Wolfgang Stenke: Was ist da los? Und was sagt uns das über die Situation des deutschen Buchhandels. Das habe ich Joachim Güntner gefragt, den Kulturkorrespondenten der Neuen Zürcher Zeitung und Spezialisten für Fragen des Buchmarktes.
Joachim Güntner: Der deutsche Buchhandel unterliegt einem gnadenlosen Verdrängungswettbewerb. Es ist ja bezeichnend, dass Herr Schormann seine Färbersche Buchhandlung, die alteingesessen ist, wie Sie richtig feststellen, schon zumacht. Die wird ja nicht einfach von Thalia gekauft, er schließt den Laden ja und hat dafür gesorgt, dass seine Mitarbeiter irgendwo unterkommen bei Thalia und er möglicherweise als leitender Angestellter auch. Das ist noch so ein Punkt, auf den kommen wir vielleicht noch.
Aber, dass Herr Schormann seinen Laden schon zumacht, bevor Thalia überhaupt die Pforten geöffnet hat, das zeigt also, mit welcher Furcht man eigentlich diesem Buchhandelsgiganten entgegensieht.
Stenke: Wer steckt denn hinter Thalia?
Güntner: Hinter Thalia steckt der Douglas-Konzern, der ja nicht nur Bücher verkauft, sondern traditionell bekannt dafür ist, dass er Parfum, Schmuck, Süßwaren und auch Mode verkauft. Und offenbar hält man das bei Douglas für keine disparate Mischung, die Bücher auch dazuzunehmen. Die verschiedenen Geschäftsbereiche - so heißt es gern bei Douglas - stünden in ihrer Gesamtheit für eine gemeinsame Idee, nämlich Lifestyle.
Es geht da um Einkaufserlebnisse, durch die - ich zitiere wörtlich: "Das Leben schöner wird". Und anscheinend macht der Einkauf des Lifestyle-Produkts Buch das Leben besonders schön. Denn zur Freude der Konzernleitung hat sich herausgestellt, dass dieser Geschäftsbereich rasanter wächst als etwa der Umsatz mit Parfum.
Stenke: Wie groß ist denn die Marktmacht von Thalia? Wie viel Geld können die Leute - wie man heutzutage sagt - in die Hand nehmen, um sich auf dem Buchmarkt auszubreiten?
Güntner: In der Branche heißt es, dass der Geschäftsführer von Thalia vom Douglas-Konzern eine Kriegskasse von 100 Millionen Euro bekommen hat für die Errichtung oder auch die Übernahme von Buchhandlungen. Und das alles natürlich in den so genannten 1A-Lagen der Städte nach Möglichkeit. Und der Umsatz soll zwischen 400 und 500 Millionen Euro liegen, der Jahresumsatz. Und man will das bis 2010 auf eine Milliarde Euro verdoppeln. Das sind gigantischen Wachstumsraten, wenn man weiß, was sonst im Buchhandel abläuft.
Stenke: Wer sind denn die Mitspieler auf dem Markt?
Güntner: Ja das ist natürlich Hugendubel. Das ist im gewissen Sinne, obwohl der Vertrieb da etwas anders läuft, auch die Kette Weltbild. Es war ja vor einigen Jahren, bis zum Jahre 2001, auch noch der Großbuchhändler Phönix. Aber damals haben Phönix und Thalia fusioniert und seitdem ist Thalia unangefochten die Nummer eins in Deutschland.
Stenke: Herr Güntner, Sie als Experte, können Sie uns sagen, wie der Konzentrationsprozess im Buchhandel sich auf die Verlage auswirkt?
Güntner: Noch ist es so, dass wir keine amerikanischen Verhältnisse haben. Also mit Riesenläden wie Barnes & Noble kann man es noch nicht vergleichen. Aber die Entwicklung geht offenbar dort hin. Und wenn man sich jetzt die Situation anguckt, kann man schon sagen, im vergleichenden Blick auf die USA, dass die deutschen Verleger Grund haben zu zittern, ein bisschen tun sie das nämlich.
