Dienstag, 23. April 2024

Archiv


Gärtner können Bienen unter die Flügel greifen

Der Rückgang der Bienenpopulationen in unserer Agrarlandschaft könnte auch einmal die Erträge von Kulturpflanzen wie dem Raps gefährden. Dagegen können Gartenbesitzer etwas tun, so das Ergebnis von Studien in Lüneburg. Denn wo viele Zierpflanzen sind, fühlen sich auch Wildbienen wohl, die Raps bestäuben.

Von Volker Mrasek | 24.10.2012
    In Rapsfeldern tummeln sich viel mehr blütenbestäubende Wildbienen, wenn Gärten mit Zierpflanzen oder Kräutern in der Nähe sind. Das ist das erste interessante Ergebnis einer noch laufenden Studie an der Universität Lüneburg. In zwei aufeinanderfolgenden Jahren untersuchte die aus Brasilien stammende Biologin Maria Helena Peixoto, wie häufig die Insekten sind. Sie überprüfte das an über 20 Standorten in und rund um Lüneburg:

    "Wir haben herausgefunden, dass die Zahl der Bienen in den Rapsfeldern mit angrenzenden Gärten viel höher ist als in isolierten Feldern. Das ist ein wichtiger Befund! Die Massenblüte des Rapses liefert den Bienen aus benachbarten Gärten jede Menge Nahrung. Dadurch bilden sie größere Populationen - sowohl in den Gärten wie auch in den Feldern."

    Peixoto stellte Nisthilfen für die Wildbienen auf, in den Feldern wie auch in den Gärten. Anschließend protokollierte die Biologie-Doktorandin die Zahl der Tiere, die darin brüteten. Wobei man die Wildbienen aus der Studie nicht mit Honigbienen verwechseln darf. Sie sind kleiner und leben einzeln, nicht in großen Bienenstöcken.

    Alexandra Klein betreut die Doktorarbeit von Maria Helena Peixoto. Sie ist Professorin für Ökosystemfunktionen an der Universität Lüneburg:

    "Was vielleicht viele Zuhörer kennen, sind Mauerbienen. Gerade wenn Sie im Garten ein Holzhaus haben oder eine Schaukel: Da gehen die in die Ritzen rein von dem Holz. Also, wenn man dann sieht, da ist irgendwie eine Biene, die da reingeht, dann sind das oft Rote Mauerbienen."

    Die Insekten fliegen nicht nur auf Zierpflanzen- und Kräuterblüten in den Gärten. Auch der gelb leuchtende Raps auf den angrenzenden Feldern hat es den Bienen angetan ...

    "Vier Wochen lang blüht der Raps und hat unglaublich viel Pollen, hat unglaublich viel Nektar. Das sammeln die dann, gehen in der Zeit von dem Garten in den Raps rein, sammeln, kommen zurück und profitieren davon. Wenn der Raps aber isoliert ist, und das haben wir ja gezeigt, haben wir unglaublich wenig Bienen. Wir haben da vielleicht mal ein Nest, manchmal zwei Nester. Und in den Gärten haben wir dann oft im Monat bis zu 20, 30 Nester."

    Das Ganze ist ein Geschäft auf Gegenseitigkeit. Denn je mehr Bienen sich über den Raps hermachten, desto höher sei auch die Zahl der bestäubten Blüten im Feld, so Alexandra Klein:

    "Also, der Raps ist erstmal selbstbestäubend. Auch wenn wir keine einzige Biene da haben, wird der Landwirt einen Ertrag haben. Es ist nur so: Wenn die Bienen bestäuben, hat man eine höhere Qualität. Auf jeden Fall in unseren Studien zeigt sich, dass wir größere Körner haben. Und wir haben mehr. Also, man kann den Ertrag erhöhen. Der Raps profitiert einfach doch stärker als wir angenommen haben von der Bestäubung durch Bienen. Also ist es für den Landwirt erstmal gut, wenn er seine Felder hat, wo es Bienen gibt."

    Hausgärten können demnach wichtige Horte für die natürlichen Bestäuber von Ackerpflanzen sein. Und Maria Helena Peixoto klärt Hobbygärtner auch gleich mal darüber auf, was Mauerbienen so mögen:

    "Sie stehen nicht so auf die großen Zierpflanzen, die am häufigsten in Gärten vorkommen. Sondern eher auf kleinere Arten mit gelben oder weißen Blüten. Oder auch mit purpurnen."

    Konkretere Empfehlungen hat Alexandra Klein parat. Bei Liebhabern von Gartenrosen kommen sie vermutlich nicht so gut an:

    "Die haben nicht viel Pollen, die haben überhaupt gar keinen Nektar. Also, was Bienen sehr gerne mögen, sind viele Kräuter wie zum Beispiel Thymian, Salbei. Pflanzen wie Chrysanthemen ... - Sonnenblumen sind auf jeden Fall jetzt im Herbst noch mal sehr, sehr schön."

    Die Lüneburger Biologinnen haben bereits Infomaterial zu ihrem Projekt verteilt. Als Nächstes planen sie, Hobbygärtner gezielt anzusprechen und ihnen Tipps zum Anlocken von Mauerbienen zu geben. Angst vor den Insekten, beruhigt Ökologin Klein, müsse dabei niemand haben:

    "Ich habe es noch nie erlebt, dass irgendwie jemand von einer Wildbiene gestochen wurde."