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Gedenken an den Ersten Weltkrieg
Europa erinnert in Belgien

Am 4. August 1914 hatten deutsche Truppen das neutrale Belgien überfallen. 100 Jahre später gedenken zahlreiche Staats- und Regierungschefs der Opfer bei einer großen Zeremonie in Lüttich. Bundespräsident Joachim Gauck erinnert an die deutsche Mitschuld beim Ausbruch des Ersten Weltkriegs.

    Die Frau des britischen Prinzen William, Herzogin Kate, Frankreichs Präsident Francois Hollande, Belgiens Königin Mathilde, Belgiens König Philippe und Bundespräsident Joachim Gauck nehmen in Lüttich an den internationalen Gedenkfeierlichkeiten zum 100. Jahrestag des Beginns des Ersten Weltkriegs teil.
    Teilnehmer der Gedenkfeier zum 100. Jahrestag des Beginns des Ersten Weltkriegs, ganz rechts Bundespräsident Gauck (picture alliance / dpa / Maurizio Gambarini)
    Bundespräsident Joachim Gauck und die Staatsoberhäupter Frankreichs sowie Belgiens haben heute an den Beginn des Ersten Weltkriegs vor 100 Jahren erinnert. Der belgische König Philippe legte in Lüttich einen Kranz nieder und dankte den damaligen Alliierten für die Unterstützung des "tapferen kleinen Belgien". Die Erhaltung des Friedens bleibe eine große Herausforderung: "Unsere Großeltern haben von einem vereinten und friedlichen Europa geträumt", sagte der König.
    Gauck dankt den Belgiern
    Bei der Zeremonie erinnerte Bundespräsident Joachim Gauck an die deutsche Mitschuld beim Ausbruch des Ersten Weltkriegs. "Dieser Krieg begann in Westeuropa mit dem durch nichts zu rechtfertigenden Überfall Deutschlands auf das neutrale Belgien", sagte er. Gauck dankte den Belgiern, dass sie "nach all dem Leid und all dem Elend schon sehr bald nach dem Zweiten Weltkrieg die Hand zur Versöhnung ausgestreckt haben". Gerade in Belgien, wo das verfasste Europa zu Hause sei, sei der Ort, die europäische Einigung zu loben, sagte der Bundespräsident: "Statt des Rechts des Stärkeren gilt in Europa heute die Stärke des Rechts." Daher dürften die Nationen nicht gleichgültig bleiben, wenn Menschenrechte missachtet sowie Gewalt angedroht oder ausgeübt werde. Auch hundert Jahre später würden noch immer "politische, völkische oder religiöse Überzeugungen" instrumentalisiert und als Rechtfertigung für Gewalt und Mord benutzt, warnte der Bundespräsident.
    Auch Frankreichs Staatspräsident François Hollande rief zum Engagement für Menschenrechte und Frieden auf: "Wir können nicht neutral bleiben." Er verwies darauf, dass allein auf belgischem Boden im Ersten Weltkrieg 210.000 französische Soldaten gefallen seien. Die europäische Einigung nach 1945 sei zunächst eine "verrückte Idee" gewesen, "aber Krieg war noch verrückter". Auch Prinz William als Vertreter Großbritanniens lobte den europäischen Weg zum Frieden: "Heute sind wir Freunde und Verbündete", sagte der Enkel von Königin Elizabeth II.
    Roter Klatschmohn: Symbol für die Schlachtfelder
    Rund 25.000 deutsche Soldaten waren am 4. August 1914 ins damals neutrale Belgien einmarschiert. Lüttich, das mit seinem Ring aus zwölf Festungen als eine der am besten geschützten Städte Europas galt, setzte sich erbittert zur Wehr. Erst nach zwölftägigen Gefechten mit mehreren tausend Toten ergab sich die Stadt, und die Deutschen konnten ihren Eroberungszug in Richtung Frankreich fortsetzen. Dabei töteten sie in Belgien rund 6.500 Zivilisten.
    Die Zeremonie fand am alliierten Mahnmal in Lüttich statt. Das hoch aufragende Monument aus weißem Stein war 1937 eröffnet worden. Über dem Platz hing ein Banner mit einem roten Klatschmohn, dem Symbol für die Schlachtfelder in Flandern und Nordfrankreich.
    Neben den Staatsoberhäuptern - unter ihnen auch Spaniens König Felipe VI. und Österreichs Bundespräsident Heinz Fischer - nahmen an der Zeremonie auch Abordnungen belgischer Veteranenverbände teil, die in ordensgeschmückten Uniformen und mit ihren Traditionsfahnen erschienen waren.
    (pg/dk)