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Gefahr aus dem Ziegenstall

Veterinärmedizin.- Ob Ziegenkäse, -joghurt oder -milch: Ziegenprodukte sind gefragt. In Holland boomt die Haltung der Tiere, doch hier breitet sich auch das sogenannte "Q-Fieber" aus.

Von Michael Engel |
    Infizierte Menschen leiden häufig an grippeähnlichen Symptomen. Der Herzbeutel kann sich entzünden, auch die Lunge. Und dann verläuft das sogenannte "Queensland-Fieber" beziehungsweise "Q-Fieber" mitunter tödlich. Rund 2500 Menschen erkrankten in den vergangenen zwei Jahren in Holland, sechs starben. Sie alle lebten in unmittelbarer Nähe von Ziegenställen.

    "Holland hat in den letzten zehn, 15 Jahren einen unwahrscheinlich großen Ziegenbestand aufgebaut. Immerhin ist der Ziegenbestand Hollands inzwischen größer als in Deutschland",

    sagt Professor Martin Ganter von der Tierärztlichen Hochschule Hannover.

    "In Holland werden die Ziegen in sehr großen Betrieben gehalten. Es ist nun so, dass nach meinen Informationen zurzeit – je nachdem wie man zählt – 61 der gut 350 Betriebe positiv sind."

    Erreger des "Q-Fiebers" ist das Bakterium Coxiella burnetii. Insbesondere Ziegen und Schafe können sich infizieren. Tragende Muttertiere reagieren dann häufig mit Fehlgeburten, sogenannten Verlammungen, wobei die Nachgeburt besonders gefährlich ist: Sie enthält extrem viele Erreger, die im Stroh oder im Erdreich viele Jahre infektiös bleiben – auch für Menschen.

    "Diese Coxiellen bilden sporenähnliche Überlebensformen, die in der Umgebung sehr resistent sind und lange überleben können. Und wenn so eine Umgebung erst mal stark verseucht ist, dann können Sie im Prinzip gucken, wo Sie wollen, sie finden den Erreger. Und da eben dieser Erreger vor allem mit dem Staub in die Umwelt gerät und der Mensch über Inhalation insbesondere von Stäuben infiziert wird, ist das natürlich ein permanente Gefahr."

    Um die Gefahr in Holland zu bannen, wurden in den vergangenen zwei Jahren 500.000 Ziegen geimpft. Ohne nennenswerten Erfolg. So ist die Tötungsaktion von 40.000 Ziegen in der Weihnachtswoche gewissermaßen die zweite Stufe im Kampf gegen das "Q-Fieber". Auf einen anderen Aspekt macht Martin Ganter aufmerksam. Er fand bei Untersuchungen besondere Formen der Immunität.

    "Rein theoretisch genügen zehn Erreger – je nachdem, welche Literatur man nimmt – um einen Menschen zu infizieren. Aber wenn man jetzt zum Beispiel mal Personal in positiven Herden sieht, die ja exponiert sind ohne Ende, dann findet man immer noch negative Personen. Also Schäfer zum Beispiel, die, obwohl da ein Abortgeschehen abgelaufen ist, negativ geblieben sind. Über erstaunlich lange Zeit."

    Häufig blieb der Schäfer gesund, doch die Angehörigen erkrankten. Möglicherweise, so die Erklärung, adaptiert sich das Immunsystem bei hohem Infektionsdruck. Kurios ist auch dieser Befund: In einer Schafherde mit 900 Muttertieren, die Professor Ganter 2004 in Niedersachsen untersuchte, waren 26 Prozent positiv. In 2005 sogar 27 Prozent. Doch vier Jahre später war der Erreger verschwunden - von allein!

    "Das heißt, das Ganze ist doch sehr verwirrend."

    Bei den untersuchten Tieren handelte es sich um eine Wanderschafherde, die nur im Winter in geschlossene Ställe kommt. Entsprechend niedrig sei der Infektionsdruck. Und das, so Ganter, könnte den Selbstheilungseffekt erklären.