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Gebäudekühlung durch Regenwasser und Kletterpflanzen

Das Institut für Physik der Berliner Humbold-Universität ist ein Experimentalbau. Dort werden neue Wege der Kühlung des Gebäudes beschritten - mit Hilfe von Kletterpflanzen und durch die Nutzung von Regenwasser. Wissenschaftlich begleitet wird das Experiment vom Forschungsbereich Wasserhaushalt der Technischen Universität Berlin. Wie hat sich dieser Bau nach zwei Jahren bewährt?

Von Eva Firzlaff |
    Mehr Glas kann man kaum verbauen. Das vierstöckige Gebäude mit mehreren Innenhöfen besteht - zumindest nach außen - fast nur aus Glas. Solche Häuser heizen sich im Sommer gut auf und es muss für die Kühlung bald mehr Aufwand betrieben werden als im Winter für die Heizung. Das ist teuer und außerdem heizen die Kühlanlagen die Umwelt.

    In Adlershof sollen Regenwasser und Kletterpflanzen das kostengünstiger und vor allem umweltfreundlicher erledigen. Vor anderthalb Jahren gepflanzt klettern 450 Pflanzen an Seilen außen vor den Fenstern.

    " Es gibt an jeder Fassade unterschiedliche Arten. Wir haben hier im Südbereich Clematis. In einem Hof komplett nur den Blauregen, in einem Hof haben wir eine Kletterhortensie und Kiwis gemischt. Dann gibt es auch die Trompetenblume in einem anderen Hof. Das ist auch eine unserer wissenschaftlichen Fragestellungen, welche Pflanzen sich für so einen Standort eignen. Denn die Pflanzen wachsen nicht komplett aus dem Boden, die sind in jeder Etage angebracht, die haben eventuell auch schlechtere Standortbedingungen, wenn sie aus einem Kübel wachsen, der an der Fassade hängt. "

    So Marcus Schmidt vom Forschungsbereich Wasserhaushalt der Technischen Universität Berlin. Kiwis und Kletterhortensien sind schon ganz ordentlich gewachsen, die Clematis im zweiten Sommer noch etwas dünn. Geplant ist, dass die Fenster etwa zur Hälfte verschattet werden. Allerdings besitzen nur die Fassaden einen grünen Vorhang, hinter denen keine Büros liegen. Die großen Bürofenster haben - ganz herkömmlich – außen eine automatische Sonnenschutzjalousie und innen Blendschutz nach Bedarf. Doch Prof. Neumann zum Beispiel würde lieber durch einen Pflanzen-Vorhang gucken.

    "Die grüne Fassade wäre mir lieber. Und noch lieber wäre mir, wenn die Sonnenrollos gehen würden, die sind nämlich schon defekt. "

    Nein, nicht defekt, nur eben automatisch abgeschaltet, weil es zu windig ist. Die Pflanzen dagegen stört der Wind nicht. Das Haus soll, wenn es denn gut bewachsen ist, einen direkten Vergleich ermöglichen von technischer Jalousie und Kletterpflanzen-Vorhang. Die bepflanzten Fenster sind aber nur die eine Hälfte des Experiments. Die andere ist das Regenwasser. Es wird gesammelt in 5 Zisternen mit insgesamt 60 m3 Fassungsvermögen und genutzt für Pflanzen und Klimaanlage. Regenwasser wird in die Abluft gesprüht und kühlt in einem Wärmetauscher die von außen eingeleitete Luft. Was dann noch zuviel ist, versickert in den Innenhöfen. Das funktioniert selbst bei Starkregen.

    "Hier stehen wir im Südhof. Der ist dazu gedacht, Wasser aufzunehmen, wenn wir einen großen Starkregen haben. Wir haben hier einen Teich, der ist immer mit Wasser gefüllt. Bei Starkregen wird hier das Wasser eingeleitet, wenn die Zisternen voll sind, um das Wasser zu versickern. Der Teich wird dann immer weiter angestaut, in den Randbereichen versickert das dann in den Untergrund. "

    Allein das Dach hat eine Fläche von 4.700 m2. Seit dem Jahr 2000 müssen Berliner Haus- und Grundstücksbesitzer bezahlen, wenn sie Regenwasser in die Kanalisation einleiten. 1,50 Euro je m2 versiegelter Fläche. Das wären allein für dieses Dach 7.050 Euro im Jahr. Die werden eingespart. Zudem schaffen die Pflanzen über die Verdunstung ein angenehmeres Klima ums Haus. Und es soll mit diesem Modell nach Wegen gesucht werden, Regenwasser eben nicht in die Mischkanalisation einzuleiten. Mischkanalisation ist in Berlin verbreitet und bedeutet, dass Abwässer aus den Häusern und Regen von Dächern und Straßen im selben Abwasserkanal zur Kläranlage fließen.

    "Wenn es einmal stark regnet dann reicht die Dimensionierung dieser Kanäle immer nicht. Und in Berlin laufen dann diese Mischabwässer etwa 20 mal im Jahr direkt in die Oberflächengewässer rein. Dann haben wir eine große Belastung, eine hygienische Belastung und eine Nährstoffbelastung in unseren Gewässern. Deshalb versuchen wir an diesem Gebäude praktisch kein Regenwasser abzuleiten. Auch international gibt es große Probleme mit Mischkanalisationsgebieten. Deshalb ist unsere Forschung auch international stark nachgefragt im Moment. "

    Kontaktadresse:
    www.gebaeudekuehlung.de