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Energiepreise
Was die Einführung eines Gaspreisdeckels bedeuten würde

In der Bundesregierung wird darüber verhandelt, ob die Gasumlage eingeführt wird oder auf anderem Weg auf die Drosselung russischer Gasimporte und die darauf folgenden Preissprünge reagiert werden soll. Eine zentrale Rolle in den Diskussionen spielt ein Gaspreisdeckel.

27.09.2022
    Ein Euro umgeben von Gasflammen
    Die Bundesregierung hat eine Expertenkommission eingesetzt, die verschiedene Modelle für einen Gaspreisdeckel prüfen soll. (IMAGO / IlluPics / )
    Die Grundidee ist, dass der Preis für einen Grundbedarf an Gas pro Haushalt festgelegt wird. Über diesen Deckel hinaus müsste weiterhin der volle Gaspreis gezahlt werden. Die Bundesregierung hat eine Expertenkommission eingesetzt, die verschiedene Modelle prüfen soll.
    Vorschläge von Wirtschaftsexperten, Gewerkschaften und Opposition
    Der wissenschaftliche Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung, Dullien, könnte sich etwa vorstellen, 5.000 Kilowattstunden als Grundsockel und 2.000 Kilowattstunden für jedes weitere Familienmitglied bei 13 Cent pro Kilowattstunde zu deckeln. Für einen durchschnittlichen Einfamilienhaushalt wird allgemein ein jährlicher Gasverbrauch von rund 20.000 Kilowattstunden angenommen. 13 Cent pro Kilowattstunde entspricht laut Dullien in etwa dem aktuellen Durchschnittspreis.
    Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Fratzscher spricht sich für einen Gaspreisdeckel aus, der pauschal 80 Prozent des Gasverbrauchs eines Haushalts abdeckt. Das würde sicherstellen, dass man zielgenau Menschen mit mittleren geringen Einkommen, die generell eine kleinere Wohnung haben, schnell und ausreichend entlaste, sagte Fratzscher dem Sender RTL.
    Die CSU hat einen Gaspreisdeckel für drei Viertel des Privatverbrauchs vorgeschlagen. Im Gespräch ist auch ein Sockelbetrag von 80 Prozent des eigenen Vorjahresverbrauchs.
    Spanien und Portugal haben bereits Preisdeckel
    Spanien und Portugal haben den Preis für Gas in der Stromproduktion gedeckelt, damit auch Elektrizität günstiger wird. Auf der iberischen Halbinsel gibt es die Sonderregelung nur, weil sie nur bedingt mit dem Rest Europas verkabelt ist. Länder wie Belgien und Italien fordern einen Preisdeckel auch auf europäischer Ebene. In einem Entwurf mit ersten Vorschlägen spricht sich die EU-Kommission jedoch gegen einen EU-weiten Preisdeckel nach dem iberischen Vorbild aus, da dies zu einem höheren Gasverbrauch führen würde.
    Was spricht für einen Preisdeckel?
    Laut IMK-Direktor Dullien würde durch die reduzierten Kosten die gemessene Inflation sinken - das wiederum stabilisiere die Inflationserwartungen, senke das Risiko einer Preis-Lohn-Spirale und beruhige Tarifkonflikte. Außerdem würden "zielgerichtet Haushalte mit Gasheizung entlastet", meint Dullien. Ähnlich äußerten sich die Verbraucherzentralen. Der Gaspreisdeckel könne ein gutes Instrument sein, wenn er schnell komme, unbürokratisch helfe und keine neuen Ungerechtigkeiten nach dem Prinzip Gießkanne hervorrufe, sagte die Chefin des Bundesverbands VZBV, Pop, der Deutschen Presse-Agentur. Für die Verbraucherinnen und Verbraucher sei die Lage extrem verwirrend, kritisierte Pop. Die Bundesregierung müsse nun schnell handeln. Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm betonte, dass aus ihrer Sicht Gas gespart werden müsse, weil sonst im Winter eine Mangellage drohe. Ein Gaspreisdeckel sei daher nur sinnvoll, "wenn er mit großen Sparanreizen verbunden" sei - etwa, wenn er nur für ein Grundkontingent gelte. Parallel könnten zudem Prämien ausgezahlt werden für diejenigen, die wenig Gas verbrauchten.
    Welche Nachteile ergeben sich?
    Neben dem hohen bürokratischen Aufwand für die Einführung der Maßnahme wird vor allem auf die Finanzierung verwiesen. Um den Endverbraucherpreis bei Gas per Deckelung zu senken, wäre laut Berechnungen des Bundeswirtschaftsministeriums aus der Staatskasse ein Betrag von 2,5 Milliarden Euro pro Cent und Kilowattstunde nötig. Die Gesamtkosten würden dann vom veranschlagten Grundbedarf, dem gewählten Deckelungspreis sowie der weiteren Gaspreisentwicklung abhängen. Wirtschaftsminister Habeck regte ein milliardenschweres Sondervermögen wie das für die Bundeswehr an.
    Was ist mit der Gasumlage?
    Die Gasumlage soll ab dem 1. Oktober erhoben werden, um die wegen ausbleibender russischer Lieferungen finanziell in Schieflage geratenen Gas-Importeure zu stabilisieren. Spätestens seit der angekündigten Verstaatlichung des Düsseldorfer Uniper-Konzerns und damit des wichtigsten Empfängers der Gelder aus der Gasumlage, steht diese wieder auf der Kippe. Denn es gibt Zweifel, ob die Erhebung der Umlage zur Finanzierung eines Staatsunternehmens verfassungsrechtlich zulässig ist. Dies lässt die Bundesregierung seit vergangener Woche prüfen.