Hans Michelbach: Guten Morgen, Frau Klein.
Klein: Herr Michelbach, schauen wir uns einige ja doch durchaus interessante Punkte an, auf die man sich nun wohl verständigt hat: Stärkerer Rechtsanspruch auf Teilzeitarbeit, Kappung der Mietpreiserhöhungen, Makler werden künftig bezahlt von jenen, die sie beauftragt haben. Das klingt nach Wohltaten für die Bürger. Weshalb nicht gleich so?
Michelbach: Wir wollen natürlich zunächst alles besprechen, was Wachstum und Beschäftigung fördert, und wollen natürlich aber an einigen Schrauben drehen, die die Arbeitnehmerschaft verbessert. Also es ist verteilt. Die Einigung in den Wirtschaftsfragen zwischen CDU und CSU ist ein Mutmacher für den Wirtschaftsstandort und für Wachstum und Beschäftigung. Wir wollen die Chancen für eine starke Wirtschaft nutzen. Das steht im Vordergrund und natürlich gibt es einige Bereiche, die auch einer Verbesserung bedürfen.
Klein: Lassen Sie uns bei diesen Punkten bleiben. Ist da jetzt klar, das ist auch mit der CSU schon abgesegnet, genau so wird es heute beschlossen werden in der großen Runde?
Klein: Herr Michelbach, ich habe gerade drei ganz konkrete Punkte Ihnen genannt, dass wir so ein bisschen von dem Überbau mal zum Detail kommen. Können wir davon ausgehen, dass das so auch von der CSU zumindest durchgewunken werden wird, oder bestehen da aus Ihrer Hinsicht noch Hürden, die es zu nehmen gilt?
Michelbach: Wir haben natürlich ein Geben und Nehmen in der Großen Koalition. Uns war natürlich wichtig, dass wir Innovations- und Investitionsanreize schaffen. Da haben wir bei der degressiven AfA, bei der Ansparabschreibung für Ausrüstungsinvestitionen, einen wesentlichen Erfolg in der Mittelstandsfinanzierung, in der Mittelstandsförderung durchgesetzt. Dann müssen wir natürlich auch bei anderen Dingen nachgeben.
Klein: Und dann verstehen wir richtig, deswegen haben Sie in diesen Punkten, die ich gerade genannt hatte, was Mietrecht angeht zum Beispiel und den Rechtsanspruch auf Teilzeitarbeit, deswegen hat sich die CSU da auch bewegt?
Klein: Eine Frage, für die sich viele Bürgerinnen und Bürger interessieren, die auf der Suche nach einer Wohnung sind, die immer erst mal über die Hürde Maklergebühr kommen. In anderen Staaten ist es durchaus üblich, dass diese Maklergebühr vom Vermieter bezahlt wird, also von dem, der in der Regel den Makler beauftragt. Kann man davon ausgehen, dass das jetzt in trockenen Tüchern ist?
Michelbach: Man kann davon ausgehen, dass wir eine Umkehrung des Maklersystems bekommen. Wir haben hier sowieso sehr viele Streitfälle, das ist sehr streitanfällig, was wir im Moment haben. Ich gehe davon aus, dass wir hier dadurch Verbesserungen erreichen.
Klein: Ein Gegenargument war ja immer, das würde dann automatisch auf die Miete umgelegt. Aber bei diesem Argument beharren Sie nicht mehr?
Michelbach: Ich glaube, wenn wir gleichzeitig hier gerade in den Ballungsgebieten, wo das besonders eklatant ist, eine Begrenzung auf 15 Prozent Erhöhung haben, ist diese Gefahr gebannt.
Klein: Herr Michelbach, schauen wir noch mal auf die Punkte, wo noch nicht ganz klar ist, ob es eine Einigung gibt oder nicht, oder das zumindest noch nicht feststeht. Stichwort Mindestlohn. Wird das heute ein Thema sein?

Klein: Können Sie den andeuten, Herr Michelbach? Von der CDU gab es ja deutlich mehr Bereitschaft an der Stelle. Da wurde schon gesagt, Arbeitgeber und Gewerkschaften können sich verständigen, der Bundestag würde das dann beschließen. Da, sage ich mal, schießt die CSU noch quer?
