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Ganz oder gar nicht

Wer seinen gesamten Leichnam der Anatomie spendet, hat meist einen triftigen Grund. Oft ist es nicht der unwiederstehliche Drang, der Wissenschaft nach dem eigenen Tod zu dienen, sondern einfach praktische Erwägungen. Bei einer Ganzkörperspende übernimmt nämlich die Medizinische Hochschule Hannover die gesamten Bestattungskosten. Aber auch für die Hochschule sind die Kosten für die Überführung, Einäscherung und Beisetzung so in die Höhe geschnellt, dass sie Spenden nur noch aus dem Stadtgebiet Hannover annimmt.

    Wurde ein Leichnam gespendet, gibt es - falls die Angehörigen es wünschen - zunächst einmal eine Trauerfeier. Danach wird die Leiche einbalsamiert und in einer Mischung aus Alkohol, Glycerin, Phenol und Formalin konserviert. "Ungefähr die Hälfte der Leichen werden der Lehre zugeführt. So können Studenten und Studentinnen sehen, wie ein Mensch von innen gebaut ist", erklärt Anatom Ulrich Thorns von der Uni Hannover. Im ersten Semester beispielsweise werden die Körper schichtweise zerlegt und analysiert. Dabei werden vor allem Leichen verwendet, die relativ gesund sind. Für die Studierenden steht das Kennenlernen eines gesunden Organismus im Vordergrund. Im weiteren Verlauf des Studiums können sich die Studierenden noch einmal spezielle Teile exakt vor Augen führen. Dann wird beispielsweise nur eine Brusthöhle oder nur ein Arm präpariert, der Rest wird Forschungszwecken zugeführt. Anatom Thorns ist den Umgang mit der Leiche seit mehr als 30 Jahren gewohnt. Aber auch bei seinen Studenten hat er noch nie Ohnmachtsanfälle festgestellt. Schwierigkeiten machen eher die Angehörigen der Toten. Er rät den Spendern deshalb dringend, noch zu Lebzeiten mit der Familie ausführlich über die geplante Ganzkörperspende zu sprechen. Ein rechtliches Einspruchsrecht haben Familienmitglieder jedoch nicht. Juristisch gilt das fortwirkende Persönlichkeitsrecht der Verstorbenen.

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    Bundesverband der Körperspender e.V.

    Medizinische Hochschule Hannover

    Die Freie Universität Berlin bietet die Möglichkeit zur 'Freiwilligen Körperspende für die Anatomie'