In den USA ist es mittlerweile so, dass die Verleger dort an Barnes & Noble zahlen, um zum Beispiel mit ihren Büchern überhaupt in die Regale zu gelangen. Sie legen noch etwas drauf, damit ein Verkäufer ein Buch persönlich vorstellt und empfiehlt. Generöse Rabatte sowie die üppige Bereitstellung beispielsweise von kostenlosem Werbematerial erwartet der Großbuchhändler ohnehin. Und so ein Riese wie Barnes & Noble hat in Amerika macht genug, um Titel zu blockieren und in die Programmplanung der Verlage hineinzuwirken.
In Ansätzen, wohlgemerkt in Ansätzen, haben wir das in Deutschland auch schon. Aber noch ist es so, bei ungefähr 5000 Buchhandlungen in Deutschland, das ist ein sehr kleinteiliger Markt, dass dieses Dreiviertel aus kleinem Buchhandel nur ein Viertel des Umsatzes - also die haben relativ geringe Marktmacht, erwirtschaftet. Und noch ist das Ganze detailliert, strukturiert genug, dass man Thalia nicht mit Barnes & Noble vergleichen kann. Aber wie gesagt: Die Richtung geht da hin.
Stenke: Nun ist Herr Schormann ja auch ein Verbandspolitiker eines Verbandes, der sich, ja, traditionell versteht als doch ein sehr nobler Verein. Stellen wir doch mal die in der Politik so beliebte Sonntagsfrage: Wenn im Börsenverein des deutschen Buchhandels die Neuwahl eines Vorstehers anstünde, welche Chancen hätte dann der derzeitige Amtsinhaber Dieter Schormann?
Güntner: Ich würde vermuten, keine. Also, Herr Schormann ist jetzt in seiner zweiten Amtsperiode als Vorsteher des Börsenvereins, er ist an den Buchhändlertagen in Würzburg - ich glaube, vier Jahre ist das jetzt her, vor allem von den kleinen Buchhändlern gewählt worden. Ich kann mir nicht vorstellen, dass diese Kleinen sich jetzt von einem leitenden Angestellten Thalias vertreten fühlen würden.
Stenke: Nicht nur Bücher haben ihre Schicksale, Buchhandlungen und Buchhändler auch. Joachim Güntner war das über die neuesten Verwerfungen in diesem Gewerbe.
Joachim Güntner: Der deutsche Buchhandel unterliegt einem gnadenlosen Verdrängungswettbewerb. Es ist ja bezeichnend, dass Herr Schormann seine Färbersche Buchhandlung, die alteingesessen ist, wie Sie richtig feststellen, schon zumacht. Die wird ja nicht einfach von Thalia gekauft, er schließt den Laden ja und hat dafür gesorgt, dass seine Mitarbeiter irgendwo unterkommen bei Thalia und er möglicherweise als leitender Angestellter auch. Das ist noch so ein Punkt, auf den kommen wir vielleicht noch.
Aber, dass Herr Schormann seinen Laden schon zumacht, bevor Thalia überhaupt die Pforten geöffnet hat, das zeigt also, mit welcher Furcht man eigentlich diesem Buchhandelsgiganten entgegensieht.
Stenke: Wer steckt denn hinter Thalia?
Güntner: Hinter Thalia steckt der Douglas-Konzern, der ja nicht nur Bücher verkauft, sondern traditionell bekannt dafür ist, dass er Parfum, Schmuck, Süßwaren und auch Mode verkauft. Und offenbar hält man das bei Douglas für keine disparate Mischung, die Bücher auch dazuzunehmen. Die verschiedenen Geschäftsbereiche - so heißt es gern bei Douglas - stünden in ihrer Gesamtheit für eine gemeinsame Idee, nämlich Lifestyle.
Es geht da um Einkaufserlebnisse, durch die - ich zitiere wörtlich: "Das Leben schöner wird". Und anscheinend macht der Einkauf des Lifestyle-Produkts Buch das Leben besonders schön. Denn zur Freude der Konzernleitung hat sich herausgestellt, dass dieser Geschäftsbereich rasanter wächst als etwa der Umsatz mit Parfum.
Stenke: Wie groß ist denn die Marktmacht von Thalia? Wie viel Geld können die Leute - wie man heutzutage sagt - in die Hand nehmen, um sich auf dem Buchmarkt auszubreiten?