Michelbach: Wir schießen nicht quer, sondern wir wollen natürlich die marktwirtschaftlichen Ansätze der Tarifautonomie, der Tarifpartnerschaft erhalten. Deswegen wollen wir natürlich keine gesetzliche Lösung. Die Lösung liegt zwischen dem Gesetzgeber und der Tarifpartnerschaft.
Klein: Aber so sah es ja zum Schluss aus, dass man das wirklich den Tarifparteien durchaus überlässt. Was spricht denn dagegen aus Sicht der CSU?
Michelbach: Das spricht dahin gehend dagegen, dass nach wie vor die Tarifpartnerschaft nur eine Statistenrolle spielen soll. Das wollen wir nicht. Wir wollen die Verantwortung der Tarifpartner mit einbinden und deswegen wird es in diesem Bereich noch Verhandlungen geben müssen.
Klein: Wo konkret erwarten Sie da Entgegenkommen der SPD?
Michelbach: Ich erwarte natürlich bei der SPD, dass sie auch die Tarifautonomie als wesentliches Gut in einer sozialen Marktwirtschaft noch stärker gewichtet.
Klein: Das heißt was?
Michelbach: Das heißt, dass sie natürlich darauf zugeht, dass ein reiner Beschluss durch den Gesetzgeber ohne Rücksicht auf die Umstände, die beim einzelnen Wirtschaftsstandort in der Region vorhanden sind, Rücksicht nimmt.
Klein: Herr Michelbach, schauen wir noch auf ein Thema, das viele Bürger in den vergangenen Tagen beschäftigt hat: die Frage nach der Pkw-Maut. Das klang heute Morgen auch in der Sendung schon an. Die CSU hat ja davon den Koalitionsvertrag abhängig gemacht. Bleiben Sie bei dem Standpunkt?
Klein: Herr Michelbach, ein zentrales Argument ist ja, wenn die deutschen Staatsbürger wiederum entlastet werden über die Kfz-Steuer, dann bleiben noch fünf Prozent ausländische Nutzer von Straßen, und was die reinbringen, so eine Rechnung der Gegenseite, das würde durch die Verwaltungskosten komplett verschlungen. Das heißt, es würde eigentlich gar nicht mehr Geld bringen.
Michelbach: Ja, diese Rechnung ist eine Milchmädchenrechnung. Wir haben ausgerechnet, dass hier rund 900 Millionen für den Infrastruktur-Topf erschlossen werden kann. Ich glaube, diese offiziellen Rechnungen, die auch durch das Verkehrsministerium erhärtet sind, sollte man für bare Münze nehmen und nicht immer wieder Wasserstandsmeldungen dagegen führen.
Klein: Kurz abschließend: es kann durchaus sein, dass an der Frage Pkw-Maut die Koalition noch platzt beziehungsweise nicht zustande kommt, weil die CSU sagt, ohne Pkw-Maut mit uns kein Koalitionsvertrag?
Michelbach: Ich sehe die Koalitionsverhandlungen auf dem Weg, uns entgegenzukommen. Wir sind auch bei vielen Teilen entgegengekommen. Wir haben jetzt in der Wirtschaftsarbeitsgruppe wesentliche Fortschritte erzielt im Bereich Investitionsanreize, Innovationen und wir sind auf einem guten Weg. Wir brauchen eine starke Wirtschaft, wir müssen Mut für einen starken Wirtschaftsstandort haben und da sind wir natürlich alle gefordert, Kompromisse zu bekommen beziehungsweise zu verhandeln, und wir sind da auf einem guten Weg. Ich sehe zuversichtlich in die Entwicklung und in die Verhandlungen hinein.
Klein: Die CSU hofft weiter auf Entgegenkommen beim Thema Pkw-Maut – das war heute Morgen im Deutschlandfunk Hans Michelbach, der Chef der CSU-Mittelstandsunion, zum Stand der Koalitionsverhandlungen in Berlin. Danke für das Interview.
Michelbach: Vielen Dank!
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