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Gefährliche Rodungen

Werden Regenwälder abgeholzt und brandgerodet, erhöht sich der klimaschädliche Ausstoß von Kohlendioxid beträchtlich. Es gibt also gute Gründe, die Regenwälder zu schützen. Wie das im Fall des brasilianischen Amazonasgebietes funktionieren könnte, fragt die Heinrich-Böll-Stiftung bei einer internationalen Konferenz in Berlin.

Von Jule Reimer |
    Der Amazonas ist doppelt bedroht: durch die Rodungen und durch den Klimawandel. Der gebürtige US-Amerikaner und Biologieprofessor Philip Fearnside erforscht seit zwei Jahrzehnten im Auftrag der brasilianischen Regierung den Regenwald. Besorgt stellt er fest, dass seit einigen Jahren das Auftreten des El-Nino-Wetter-Phänomens mit besonders groß angelegten Brandrodungen im Amazonas zusammenfällt. El Nino bewirkt weltweit Trockenheit und Überschwemmungen:

    "2003 starben während der Hitzewelle in Europa fast 40.000 Menschen und bei uns gab es große Brände. 1997/98 gab es Brände bei uns und weltweit El-Nino-Effekte. Auch 1982, als in Äthiopien 200.000 Menschen wegen der Dürre starben, hatten wir besonders große Brände."

    Ist der eigentlich dichte Regenwald erstmal durch legale und illegale Rodungen aufgebrochen, leidet schnell die Vegetation rund um die Lichtungen. Philip Fearnside:

    "Es ist offensichtlich, dass an den Waldrändern viele Bäume absterben, und gerade die großen Bäume sterben zuerst. Die Klimaerwärmung wird das verstärken, denn das Mikroklima wird im Regenwald nahe der gerodeten Flächen trockener und heißer."

    Seriöse Forschungsinstitute aus aller Welt befürchten, dass die Klimaerwärmung diese Zerstörung deutlich verstärken wird, so dass das riesige feuchte Waldareal teilweise ausgetrocknet, wenn nicht sogar zur vergleichsweise unwirtlichen Savanne wird. Damit wären auch die Regenfälle im südlichen Lateinamerika gefährdet. Obwohl absehbar durch den Klimawandel direkt geschädigt, war die brasilianische Regierung auf der Weltklimakonferenz in Bali nicht bereit, den CO2-Ausstoß verbindlich zu reduzieren. Ihr geht es vor allem um die nationale Souveränität. Fernanda Carvalho vom brasilianischen Umweltministerium:

    "Unsere Position in Sachen Wäldern basiert auf der in der UN-Klimarahmenkonvention festgehaltenen 'gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortung'. Die Hauptverantwortung für die Reduzierung der CO2-Emissionen liegt bei den Hauptverursachern, den Industrieländern. Aber da in Brasilien 70 Prozent aller Emissionen aus der Rodung der Wälder stammt, werden wir freiwillig die Entwaldung eindämmen, aber wir werden keine internationalen Verpflichtungen eingehen. Ich bin jedoch überzeugt, dass sich diese Diskussion weiter entwickelt, und die Hilfe der internationalen Gemeinschaft ist willkommen."

    Brasiliens Regierung hat es geschafft, die Abholzungen seit 2004 zu reduzieren. Dass aber die Kontrollmechanismen noch viel zu schwach sind, zeigte sich 2007. Eine deutlich verkürzte Regenzeit bewirkte, dass die illegalen Holzfäller anders als sonst einfach weiter machten und die Entwaldungsrate wieder stieg.

    Die Idee "Schützen durch nachhaltig Nutzen" findet in Brasilien immer mehr Anhänger. Die Frage ist nur, wer das bezahlt. Auch Almir Surui vom Dachverband der brasilianischen Indigenen Amazonas-Völker COIAB hofft auf die internationale Gemeinschaft:

    "Uns Indigenen ist bewusst, dass unser Leben Teil des Lebens des Waldes ist, deshalb schützen wir ihn. Aber wir möchten, dass diejenigen, die ihre eigenen Wälder in der Vergangenheit zerstört haben, uns dabei helfen."

    Auch Ecuador hat angekündigt, dass es auf die Ausbeutung seiner Ölvorräte unter dem Regenwald verzichten könnte - vorausgesetzt, es würde dafür entschädigt. Wenn in Deutschland künftig Emissionsrechte tatsächlich versteigert würden, wie es Nichtregierungsorganisationen fordern, dann ständen auch Finanzmittel für solche Kompensationen zur Verfügung.