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Galileo blickt nach Osten

Als das europäische Pendant zum amerikanischen GPS verkündet wurde, sorgten sich die USA wegen der strategischen Konkurrenz. Doch seit die Finanzierung von Europas Satellitennavigation "Galileo" wackelt, dürften die Sorgen der Neuen Welt schwinden. Um Galileo noch zu retten, wird indes auch eine Kooperation mit Russland nicht ausgeschlossen.

Manfred Kloiber im Gespräch mit Peter Welchering |
    Manfred Kloiber: Am Dienstag vergangener Woche haben sich die Verkehrsminister der Europäischen Union in Brüssel getroffen, um über die Zukunft des europäischen Satellitennavigationssystems Galileo zu beraten. Hat man sich denn auf ein Konzept zur Rettung von Galileo einigen können, Peter Welchering?

    Peter Welchering: Nein, Galileo droht, zu kollabieren. Und die Gefahr, dass das europäische Satellitennavigationssystem scheitert, ist auch nach dem Treffen der EU-Verkehrsminister überhaupt nicht gebannt. Der Vorschlag von Jacques Barrot, dem EU-Verkehrskommissar, Galileo völlig aus EU-Haushaltsmitteln zu finanzieren, ist abgelehnt worden. Im Augenblick steht also völlig in den Sternen, wie die 30 geplanten Galileo-Satelliten finanziert werden sollen. Aus der Industrie sollen bisher Zusagen für insgesamt sieben Satelliten und für einen Teil der Infrastruktur auf der Erde vorliegen. Das aber reicht eben nicht aus, um Galileo an den Start zu bringen. Außerdem will die Industrie ihre Finanzierungszusagen nur dann aufrechterhalten, wenn man sich mit den EU-Behörden auf ein gemeinsames Finanzierungsmodell einigen kann.

    Kloiber: Am Dienstag soll ja auch über Kooperationen mit anderen Systembetreibern diskutiert worden sein. Gibt es da Fortschritte?

    Welchering: Es ist ein Vorschlag aus dem Jahre 2003 wiederbelebt worden. Damals stand die russische Regierung als Betreiberin des militärischen Satellitennavigationssystems Glonass vor dem Problem, Mittel für den weiteren Glonass-Ausbau aufbringen zu müssen. Und es gab Angebote an die EU, Glonass und Galileo kompatibel zu halten, so dass das europäische Satellitennavigationssystem auf die Satelliten von Glonass zurückgreifen könnte. Das ist damals am Widerstand der russischen Militärs, die das System betreiben, gescheitert. Vor drei Monaten gab es allerdings neue und sehr deutliche Signale aus Moskau. Und über die ist am Dienstag auf dem EU-Verkehrsministertreffen auch diskutiert worden, allerdings sind die Verkehrsminister da noch weit von einer Entscheidungsfindung entfernt.

    Kloiber: Wie könnte solch eine Kooperation von Galileo und Glonass aussehen?

    Welchering: Glonass soll auf insgesamt 24 Satelliten auf drei Umlaufbahnen erhöht werden. Das System der Uragan-Satelliten soll für den zivilen Navigationsmarkt ausgebaut werden. Und dafür suchen die Russen Investoren. Galileo könnte die Signale von Glonass nutzen. Allerdings steht völlig außer Frage, dass Galileo auch unbedingt mit eigenen Satelliten arbeiten will und muss. Die Galileo-Navigation kann sich nicht allein auf Signale von Uragan-Satelliten verlassen. Zur Diskussion stehen jetzt jedoch Szenarien, dass Galileo weniger als die geplanten 30 Satelliten in die Umlaufbahnen bringt und zusätzlich Glonass-Signale nutzt. Das kostet natürlich Geld, das von den Glonass-Verantwortlichen auch dringend gebraucht wird, um Glonass für die zivile Nutzung ausbauen zu können. Immerhin sollen 24 Satelliten in drei Umlaufbahnen in einer Höhe von 19 Kilometern finanziert werden. Da sind zwei Finanzierungsmodelle in die Welt gesetzt worden: Eines würde vorsehen, dass die EU oder Galileo als Investor bei Glonass einsteigt. Das scheint sehr unwahrscheinlich. Das andere Finanzierungsmodel sieht vor, dass für die Nutzung der Glonass-Signale eine Art Lizenzgebühr gezahlt wird. Im Augenblick ist überhaupt nicht absehbar, welche möglichen Finanzierungen in der EU eine Mehrheit fänden.

    Kloiber: Wie reagieren die Amerikaner?

    Welchering: Die haben gleich am Mittwoch kräftig die PR-Trommel gerührt und für das geplante GPS-III-System geworben. Bis zum Jahre 2014 soll GPS-III nämlich das bisherige GPS-System ablösen. Und GPS III liefert dann zwei zusätzliche zivile Navigationssignale. Und die bisher eingesetzte Verzerrungstechnik wird ausgesetzt. Mit dieser Selective Availability genanten künstlichen Verzerrung ist ja bisher das zivile GPS-Signal ja um einige Meter ungenauer gemacht worden als das militärische. Für moderne Navigationsanwendungen, etwa im Brückenbau, ist solche eine Verzerrung und Ungenauigkeit aber überhaupt nicht zu tolerieren. Darauf haben die USA reagiert. Und jetzt werben sie sehr deutlich damit, dass GPS III doch ab 2014 alles das kann, was Galileo dereinst mal können könnte, wenn man sich innerhalb der EU einigen würde. Und GPS III steht eben ab 2014 zur Verfügung.

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