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Gebärmutterhalskrebs vorbeugen

Ein Impfstoff gegen Papillom-Viren schützt vor der Entstehung von Gebärmutterhalskrebs. Das habe die erste Auswertung einer großen Impfstudie ergeben, berichteten Experten auf der europäischen Krebskonferenz ECCO 13 vergangene Woche in Paris. Der Impfstoff, der eine Ansteckung mit Warzenviren verhindern soll, enthält nachgebaute Fragmente von zwei verschiedenen Papillom-Viren. Diese Viren werden für eine große Zahl von Gebärmutterhals-Krebs-Erkrankungen von Frauen verantwortlich gemacht.

Von Martin Winkelheide |
    Welche künftige Bedeutung des Impfstoffes hat, erklärt Prof. Peter Boyle, Direktor der Internationalen Krebsforschungs-Agentur in Lyon.

    Boyle: Es bedeutet einen wirklichen Durchbruch. Es könnte die öffentliche Gesundheit sehr günstig beeinflussen. Vorausgesetzt, es gelingt uns, viele Jungen und Mädchen - auf der ganzen Welt - zu impfen. Der Impfstoff ist, nach allem, was wir wissen, sehr wirksam. Wir könnten mit ihm verhindern, dass sich Jugendliche mit Papillomviren anstecken und Frauen später dann an Gebärmutterhalskrebs erkranken.

    Winkelheide: Es gibt viele verschiedene Papillomviren, die Gebärmutterhalskrebs auslösen können. Der Impfstoff schützt nur vor der Ansteckung mit zwei Subtypen des Virus. Ist der Impfstoff wirklich gut genug?

    Boyle: Der Impfstoff schützt vor einer Ansteckung mit Subtyp 16 und 18. Diese sind für etwa 70 Prozent aller Gebärmutterhals-Krebs-Erkrankungen weltweit verantwortlich. Für 60 Prozent der Fälle in Europa - aber in Afrika für 80 Prozent der Fälle. Dieser Impfstoff würde Afrika schon jetzt sehr helfen.
    In Zukunft könnten wir den Impfstoff um zusätzliche Komponenten erweitern. Je nachdem, wen und in welchem Teil der Erde wir impfen wollen.

    Winkelheide: In Afrika ist die Situation eine andere als in Europa.
    Bedeutet der Impfstoff, dass Frauen in Europa eines Tages auf Vorsorge-Untersuchungen wie den Pap-Test verzichten können?

    Boyle: Der Pap-Test ist und bleibt wichtig. Mindestens noch für eine - wenn nicht zwei Generationen von Frauen in Europa. Denn die Papillomviren 16 und 18 sind bei uns nur für 60 Prozent der Gebärmutterhalskrebserkrankungen verantwortlich. Wir dürfen die übrigen 40 Prozent nicht übersehen. Also müssen wir die Vorsorge-Programme intensiv und auf hohem Niveau weiterführen.
    In 15, 20 oder 25 Jahren - je nachdem wie erfolgreich künftige Impfkampagnen sind - könnte die Situation anders aussehen. Und wir könnten auf das Vorsorge-Programm verzichten. Vielleicht.

    Winkelheide: Ein Problem, so war hier in Paris zu hören, könnte der Preis sein. Erst nach drei Spritzen ist der Impfschutz gegen Papillomviren vollständig aufgebaut - so ähnlich wie bei der Impfung gegen das Lebervirus Hepatitis B.
    Drei Impfstoffdosen - das könnte viel zu teuer sein für Menschen in Entwicklungsländern.

    Boyle: Genau das müssen wir verhindern. Tatsächlich gab es vor 20, 30 Jahren Probleme, viele Menschen in Entwicklungsländern gegen Hepatitis-B zu impfen - wegen der hohen Kosten. Genauso gab es Probleme, HIV-Infizierte in armen Ländern mit guten und wirksamen AIDS-Medikamenten zu versorgen.
    Zwei Problem-Felder, von denen wir lernen müssen. Bei der Impfung gegen Papillom-Viren kommen wir nur mit einem globalen Ansatz weiter. Eine internationale Stiftung könnte dafür sorgen, dass der Impfstoff zu einem erschwinglichen Preis hergestellt und abgegeben wird. Damit er wirklich allen Menschen nützt, die ihn brauchen.

    Winkelheide: Wann ist mit einem ersten großen Impfprogramm zu rechnen?

    Boyle: Wir warten darauf, dass die endgültigen Ergebnisse der Phase-III-Studie veröffentlicht werden. Dann muss der Impfstoff noch von der US-amerikanischen Food and Drug Administration sowie der europäischen EMEA zugelassen werden. Und dann können wir mit der Planung von ersten Impfprogrammen beginnen. Wir müssen uns also noch etwas gedulden.