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Gamescom
Indie ist der neue Mainstream

Die größte Computerspielmesse hat ihre Pforten geöffnet. Die Branche wächst, aber echte Innovationen sind schwer auszumachen. Einer der Trends: Zwischen aufwendigen Produktionen ziehen immer mehr unabhängige Entwickler die Aufmerksamkeit der Gamer auf sich.

Von Christian Schiffer | 07.08.2015
    Besucher der Gamescom 2015
    Auch in diesem Jahr kann die Gamescom mit hohen Besucherzahlen rechnen (imago / Manngold)
    "Einfach der Shooter! Die hauen einfach die besten Shooter raus! Black Ops 2 zum Beispiel, bestes Game"! Und ich hoffe, dass der dritte Teil genauso geil wird wie die ersten zwei!"
    Dimitri ist 19 und hat gerade angefangen zu studieren. Er ist aus Nürnberg angereist zur Gamescom und saß dafür über vier Stunden im Zug. Dann hat er eine Stunde auf den Einlass in die Messehallen gewartet und es durch die Menschenmassen hindurch hierher geschafft: in die Halle 8.1. Und jetzt? Jetzt wartet er schon wieder: Zwei Stunden, zeigt das Schild, muss er sich noch mindestens gedulden, hier in der Schlange, dann irgendwann darf er Call of Duty: Black Ops 3 anspielen, einen populären Egoshooter, - für ganze zehn Minuten. Computerspieler wie Dimitri nehmen jede Menge Strapazen in Kauf um einen kurzen Blick auf die Spiele der Zukunft zu erhaschen und auf die Trends, die die Gameskultur morgen und übermorgen prägen werden. Doch wenn man den Managern der Branche so zuhört, kommt der Verdacht auf, dass die Trends von morgen in Wirklichkeit vor allem eines sind: die Trends von gestern. Pete Hines, Vizepräsident von Bethesda, einer der größten Spielefirmen der Welt:
    "Die Computerspielindustrie wächst in alle Richtungen. Mobile Spiele werden wichtiger, online wird wichtiger, free-to-play-Games werden wichtiger, der Konsolenmarkt wächst. Es ist faszinierend: Computerspiele sind gerade dabei die wichtigstes Unterhaltungsform zu werden und sie werden größer und größer."
    Computerspiele als wichtgste Unterhaltungsform
    Natürlich: Spiele finden ein immer größeres Publikum, Spiele werden teurer in der Produktion und Spiele sehen bombastischer aus. Und natürlich wird mit Computerspielen immer mehr Geld verdient. Das allerdings hätte man auch schon vor 20 Jahren sagen können. Echte Neuerungen hingegen sind zunächst schwer ausfindig zu machen: Am ehesten könnte noch "Dinosaurier" als Trend durchgehen, ja tatsächlich: Die Ur-Echsen spielen in einer erstaunlichen Anzahl von neuen Spielen eine prominentere Rolle. Und dann ist da natürlich noch "Virtual Reality". Doch viel ist von den Brillen, die den Nutzer in eine künstliche Art von simulierter Realität katapultieren sollen, nicht zu sehen. Der wahrscheinliche Grund: Die Gamescom ist Spektakel und Menschen dabei zuzusehen, wie sie klobige Hightech-Brillen aufhaben, das ist weit weniger spektakulär als riesige Leinwände und übergroße Boxen aus denen Kirmestechno strömt.
    Doch wer sich durch die Hallen treiben lässt, wer sich auch mal verläuft oder bei den großen Ständen an die Ränder schaut, der stößt dann doch noch auf einen ausgewachsenen Trend, den man folgendermaßen zusammenfassen kann: Indie ist der neue Mainstream. Früher, da waren kreative Spiele von unabhängigen Entwicklern kaum zu sehen oder man musste sie am Rande der Messe suchen. Doch das anders geworden, sagt Thino Hahn. Er war bis vor kurzem Chefredakteur der Gamingseite IGN:
    "Jetzt funktionieren viele Nischenspiele auch im Mainstream: Da haben viele Leute Blut geleckt haben und einfach Spiele spielen wollen, die sie vor ein paar Jahre nicht kannten. Die Gamescom öffnet den Blick für Spiele, die außerhalb liegen, aber deswegen sehr viel spannender sind für viele Spieler."
    Nischenspiele bekommen Aufmerksamkeit
    Da immer mehr Leute Computerspiele spielen, können auch obskure Produktionen ihr Publikum finden: Spiele in denen man einsam und alleine durch den Weltraum springt, Spiele, in denen man lediglich durch pittoreske Landschaften spaziert, Spiele in denen man nichts mehr tut als ein Berg zu sein. Die lupenreinen Mainstreamspiele gibt es aber natürlich immer noch: Nach zwei Stunden darf Dimitri endlich das neue Call of Duty: Black Ops 3 ausprobieren. Er ist begeistert und macht sich sofort auf, da vorne wartet schließlich schon die nächste Schlange.
    "Es war richtig stark und auf dem Video sieht es nicht so geil aus, wie wenn man es selber zockt. Ich finde es Hammer!"