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Gebührenstreit an der Uni Hohenheim

Der Haussegen hängt an der Universität Hohenheim bei Stuttgart schief. Studierende und Hochschulleitung sind unterschiedlicher Meinung darüber, wie man ein sich abzeichnendes Haushaltsloch füllen könne. Während der Rektor die nötigen 1,2 Millionen Euro aus den erhobenen Studiengebühren beisteuern will, sagen die Studierenden: Nicht mit uns!

Von Thomas Wagner | 04.02.2009
    Zwei Dinge haben Simon Munder und Ralf Kurasch gemeinsam: Beide studieren an der Uni Hohenheim den zukunftsträchtigen Studiengang "Nachwachsende Rohstoffe und Bioenergie" im dritten Semester. Und beide sind sauer wegen der jüngsten Haushaltsplanungen des Rektorates. Der Grund: Die angeblich unsachgemäße Verwendung ihrer Studiengebühren.

    "Prinzipiell ist ja im Gesetz geregelt, dass sie ja der Verbesserung der Lehre und des Studiums dienen soll. Und aus dem Grund halt ich jetzt einfach so eine unsachgemäße Verwendung für Heizkosten primär, für das Stopfen von Haushaltslöchern für absolut nicht gerechtfertigt. Weil ich nicht sehen kann, dass dadurch Studium und Lehre verbessert werden können. Da wird nur der Status Quo erhalten."

    "Mich wurmt an der ganzen Geschichte, dass einfach die Studiengebühren, die eigentlich zur Verbesserung der Lehre bereitgehalten sollten, jetzt verwendet werden sollen, um absolut grundlegende Sachen der Universität zu decken, was eigentlich vom Land Baden-Württemberg bezahlt werden müsste."

    Mit anderen Worten: Der neue Haushaltsentwurf sehe die Finanzierung von Pflichtaufgaben und das Stopfen von Haushaltlöchern mit Gebührengeldern vor. Und das sei nicht im Sinne des Erfinders gewesen: Gebührenfinanzierte Projekte sollten nach Lesart der Studierenden zusätzliche Verbesserungen im Lehrbetrieb schaffen. Konkret geht es um einen so genannten 'planerischen Fehlbetrag' von 3,2 Millionen Euro im Haushalt für das Jahr 2009. Ein Großteil davon soll eingespart werden; 1,2 Millionen Euro möchte Rektor Hans-Peter Liebig allerdings aus Gebührengeldern finanzieren.

    Ergebnis. Protest beim Hochschul-Asta, der offiziellen Studentenvertretung. Knapp 93 Prozent der Teilnehmer an einer vom Asta organisierten Urabstimmung erklärten sich mit dieser Verwendung der Studiengebühren nicht einverstanden. Allerdings haben sich an dieser Abstimmung nur 17 Prozent der Hohenheimer Studierenden beteiligt. Asta-Vorsitzender Stefan Haffke sieht sich durch dieses Ergebnis dennoch in seiner ablehnenden Haltung gegenüber der Haushaltsplanung des Rektors bestärkt:

    "Die Grenzen lassen sich sicherlich da festmachen, dass die Energiekosten nicht aus Studiengebühren bezahlt werden dürfen, genauso gut die Umstellung von Bachelor auf Master auch ein Programm ist, das vom Land kommt - das sind alles teilweise Projekte, die vom Land oder auch teilweise von der Bundesregierung inszeniert wurden. Und dafür muss einfach auch das Geld von dem jeweiligen Ministerium oder von der Bundesregierung kommen."

    Aber: Dieses zusätzliche Geld für die angesprochenen zusätzlichen Aufgaben kommt eben nicht. Und deshalb sieht sich Professor Hans-Peter Liebig, Rektor der Universität Hohenheim, von den Studierendenvertretern zu Unrecht an den Pranger gestellt. Seine gesetzliche Aufgabe sei es nun einmal, einen ausgeglichenen Haushalt zu präsentieren - ein Kunststück bei stetig sinkenden Einnahmen und steigenden Kosten.

    "Also wenn man die Haushaltssituation jetzt mal betrachtet, dann ist der Posten, der das planerische Defizit verursacht, die gestiegenen Kosten für Berufungszusagen, die wir ja als Investition, als Anlage-Investition betrachten müssen."