Güntner: In der Branche heißt es, dass der Geschäftsführer von Thalia vom Douglas-Konzern eine Kriegskasse von 100 Millionen Euro bekommen hat für die Errichtung oder auch die Übernahme von Buchhandlungen. Und das alles natürlich in den so genannten 1A-Lagen der Städte nach Möglichkeit. Und der Umsatz soll zwischen 400 und 500 Millionen Euro liegen, der Jahresumsatz. Und man will das bis 2010 auf eine Milliarde Euro verdoppeln. Das sind gigantischen Wachstumsraten, wenn man weiß, was sonst im Buchhandel abläuft.
Stenke: Wer sind denn die Mitspieler auf dem Markt?
Güntner: Ja das ist natürlich Hugendubel. Das ist im gewissen Sinne, obwohl der Vertrieb da etwas anders läuft, auch die Kette Weltbild. Es war ja vor einigen Jahren, bis zum Jahre 2001, auch noch der Großbuchhändler Phönix. Aber damals haben Phönix und Thalia fusioniert und seitdem ist Thalia unangefochten die Nummer eins in Deutschland.
Stenke: Herr Güntner, Sie als Experte, können Sie uns sagen, wie der Konzentrationsprozess im Buchhandel sich auf die Verlage auswirkt?
Güntner: Noch ist es so, dass wir keine amerikanischen Verhältnisse haben. Also mit Riesenläden wie Barnes & Noble kann man es noch nicht vergleichen. Aber die Entwicklung geht offenbar dort hin. Und wenn man sich jetzt die Situation anguckt, kann man schon sagen, im vergleichenden Blick auf die USA, dass die deutschen Verleger Grund haben zu zittern, ein bisschen tun sie das nämlich.
In den USA ist es mittlerweile so, dass die Verleger dort an Barnes & Noble zahlen, um zum Beispiel mit ihren Büchern überhaupt in die Regale zu gelangen. Sie legen noch etwas drauf, damit ein Verkäufer ein Buch persönlich vorstellt und empfiehlt. Generöse Rabatte sowie die üppige Bereitstellung beispielsweise von kostenlosem Werbematerial erwartet der Großbuchhändler ohnehin. Und so ein Riese wie Barnes & Noble hat in Amerika macht genug, um Titel zu blockieren und in die Programmplanung der Verlage hineinzuwirken.
In Ansätzen, wohlgemerkt in Ansätzen, haben wir das in Deutschland auch schon. Aber noch ist es so, bei ungefähr 5000 Buchhandlungen in Deutschland, das ist ein sehr kleinteiliger Markt, dass dieses Dreiviertel aus kleinem Buchhandel nur ein Viertel des Umsatzes - also die haben relativ geringe Marktmacht, erwirtschaftet. Und noch ist das Ganze detailliert, strukturiert genug, dass man Thalia nicht mit Barnes & Noble vergleichen kann. Aber wie gesagt: Die Richtung geht da hin.
Stenke: Nun ist Herr Schormann ja auch ein Verbandspolitiker eines Verbandes, der sich, ja, traditionell versteht als doch ein sehr nobler Verein. Stellen wir doch mal die in der Politik so beliebte Sonntagsfrage: Wenn im Börsenverein des deutschen Buchhandels die Neuwahl eines Vorstehers anstünde, welche Chancen hätte dann der derzeitige Amtsinhaber Dieter Schormann?
Güntner: Ich würde vermuten, keine. Also, Herr Schormann ist jetzt in seiner zweiten Amtsperiode als Vorsteher des Börsenvereins, er ist an den Buchhändlertagen in Würzburg - ich glaube, vier Jahre ist das jetzt her, vor allem von den kleinen Buchhändlern gewählt worden. Ich kann mir nicht vorstellen, dass diese Kleinen sich jetzt von einem leitenden Angestellten Thalias vertreten fühlen würden.
Stenke: Nicht nur Bücher haben ihre Schicksale, Buchhandlungen und Buchhändler auch. Joachim Güntner war das über die neuesten Verwerfungen in diesem Gewerbe.