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Gefährlicher App-Dschungel

Smartphones sind auf dem Vormarsch. 2011 konnten die Hersteller in Deutschland fast 12 Millionen Geräte verkaufen. Noch mehr Leute würden sich ein Smartphone kaufen, hätten sie nicht ernsthafte Sicherheitsbedenken. Besonders Apps, die kleinen Programme für Smartphones, bergen große Risiken.

Von Philip Banse | 24.10.2012
    Die Leute haben Angst vor dem Diebstahl von Geld und Zugangsdaten durch manipulierte Apps – acht von zehn Smartphone-Nutzern verzichten deshalb auf bestimmte Apps. Das ist Ergebnis einer repräsentativen Umfrage, die Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) eben vorgestellt hat. 86 Prozent der Befragten sagen: Sicherheit und Datenschutz bei Smartphones seien für sie wichtig bis sehr wichtig. Die Angst vor Datenverslust ist demnach einer der wichtigsten Gründe, warum Menschen gar kein Smartphone kaufen.

    Wie immer gilt: Absolute Sicherheit gibt es nicht. Wer aber die Vorteile der Smartphones nutzen möchte, könne die Sicherheit mit einigen Handgriffen weit nach oben schrauben, sagt Jürgen Schmidt, Leiter des Sicherheits-Ressorts der Computerzeitschrift ct. So sollte jeder eine PIN-Sperre für sein Smartphone einrichten und das WLAN nur zu Hause oder bei Freunden benutzen. Sicherheitsbewusste Anwender, sagt Jürgen Schmidt, sollten zudem nicht zu einem Android-Telefon greifen, sondern sich Apples iPhone näher ansehen:

    "Es ist so, dass das iPhone als solches prinzipiell eigentlich sicherer ist als ein Android-Phone. Wir sehen derzeit durchaus, dass nämlich fast alle Trojaner, die derzeit für Smartphones entdeckt werden, sich gegen Android richten. Für Apples Smartphone-Betriebssystem iOS ist da ziemlich gähnende Leere."

    Ein Virenscanner für Android-Telefone mache wenig Sinn, sagt Jürgen Schmidt. Effektiver sei es, den App-Download nur aus vertrauenswürdigen Quellen zu erlauben. Die Apps, die kleinen Programme für Smartphones, bieten besonders viele Möglichkeiten, bergen aber mit die größten Risiken. Auch auf dem iPhone hat es beispielsweise Dutzende Fälle gegeben, bei denen Apps das komplette Adressbuch des Smartphones ausgelesen, auf amerikanische Server kopiert und dort gespeichert haben – ohne das Wissen der Nutzer.

    Beide großen Betriebssystem fragen zwar den Nutzer bei der App-Installation, was diese App auf dem Smartphone machen darf: Zugriff auf die Fotos? Zugriff auf die Kontakte? Den Standort? Diese Abfragen seien richtig, sagt Sicherheits-Journalist Schmidt, aber eine wirkliche Kontrolle darüber, was Apps mit ihren Daten machen, hätten Nutzer nicht:

    "Kurz gesagt, nein, eigentlich nicht. Die Dinger sind für sie im Wesentlichen Black Boxes, schwarzes Schachteln, die irgendwas machen, und sie haben eigentlich keine so richtige Möglichkeit, das zu kontrollieren."

    Schmidt rät schlicht, nicht jede App blind zu installieren. Gratis-Apps würden sich oft über Werbung finanzieren und daher öfter Daten sammeln. Michael Bobrowski vom Verbraucherzentrale Bundesverband rät etwa, die GPS-Ortung nur bei Bedarf einzuschalten und auf Smartphone-Banking zu verzichten:

    "Aus unserer heutigen Sicht ist es an sich über ein einziges Gerät nicht sicher. Allenfalls könnte man es akzeptieren, wenn eine mobile TAN über ein zweites, zusätzliches Gerät geschickt wird und nicht über das Gerät, über das ich dann das Online-Banking mache."

    Smartphone-Nutzer können jedoch versuchen, die Qualität einer App zu überprüfen: Welche Bewertungen hat die App im Software-Laden? Hat sie überhaupt welche? Gibt es Tests? Was sagen Freunde? Der Verbraucherzentrale Bundesverband klagt, dass einige App-Anbieter nicht mal ein Impressum oder eine Datenschutzerklärung böten.

    Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen seien meist zu lang, unverständlich und verstießen mitunter gegen deutsches Recht. Computer-Journalist Schmidt fordert, dass die Online-Läden, die Apps verkaufen, den App-Entwicklern strengere Regeln auferlegen und die Apps bei Verstoß aus dem App-Store verbannen müssten:

    "Es ist im Moment alles noch ein bisschen Wild-West. Wenn da klarere Richtlinien da wären, denke ich, könnte man einen Gutteil des Missbrauchs, den wir im Moment sehen, verhindern."

    Gesunde Skepsis, nicht jede App installieren und öffentliche WLANs meiden – dann überwiegen die Vorteile des Smartphones eindeutig die Risiken, würde ich sagen.