    Möchte die Hochschule Spitzenkräfte für Forschung und Lehre gewinnen, muss sie tiefer als früher in den Geldtopf greifen - der Preis des verschärften Wettbewerbes zwischen den Hochschulen. Immer konkreter formulierten neue zu berufende Professoren ihre Ansprüche beispielsweise an die Ausstattung von Labors, aber auch an die Zahl der Mitarbeiterstellen eines Lehrstuhls. Dafür gebe es aber vom Land als Hochschulträger keinen einzigen Euro mehr - ebenso nicht wie für zahlreiche andere Bereiche, wo die Kosten immer weiter nach oben klettern.

    "Heizkosten, Energiekosten - ebenso ein wichtiger Grund, die Umstellung auch Bachelor-Master. Dafür haben wir nie besondere Gelder bekommen. Weitere Aufgaben sind die Weiterführung eines Hochschul-Didaktik-Zentrums."

    Woher das Geld nehmen, wenn die Zuschüsse des Landes Baden-Württemberg gedeckelt sind? Rektor Hans-Peter Liebig verweist auf die Pflicht, einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. Und dies sei nun einmal nur durch die schwäbische Tugend des Einsparens und durch die Verwendung eines Teils der Studiengebühren machbar. Dies komme durchaus den Studierenden zugute, sehe der Haushalt für 2009 doch eine Reihe von Projekten vor, die Verbesserungen bringen:

    "Eines ist die Ausstattung der Hörsäle mit Beamern, mit anderen technischen Einrichtungen, um den Unterricht wirklich in einer besseren technischen Form durchführen zu können. Ein anderer Bereich, den ich ansprechen kann: Wir werden für Hohenheim alleine sieben Stellen beantragen, die für Lehre eingerichtet werden - keine Professorenstellen, aber im Bereich der Assistentenstellen. Das Ministerium geht davon aus, dass 15 Prozent der Studiengebühren in diesem Bereich ausgegeben werden können."

    Doch genau diese Verwendung der Gebühren schmeckt den Asta-Vertretern überhaupt nicht. Die Ausstattung von Hörsälen beispielsweise gehöre zur Grundversorgung einer Hochschule, die aus dem allgemeinen Etat und nicht aus Gebühren finanziert werden müsse. Asta-Vorsitzender Stefan Haffke sieht hier einen schleichenden Prozess, der sich nicht nur an der Uni Hohenheim zeige: Das Land Baden-Württemberg ziehe sich anteilsmäßig immer weiter aus der Hochschulfinanzierung zurück - im Bewusstsein, dass die Hochschulen zum Schließen der Lücken immer mehr Gebührengelder einsetzen. Hier müssten die Studierenden entgegenhalten - in Hohenheim und anderswo:

    " Wir werden auf jeden Fall was machen, um jedenfalls das Ministerium nicht aus der Verantwortung zu entlassen, dass etwas getan werden muss. Wir haben Kontakte mit Tübingen und arbeiten mit denen zusammen. Also es wird nicht dabei bleiben, dass Hohenheim die einzige Universität ist, die da zum Ministerium vorpreschen wird, um da was zu machen."

    Zunächst geht der Streit in Hohenheim aber intern weiter. Denn der Etatplan des Rektors ist nur ein Vorschlag. Als nächstes wird sich die zentrale Gebührenkommission, in dem auch die Studierenden mit Sitz und Stimme vertreten sind, damit beschäftigen. Asta-Sprecher Stefan Haffke weiß derweil nicht so recht, wie er den an sich lobenswerten Beschluss Aktion der Uni-Leitung einschätzen soll, 200 000 Euro aus Gebührengeldern im Rahmen eines Wettbewerbes für studentische Projekte zur Verfügung zu stellen.

    "Sagen mal: Mit welchem PR-Gag man die 200 000 verkauft hat – da fragt man sich natürlich schon, ob da man da versucht hat, die Universität in einem besseren Licht darzustellen. Und wenn man mal bedenkt, was 200 000 Euro sind, über die wir frei entscheiden können, und wenn uns dann auf der anderen Seite 1,2 Millionen weggenommen werden, dann ist das schon ein relativ großer Unterschied, was wir selbst entscheiden dürfen, und was uns aus den Händen gerissen werden soll."