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Gamescom 2016
Serious Games als Wissensvermittlung mit Spaß

Ernsthafte Computerspiele, sogenannte Serious Games, sollen Bildungsinhalte spielerisch vermitteln. Noch haben die Schüler, die Spielemesse Gamescom in Köln besuchen, wenig Erfahrung mit Computerspielen im Unterricht. Ist es sinnvoll, künftig Serious Games in den Lehrplan zu integrieren?

Von Miriam Berger | 17.08.2016
    Computerspiel-Fan beim Spielen
    Es gibt auch Computerspiele, die zur Wissensvermittlung konzipiert wurden. (dpa/ Jan Woitas)
    "Ich habe nur mit meinen Freunden selber im Unterricht heimlich Mario Kart gespielt und das meistens während des Matheunterrichts und hat auch Spaß gemacht, aber wirklich zum Lernen beigetragen hat´s nicht."
    Julia Nitschke aus Mönchengladbach hat sich bisher höchstens mit Spielen vom Unterricht abgelenkt. Die wenigsten Schüler, die heute die Gamescom besuchen, haben tatsächlich Erfahrungen mit Spielen im Unterricht. Niklas Vogel, 18 Jahre alt, geht in die Oberstufe und kann das aus seiner bisherigen Schullaufbahn bestätigen.
    "Ich bin in der Informatikklasse und dort haben wir auch keinerlei Erfahrungen mit Games höchstens mal, wenn der Lehrer nicht schaut oder so, aber vorgesehen ist es nicht."
    Doch das ändert sich offenbar gerade: Neben reinen Unterhaltungsspielen sind zunehmend Games im Trend, die spielerisch Bildung vermitteln sollen. Für Thomas Langhanski, Spieleentwickler und Professor für Gamedesign in Berlin, ist das zukunftweisend.
    "Prinzipiell lernen wir ja alle über Spiele, das ist halt eins der Dinge, die uns kulturell sehr stark prägen, ich sag mal bis zum 14., 16. Lebensjahr und dann schalten wir das in der Arbeitswelt auf einmal aus und dann gibt’s Spielen nicht mehr. Und das ändert sich gerade."
    Lernen soll leichter fallen
    Serious Games, also "ernsthafte Spiele" verbinden Wissensvermittlung mit Spaß am Spiel. Das Lernen soll so leichter fallen.
    "Es kann damit losgehen, dass man einfach Fragen gestellt bekommt, die man beantworten muss, als Quiz. Also ein Quiz ist ein ganz normales Spiel, man kriegt eine Belohnung dafür am Ende, Punkte, man kann also eine Wettbewerbssituation mit anderen Schülern schaffen, die halt sehr motivierend sein kann."
    Neben relativ einfachen Quizformaten können Inhalte aber auch in eine komplexe Geschichte eingebunden werden. So können Biologie-Lehrer zum Beispiel das Thema Wald vermitteln – ein virtueller Ausflug zum Beispiel, bei dem die Schüler Dinge entdecken und erkennen müssen.
    "Wenn du dir vorstellst, dass dort eine spielerische Situation ist, wo du in einen Wald kommst und sozusagen irgendwie einen Ausweg finden musst, oder irgendwo hinkommen sollst, dann kann daraus auf einmal ein Adventure werden, also sprich man findet Gegenstände, um in dem Wald vielleicht zu übernachten, man muss ein Feuer machen."
    Können Pflichtspiele Spaß machen?
    Das Konzept setzt auf die Vorlieben der Schüler, will sie da abholen, wo sie auch in ihrer Freizeit gern Zeit verbringen. Aber können Spiele im Unterricht – Pflichtspiele also – wirklich genauso viel Spaß machen wie freiwillige Spiele? Thomas Langhanki winkt ab:
    "Entweder es ist ein gutes Spiel oder es ist ein schlechtes Spiel. Da gibt’s so einen schönen Begriff für, diesen mit Schokolade überzogenen Brokkoli. Und das ist am Ende des Tages das Thema, ob ich so tue, als ob ich ein gutes Spiel habe oder ob es tatsächlich dann Brokkoli ist."
    Und dass Serious Games funktionieren, kann der Schüler Kevin Gaholam bestätigen:
    "Ich hatte jetzt die Erfahrung, dass wir im Unterricht das Thema Datenschutz besprochen haben und dann in dem Zusammenhang ein Spiel, das hieß Data Dealer, gespielt haben, was halt einfach verdeutlichen sollte, wie unsicher unsere Daten eigentlich im Netz sind und das denk ich eigentlich, dass das ein guter Ansatz ist, wenn man das so Schülern rüberbringt, weil das ist halt eine Methode die Spaß macht an sich, und denn Schülern das aber trotzdem noch gut vermittelt, dass die Schüler schneller und viel besser lernen an sich."
    Kevin Gaholam findet es sinnvoll, in Zukunft verstärkt Serious Games in den Lehrplan zu integrieren.
    Viele europäische Länder sind da schon weiter als Deutschland, weiß Thomas Langhanki. Hierzulande sei alles ein bisschen schwerfälliger, aber:
    "Ich finde man muss das Positive dann sehen, es passiert gerade ganz viel, aber es wird halt dauern. Das ist jetzt nichts, was in einem Jahr oder zwei Jahren passiert, aber ich bin fest davon überzeugt, dass in zehn Jahren Schule auch anders aussehen wird und mit interaktiven Medien auch angereichert sein wird, weil einfach sehr viel mehr Lerninhalte auch intensiver vermittelt werden können."