Archiv


Gastronomie statt Geschichte?

Die letzten in Deutschland stationierten belgischen Soldaten hinterließen in der Eifel ein historisch belastetes Baudenkmal: Die ehemalige NS-Ordensburg Vogelsang. Über die Zukunft der früheren NS-Kaderschmiede liegen nun zwei Nutzungskonzepte auf dem Tisch. Das eine stammt vom Münchner Planungsbüro Müller-Rieger, das andere vom Förderverein des Nationalparks Eifel. Volker Hoffmann ist stellvertretender Vorsitzender dieses Vereins.

Moderation: Doris Schäfer-Noske |
    Doris Schäfer-Noske: Was stört Sie an dem Münchner Konzept?

    Volker Hoffmann: Also zum Beispiel stört mich, dass man jetzt sagt, das Schwimmbad wird zu einer Bar umfunktioniert. Man stellt gelbe Tore in die Landschaft hinein und sagt, das ist der Blick in diese Landschaft, das mag irgendwo anders hinpassen, aber mich stört die Farbe Gelb auch. Gelb war die Farbe des Judensterns. Wenn der Eifelturm mit einer Schrift "Eifelturm" in Gelb versehen wird - ich habe dieses Foto hier gerade vor mir liegen - und dann noch in so einer Dämmerlandschaft und hinten mit Gelb untermalt, dann wird mir ganz übel, weil irgendwie erinnert mich das an ein Krematorium, wenn ich das so im Halbdunkel sehe mit diesen gelben Rauchwolken dahinter. Also das sind so Sachen, die mich an diesem Konzept stören.

    Schäfer-Noske: Es soll ja dann daneben trotzdem auch Ausstellungsräume geben.

    Hoffmann: Das ist ja in beiden Konzepten gleich. Es soll Ausstellungen geben eben zur Zeitgeschichte, zur Regionalgeschichte, zum Nationalpark. Wir sagen zum Beispiel, Verortung der Ausstellung vorne in den Ostflügel, wo die Belgier ihre Ausstellung drin hatten, schon aus Kostengründen, und Restauration da, wo die Restauration stattgefunden hat, im Burgrestaurant.

    Schäfer-Noske: Das heißt, Sie wollen das im Prinzip so weit wie möglich historisch erhalten, so wie die Anlage jetzt auch genutzt worden ist, möglichst authentisch. Wie wollen Sie denn die historische Dimension da mit reinbringen und den Leuten klarmachen, dass sie eben hier nicht in einem normalen Burgrestaurant sitzen?

    Hoffmann: Indem man ein Teil eben so lässt, wie es mal war, eben auch als museales Stück, das kann man ja ohne weiteres machen.

    Schäfer-Noske: Es gab in der Vergangenheit auch die Diskussion, da sollte die Wehrmachtsausstellung reinkommen. Wäre das denn ein Konzept?

    Hoffmann: Nein, das wäre bestimmt kein Konzept. Also das sind ja zwei Paar verschiedene Schuhe, die Wehrmachtsausstellung und das, was sich hier abgespielt hat. Hier war in erster Linie Rassenkunde, und ich sage immer, von Vogelsang ging indirekt die Brücke nach Auschwitz, und das muss man klar machen.

    Schäfer-Noske: Also wenn ich Sie recht verstanden habe, geht es Ihnen zum Teil um eine Art Dokumentation, aber vor allem wenden Sie sich gegen den geplanten Eventcharakter, den eine solche Schwimmstätte mit einer Bar drin haben könnte?

    Hoffmann: Das ist richtig. Grundsätzlich sind einige Teile auch im Müller-Rieger-Konzept akzeptabel und auch gut, aber diesen Firlefanz oder diese Trivialität, die sollte man bitte rauslassen.

    Schäfer-Noske: Es geht ja da um eine Immobilie mit 80.000 Quadratmetern Fläche, die Instandhaltungskosten werden auf 2,5 Millionen Euro geschätzt. Wer soll das Ganze bezahlen?

    Hoffmann: Ich bin der Meinung, dass der Bund sich nicht aus der Verantwortung stehlen kann. So war unser Konzept angelegt, wir haben gesagt, eben eine Stiftung, wo der Bund Kapital hineingibt, und das andere über Public Private Partnership finanzieren, und wir haben eben auch in unserer Studie fast für jedes Gebäude einen Investor vorgelegt.

    Schäfer-Noske: Wie können Sie denn bei Ihrem Plan verhindern, dass die Anlage von Rechtsextremen als Wallfahrtsstätte missbraucht wird?

    Hoffmann: Bei unserem Plan ist es ganz einfach, weil Vogelsang gefüllt ist, Vogelsang ist mit Leben gefüllt, da wird Rechtsextrem gar keine Chance haben. So wie es jetzt im Augenblick aussieht, ist es natürlich sehr schwer, wenn Sie da ein Wachpersonal von 16 Leuten haben, die jetzt alleine da rumstehen, also da ist es ein Leichtes, auch für Rechts, dort hinzugehen und sich jetzt irgendwo als Mauerpicker zu betätigen, um sich dort irgendwelche Souvenirs zu holen oder am Truppenübungsplatz irgendwie eine Veranstaltung abzuhalten. Das ist natürlich leicht möglich, Sie können das Gelände so nicht bewachen.

    Schäfer-Noske: Wie soll es denn jetzt weitergehen? Sie hatten Ihr Konzept auf dem Tisch, dann gab es eben dieses andere Konzept. Ist da noch ein Kompromiss möglich?

    Hoffmann: Also ich finde, das sollte möglich sein. Man müsste tatsächlich über diese Knackpunkte reden, und wenn man das selbst nicht entscheiden kann, dann muss man eben andere entscheiden lassen, und andere entscheiden lassen, das hieße eben, was auch in der Herbst-Akademie gefordert war, ein internationaler Architektenwettbewerb mit Studenten drin und dergleichen. Stellen Sie sich mal Libeskind vor, was würde Libeskind zu Vogelsang sagen? Das würde mich doch mal interessieren.