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Gauweiler kandidiert für den CSU-Vize

Freunde und Feinde nennen ihn gerne den "schwarzen Peter". Peter Gauweiler tritt überraschend zur Kampfkandidatur um einen Vizeposten bei der bayrischen CSU an. Und wie immer polarisiert er mit seinem Vorgehen und mit seiner Person.

Von Michael Watzke |
    Es gibt Erfahrungen, die hat ein Peter Gauweiler einem Horst Seehofer voraus. Zum Beispiel Wahlkampf gegen den Sozialdemokraten Christian Ude.

    Peter Gauweiler: "Nur ich hab die Erfahrung gemacht, dass ich gegen ihn verloren habe."

    Eine hauchdünne Niederlage war das, bei der Münchner OB-Wahl 1993, bei der Gauweiler am Ende nur ein paar Hundert Stimmen fehlten. Der "Schwarze Peter", wie ihn Freunde und Feinde gern nennen, warnt seinen Ministerpräsidenten vor dem roten Christian:

    "Aufpassen! Nicht auf die leichte Schulter nehmen. Ich fände es ganz ungekonnt, so zu tun, als wenn man davon nicht beeindruckt wäre."

    Beeindruckt ist die CSU derzeit vor allem von Gauweilers Ankündigung, Anfang Oktober beim Parteitag für den Posten eines stellvertretenden Parteivorsitzenden zu kandidieren. Manche sind positiv, manche negativ erstaunt. Der Landtagsabgeordnete Georg Eisenreich ist ein Gauweiler-Freund.

    "Peter Gauweiler ist ein leidenschaftlicher Vollblutpolitiker mit einem klaren Profil. Ich glaube, dass Dr. Gauweiler sehr gute Chancen hat, als Vize gewählt zu werden. Ich glaube, an der Basis freuen sich viele, dass er kandidiert."

    Eisenreich ist viel an der Basis seiner Partei unterwegs. Er spürt, dass die Bayern derzeit über nichts heftiger diskutieren als über den Euro, Schuldenberge und Rettungsschirme für Griechenland. Das müsse sich auch in der CSU widerspiegeln. Gauweiler könne das leisten.

    "Ein grandioser Redner. Aber trotzdem auch ein Intellektueller. Und beim Thema "stabile Währung" spricht er einfach vielen an der Basis aus der Seele."

    Nicht allen, wohlgemerkt. Der Franz-Josef-Strauß-Zögling sei ein Egomane mit übersteigertem Sendungsbewusstsein, grummelt ein Ex-CSU-Vorstand. Aus niederbayerischer Perspektive habe der Schwarze Peter aus München eine klassische Solo-Nummer durchgezogen, um den Oberbayer Horst Seehofer zu desavouieren. Ein Affront sei das gewesen, eine Okkupation der Partei sogar. Der CSU-Vorsitzende wiegelt ab:

    "Ich hab da überhaupt nix zu beanstanden. Ich hab sogar ein sehr gutes Verhältnis zum Peter Gauweiler. Wie zu allen anderen Kandidaten auch."

    Das Verhältnis der beiden alten CSU-Recken ist allerdings nicht so eng, dass Gauweiler Seehofer über seinen Entschluss vorab informiert hätte. So kam es, dass der CSU-Chef am Montag vor der Presse seine Favoriten für die vier Vize-Parteichefposten nannte. Peter Gauweiler erwähnte Horst Seehofer dabei nicht.

    Gauweiler: "Da wusste er auch noch nichts von seinem Glück. Ich hab ihm das gestern erst mitgeteilt. Ihm einen Brief geschrieben, dass ich mich für das Amt bewerbe. Dass hinter mir keine großartigen Kreise stehen, sondern mein eigener Entschluss. Und dass ich für den stehe. Ich freue mich sehr, wenn er mich unterstützt. Und wenn nicht, wäre ich auch nicht beleidigt. Aber das erste wäre mir natürlich lieber."

    Der 62jährige wäre für Seehofer kein bequemer Parteivize. Er gilt als Rebell, als unkontrollierbar, sagen seine innerparteilichen Gegner, die das GAU in Gauweiler gern mit "Größter anzunehmender Unabhängiger" übersetzen. Andererseits könnte der streitbare Bundestagsabgeordnete der Partei und Seehofer wieder mehr konservatives Profil geben. Der Regierungschef gilt vielen an der Basis als wankelmütig und prinzipienschwach, Gauweiler als das Gegenteil. Er umreist seine Ziele klar und unmissverständlich.

    Gauweiler: "Eine kritischere Haltung in der Debatte um den Euro. Die Wiederherstellung der Stabilitätskriterien. Eintreten für ein selbstbewusstes Bayern in einem Europa der Regionen und gegen einen europäischen Zentralstaat."

    Beim Kinderkartenspiel "Schwarzer Peter" ist es manchmal besser, den schwarzen Peter selbst in der Hand zu halten. Dann weiß man wenigstens, wo er sich gerade rumtreibt und dass kein anderer ihn gerade auf der Hand hat. Zum Beispiel einer, der eine Anti-Euro-Partei gründen möchte. Das traut so mancher Gauweiler zu, weshalb viele in der CSU geradezu aufatmeten, als sie von seiner Kandidatur erfuhren – sie hoffen nun, dass Seehofer ihn unterstützt.

    Seehofer: "Ich hab noch nie ein Problem mit starken Leuten gehabt. Noch nie. Selbst wenn alle, die in Konkurrenz zu mir gestellt werden, stellvertretende Parteivizes wären, dann wäre das für mich überhaupt kein Problem."

    Jetzt gibt es also fünf Kandidaten für vier Stellvertreterposten. Die beiden weiblichen Kandidaten – Landtagspräsidentin Barbara Stamm und Justizministerin Beate Merk - gelten als gesetzt. Schließlich muss die Partei ihre gerade erst beschlossene Frauenquote einhalten. Also müsste Gauweiler entweder Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer oder Verteidigungsstaatssekretär Christian Schmidt rauskegeln. Eine solche Kampfkandidatur hatte es zuletzt zwischen Edmund Stoiber und Alois Glück gegeben – vor 22 Jahren.

    Gauweiler: "Man nennt es Demokratie. Meine Aufgabe ist, zu stehen. Und die Delegierten müssen wählen. Wählen heißt immer auch auswählen. Ich möchte nicht, dass die negative Entwicklung sich so fortsetzt und ich da in zwei Jahren wieder mit großartigen Klagen nach Karlsruhe ziehe und das Geschehene kritisiere. Sondern ich möchte mir auch selbst sagen können: Ich habe rechtzeitig einzugreifen versucht."

    Rechtzeitig eingreifen gegen den Rettungsschirmwahnsinn, wie Gauweiler den Euro-Stabilitätsfonds einmal nannte. Georg Eisenreich, der CSU-Landtags-Abgeordnete, sieht gute Chancen für ihn:

    "Ich glaube, die Basis hat ein gutes Gespür. Ich persönlich werde ihn unterstützen."

    Es wird ein spannender Parteitag werden. Spannender vielleicht, als es manchem Christsozialen lieb ist. Aber die Zeiten der Ruhe sind in der CSU sowieso schon lange vorbei.