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GDL-Streik
Bahnhofs-Läden beklagen Umsatzeinbußen

Geschäfte in Bahnhöfen leben von Reisenden, die noch einen Roman, eine Zeitschrift oder etwas zu essen für die Fahrt brauchen. Was aber bedeutet es in der Kasse, wenn die Laufkundschaft wegen des GDL-Streiks ausbleibt oder zurückgeht?

Von Anja Nehls | 05.05.2015
    Eine junge Frau wartet am späten Abend vom 06.11.2014 am Bahnhof in Hildesheim (Niedersachsen) auf einen Zug.
    Nur wenige Reisende kaufen Essen oder Lektüre für ihre Fahrt. (pa/dpa/Stratenschulte)
    In der Haupthalle sind jede Menge Sitzplätze frei an den kleinen Tischen zwischen Kaffeestand, Currywurst, Hamburgern, Bäckerei und Obsttheke. Normalerweise stapeln sich hier die Reisenden mit Rollkoffern an der Kaffeebar gibt es lange Schlangen. Das ist heute anders. Die junge Verkäuferin langweilt sich.
    "Also heute früh war nicht viel los, eigentlich gar nichts eigentlich, ja das ist doof. Und hier am Hauptbahnhof, das merkt man. Man steht hier nur rum, man guckt, wartet, dass vielleicht doch noch ein Gast kommt, also ist auf jeden Fall ruhiger."
    Verglichen mit Tagen ohne Streik hat sie weniger als Hälfte Kaffee, Cappuccino oder Latte Macchiato verkauft, schätzt die junge Frau. Ein Kollege von ihr, Mitarbeiter in einem Modegeschäft in der Nähe der Anzeigetafel, kann das bestätigen. Seit er heute morgen aufgeschlossen hat, kam kein einziger Kunde:
    "Wir sind offen seit acht Uhr, das sind schon zwei Stunden, normalerweise 100 Euro, aber jetzt zero. Wir müssen gucken, weil the best hours are from eleven to five pm."
    Viel Zeit für Beratung im Brillenladen
    Ähnlich leer ist es im Schmuckladen und am Eisstand. Allein in der Buchhandlung gibt es ein paar Kunden, die meisten lesen und vertreiben sich die Zeit bis - vielleicht - doch ein Zug kommt. Im Brillenladen gleich nebenan hofft man, dass die Umsatzeinbußen von Streik zu Streik geringer ausfallen.
    "Beim letzten Streik haben wir es nicht so sehr gemerkt, die Male davor haben wir es schon deutlicher gemerkt und diesmal hat es ja gerade erste angefangen."
    Ein wenig frequentierter Brillenladen mit prompter Bedienung und Zeit für Beratung könnte für einige Kunden natürlich auch ein besonderer Anreiz sein. Zumindest wenn sie mit der U-Bahn, der Straßenbahn oder dem Fahrrad kommen können - so die Hoffnung.
    Auch auf dem großen Platz vor dem Hauptbahnhof ist es leerer als sonst. Eine Dame mit Werbezetteln für eine Stadtrundfahrt rennt denjenigen hinterher, die wie Touristen aussehen. Wenn die Bahn streikt, findet sie rund zwei Drittel weniger Kunden als sonst:
    "Ganz schlecht - wollen Sie mal mitfahren - ja ganz schlecht, weil es kommt sonst immer mehr raus - ja da kriegen Sie Rabatt, englisch, german - aber ansonsten war hier bedeutend mehr, mehr Zulauf, möchten Sie mal mitfahren."
    Taxifahrer freuen sich
    Zulauf haben immerhin die Taxifahrer. Auf der Taxispur vor dem Bahnhof wartet kaum ein Taxifahrer mal länger als zwei Minuten.
    "Ja natürlich, ich meine, man beobachtet das ja, die Straßen sind voll und dann natürlich auch Menschen, die verzweifelt doch noch irgendwo hin wollen, einen Termin erreichen wollen, in Zahlen kann ich das nicht ausdrücken, ich habe jedenfalls keine Langeweile und stehe nicht rum, ich fahre."
    Dass die Fahrten an solchen Tagen allerdings die Kasse klingeln lassen, bezweifeln fast alle Taxifahrer.
    "Es gibt viele Staus, man muss lange im Stau bleiben und das bringt gar nichts."
    Für fast alle Geschäftsleute am Berliner Hauptbahnhof bedeutet der Lokführerstreik wirtschaftlich jedenfalls erhebliche Verluste.