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Gebührenchaos in Hessen

Mehr als 400 falsche Bescheide über Langzeitstudiengebühren musste die Uni Marburg in der vergangenen Woche zurücknehmen, und die Grüne Abgeordnete Sara Sorge stellte fest, dass das nicht die einzigen Anlaufschwierigkeiten beim hessischen Studienguthabengesetz waren:

Von Michael Brandt |
    Allein an der Frankfurter Uni wurden von 3500 Widersprüchen 3400
    stattgegeben; in Kassel wurden die Gebührenbescheide mit dem Hinweis, dass die Gebühr bis zum 28. Mai zu entrichten sei, abgeschickt; andernfalls drohe die Exmatrikulation; jetzt schafft es die Uni nicht, die Widersprüche rechtzeitig zu bearbeiten. In Marburg wurde festgestellt, dass etwa 400 von 2500 Gebührenbescheiden fehlerhaft waren. Allein das ist eine erschreckend hohe Zahl.


    Gebührenchaos an den hessischen Unis werfen die Grünen also CDU-Wissenschaftsminister Udo Corts vor; das Studiengebührengesetz sei gegen den Widerstand der Unis übereilt eingeführt worden, das Chaos gebe im übrigen Anlass zum Zweifel, ob das Gesetz überhaupt Sinn mache:

    Es bleibt festzustellen, dass das Gesetz wirklich einen immensen Schaden angerichtet hat, der bis jetzt noch gar nicht abzusehen ist. War die Entfernung von den paar Scheinstudenten das wirklich wert? Die Scheinstudenten haben ja nicht gestört, sie waren ja gar nicht da. Aber die zahlreichen, die Sie jetzt ihrer akademischen Zukunft beraubt haben, die sind jetzt weg.

    Nicola Beer, hochschulpolitische Sprecherin der Liberalen legte nach: nicht nur, dass es Chaos gebe, darüber hinaus würde ein Bürokratiemonstrum geschaffen, denn das Erstellen der Bescheide und das Beachten von zahllosen Sonderklauseln und Ausnahmetatbeständen überfordere die Univerwaltungen; und schließlich blieben die Einnahmen durch die Gebühren erschreckend hinter den Erwartungen zurück:

    1,4 Millionen Einnahmen nach knapp 1/2 Jahr Gültigkeit des Gesetzes; eingeplant waren 24 Millionen, selbst wenn man das zweite Semester dazurechnet, bleibt das erheblich hinter den Erwartungen. Hier zeigt sich schon sehr deutlich, dass das eine reine Luftbuchung war.

    SPD Mann Michael Siebel schließlich zog das Fazit:

    Und dann reden Sie noch vom Bildungsstandort Hessen. Das ist eine Wortverdreherei! Mit dem Studiensteuergesetz haben sie eine neue Qualität zur Zerstörung des Bildungsstandortes Hessen in die Wege geleitet.

    Eva Kühne-Hörmann, Hochschulpolitikerin der CDU, hatte es aufgrund der Fakten, schwer, etwas zu entgegnen: die etwas laue Rechtfertigung daher: bei Gesetzen seien Anlaufschwierigkeiten ganz normal:

    Bei keinem Gesetz, das neu in Kraft tritt, ist es so, dass sich die Verwaltung so drauf eingespielt hat. Insofern handelt es sich um ein ganz normales Verfahren. Zumal die fehlerhaften Bescheide bereits korrigiert worden sind, und die betroffenen deshalb keinen Schaden haben.

    Und Hochschulminister Udo Corts musste etwas kleinlaut einräumen, dass nicht alles zum Besten gelaufen sei, ging aber gleichzeitig zum Angriff auf die Bundesregierung über, Stichwort Toll Collect:

    Bei uns ist im Gegensatz zu Toll Collect kein Schaden entstanden. Es ist richtig, es haben Fehler stattgefunden, aber das ist normal. Aber was in Berlin geschehen ist, das ist ein echter Schaden von hunderten von Millionen, die ohne weiteres in die Bildungspolitik gegangen waren.

    Die Debatte Hessischen Handtag war damit zu Ende, die Diskussion an den Unis und die Abarbeitung der tausenden Widersprüche wird mit Sicherheit noch einige Monate in Anspruch nehmen.