gerade jetzt, wo die Femmes Savantes vorgemacht haben, wie wunderbar man die Brauerei Kochen, Gären und Brodeln lassen kann.