
Auf dem Weihnachtsmarkt sucht man Weihnachtssterne meist vergebens, denn sie mögen keine kalten Füße. Deshalb sorgt Nick Venneker in seinen Gewächshäusern für ein muckeliges, warmes Klima:
"Insgesamt bauen wir im Betrieb 170.000 große Weihnachtssterne im 13er Topf an", zählt er auf.
"Mit ungefähr 30 mal 30 Zentimeter Breite mal Höhe und noch mal 70.000 Midi-Sterne, wie wir sie nennen, kleinere Variante, 11-Zentimeter-Topf, oben der Durchmesser zählt."
Der Klassiker ist nach wie vor der rote Weihnachtsstern. Mit ihm macht Nick Venneker über 80 Prozent seines Umsatzes in der Saison.
"Es gibt jetzt auch ein ganz strahlendes Weiß, das nennt sich Princettia-Weiß", holt er aus: "Das ist sehr modern. Rosa und pink. Die sind ganz knallig in den Farben. Und dann "White-Glitter": Das ist ein weißer Stern mit roten Sprenkeln. Es ist eben von Mutter Natur eine Spielart. Das hat jemand gefunden und da auch wieder Stecklinge von gemacht."
Saison startet im August
Der Gärtner schmunzelt, wenn Kunden nach Weihnachtssternen mit möglichst vielen Blüten fragen. Denn eigentlich hat die Pflanze nur ganz normale Blätter, die stern-förmig oben angeordnet sind und sich von August bis Dezember umfärben.
Vennecker erzählt: "Wie die beim Kunden ankommen, das probieren wir jedes Jahr wieder neu aus. Wir haben Testsorten dann immer drin, wenn es was Neues gibt."
In den 20.000 Quadratmeter großen Gewächshäusern auf dem Familienbetrieb in Clarholz - mitten in Westfalen- startet die Weihnachtsstern-Saison im August, wenn die Sommerblumen verkauft sind.
"Bei uns ist das so", sagt der Firmenchef, "die Fläche ist vorhanden und wenn wir die Fläche leer stehen lassen, dann verdienen wir kein Geld, dann können wir unsere Kosten nicht decken. Dementsprechend müssen wir immer eine Kultur in den Betrieb nehmen. Der Weihnachtsstern wird in so großen Zahlen produziert und auch verkauft, dass sich das auf unseren großen Flächen rechnet."
Eine eigene Züchtung wäre für Vennekers Familienbetrieb viel zu teuer. Deshalb arbeitet der Junior mit Unternehmen zusammen, die sich in Deutschland auf die Produktion der Stecklinge spezialisiert haben. Bei ihnen kauft er die Jungpflanzen. Und so geht es weiter:
"Hier im Betrieb fängt die Kultur mit diesen Jungpflanzen an, die dann in größere Töpfe eingepflanzt werden. An der Topfmaschine werden die Töpfe entstapelt, dann mit Erde gefüllt, dann wird ein Loch hinein gebohrt. Die Töpfe werden auf einem Fließband weiter transportiert. Dort stehen unsere Mitarbeiter und pflanzen die Pflanzen ein, und zum Schluss werden die Töpfe mit einem Setzautomaten auf unsere Rollcontainer gesetzt."
So füllen sich die Gewächshäuser bis Ende August. Nasse Füße mögen Weihnachtssterne nicht. Mit einem Bewässerungs-Computer, gekoppelt mit einer Klima-Anlage, hat Nick Venneker die besten Erfahrungen gemacht, sagt er:
"Wir haben Heizungsanlagen unter den Pflanzen und oben drüber haben wir automatische Lüftungsanlagen."
Weihnachtsstern reagiert auf Länge der Nacht
Die Größe der Pflanze reguliert der penible Gärtner mit einem speziellen Beleuchtungsprogramm und einen Formschnitt im Spätsommer:
"Das ist für uns der Zeitpunkt, wo wir den obersten Trieb von der Pflanze abknipsen. Stutzen nennen wir das, um eine gleichmäßige Verzweigung des Weihnachtssterns zu erhalten. Die roten Sterne, das sind Hochblätter, die eigentlichen Blüten sind die Noppen in der Mitte. Wenn die Nacht länger ist als 12 Stunden, bekommt der Weihnachtsstern den Impuls, Hochblätter zu bilden, und nach ungefähr acht Wochen erscheint der rote Stern."
Wenn das nicht klappt, entstehen Verluste. Nach mehr als 30 Jahren Berufserfahrung komme das aber nur mehr selten vor, sagt der Chef. Klebrig-gelbe Bänder, die quer durch die Gewächshäuser laufen, sorgen für biologischen Pflanzenschutz. Schadinsekten bleiben daran kleben.
Zufrieden zeigt Venneker auf die langen Tischreihen. Bücken muss sich hier niemand mehr: "Ja, wir haben mobile Tische. Die Tische werden bei uns zu den Mitarbeitern gebracht, damit man nicht immer durch die großen Gewächshäuser durchlaufen muss. Jeder Weg ist Arbeitszeit, die verschwendet ist. Wenn wir einen größeren Auftrag haben, fahren wir die Tische in die Arbeitsposition hinein, können dann eine Tür öffnen und dann kann man relativ einfach die Pflanzen erreichen."
Handel verlangt normierte Produkte
Trotz normierter Produktion wachsen manche Pflanzen aber nicht wie gewünscht. Die Kunden – egal, ob Baumarkt oder Blumengeschäft – legen Wert auf das immer gleiche Standard-Modell: Norm-Pflanze mit exakten Größen und genau festgelegter Anzahl an farbigen Hochblättern. Wenn es da Ausreißer gibt, sagt Venneker, kann es ihm passieren, dass eine Lieferung kurzfristig auch wieder abbestellt wird.
"Sauer bin ich dann im ersten Augenblick vielleicht, aber dann machen wir uns auf die Suche nach einem Kunden, der diese Sterne leiden mag und ihn dann kaufen möchte. Bisher habe ich noch jede Pflanze verkaufen können", sagt der Gärtner.
Die Retouren-Sterne einfach wegzuwerfen, sieht Vennekers Konzept nicht vor. Dafür wird im Familienbetrieb auch viel zu knapp kalkuliert: Langsam leeren sich jetzt die Gewächshäuser. Aber immer noch ist Annegret Hartmann im Einsatz. Jeder Topf bekommt von ihr noch eine schützende Plastikhülle. "Jede wird von Hand eingepackt", beschreibt sie, "und jede muss eine Tüte haben als Schutz für die Triebe, damit sie nicht abbrechen. Im Weihnachtsstern ja diese Milch darin, das blutet sonst aus."
Wenn alle Lieferungen raus sind, wenn sich die Weihnachtszeit dem Ende zuneigt und nur ein paar Sterne übrig sind, dann geben die Vennekers schnell noch ein paar Weihnachtssterne an die Nachbarn ab.