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Gasmarkt im Umbruch

In Europa gibt es zurzeit ein Überangebot an Gas. Daraus könnte man den Schluss ziehen, dass die Verbraucherpreise demnächst sinken - aber dem ist nicht so: Mehr als 70 Gasanbieter wollen ihre Preise zum neuen Jahr anheben - nur 26 Energiefirmen dagegen senken.

Von Verena Kemna |
    Dahinter stecken unter anderem unterschiedliche Beschaffungsstrategien. Konzerne wie der Ferngaslieferant E.ON-Ruhrgas sind durch langfristige Verträge etwa mit dem russischen Gasproduzenten Gazprom auf Jahre gebunden. Neue Fördermethoden und die wegen der Wirtschaftskrise gesunkene Nachfrage haben auf dem Weltmarkt ein Überangebot an Gas produziert. Die Gaspreise an den europäischen Spotmärkten sind gesunken. Große Konzerne aber auch kommunale Versorger reagieren mit neuen flexiblen Einkaufsstrategien, erklärt Stephan Kohler, Vorsitzender der Geschäftsführung bei der Deutschen Energie-Agentur:

    "Also, dass man eine bestimmte Grundmenge über langfristige Verträge absichert, dass man sich dann den Spitzenlastbedarf über ein flexibles Portfolio mit dazu kauft, also das ist eine Einkaufsstrategie, die jedes Stadtwerk und jedes Energieversorgungsunternehmen in Zukunft viel stärker machen muss. Also da kommt es auf ein sehr intelligentes Portfoliomanagement an."

    Er beobachtet die Veränderungen auf dem Gasmarkt seit Jahren. Obwohl sich ein Wandel erkennen lässt - weg von der Ölpreisbindung und weg von den bisher üblichen Langfristverträgen - warnt Stephan Kohler vor kurzfristigen Strategien:

    "Wir haben zwar derzeit Überangebot, aber das kann sich in der nächsten Zeit und wir diskutieren ja nicht nur über diesen Winter, sondern auch über 2020 oder 2025, 2030 wollen wir es ja immer noch warm haben zu vernünftigen Preisen, und da ist es nicht von Übel, wenn man auch Langfristverträge hat, die eine bestimmte Preissicherheit garantieren."

    Nach einem Monitoring Bericht der Bundesnetzagentur sind die Gaspreise im Schnitt bereits im vergangenen Jahr um zehn Prozent gesunken. In diesem Jahr soll der Gaspreis sogar das bisher niedrigste Preisniveau von vor vier Jahren unterboten haben. Doch nur Verbraucher, die sich informieren, können von den neuen Angeboten auch profitieren. Viel wichtiger seien energieeffiziente Maßnahmen in den eigenen vier Wänden. Etwa ein neuer Heizkessel oder ein besserer Dämmschutz:

    "Also, wenn ich Energieverbrauch vermeiden kann, dann ist mir egal, wohin die Erdgaspreise gehen, ich brauche dann kein Erdgas mehr, und wir haben hohe Potenziale im Effizienzbereich, um den Heizenergiebedarf zu decken."

    Experten zufolge wird das Überangebot an Gas noch einige Jahre anhalten. Die Bundesnetzagentur spricht von einer Drei-Klassen-Gesellschaft unter den Gasverbrauchern. Demnach zahlen Haushaltskunden, die an alten Verträgen für ihre Grundversorgung festhalten, am meisten. Wer in einen Sondertarif wechselt, kann die Kosten im Schnitt um etwa 100 Euro im Jahr senken. Am günstigsten aber kann der Wechsel zu einem neuen Anbieter sein. Das meint auch Jürgen Scheurer vom Verbraucherportal Verivox:

    "Aufgrund der großen Preisunterschiede ist es ganz wichtig, sich vor Ort lokal umzuschauen und den Preis zu vergleichen, indem man im Internet seinen Verbrauch eingibt und seine Postleitzahl und dann recht schnell eine Übersicht bekommt, wer lokal bei einem selbst anbietet, und es zeigt sich sehr häufig, dass man da sehr viel Geld sparen kann."

    Es heißt, dass Kunden, die den Anbieter wechseln, bis zu 300 Euro im Jahr einsparen können. Eine gute Prognose also für flexible Haushaltskunden.