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Gefahr für besonders Junge und Alte

Umwelt. - Mit den Auswirkungen von Umweltchemikalien in der Nahrung oder in der Atemluft auf besonders sensible Bevölkerungsgruppen wie Kinder, Kranke und Senioren hat sich in Frankfurt am Main eine Tagung des Forschungszentrums für Umwelt und Gesundheit in der Helmholtz-Gemeinschaft befasst. Im besonderen Blick der Wissenschaftler war dabei der Feinstaub.

Von Ludger Fittkau |
    Die gute Nachricht gab es gleich zu Beginn der Tagung: Die Schadstoffe und Rückstände in der Muttermilch sind in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen. Mit DDT oder den ehemals ähnlich weit verbreiteten Stoffen PCB oder Lindan ist die Muttermilch nur noch mit einem Fünftel dessen belastet, was man vor einem Vierteljahrhundert gemessen hat. Bezogen auf andere Schadstoffe gab es heute Morgen allerdings noch keine Entwarnung. Der Epidemiologe Joachim Heinrich vom Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit in Neuherberg ist an einer Langzeitstudie mit 10.000 Kindern in Deutschland beteiligt, in der unter anderem die Auswirkungen von Autoabgasen auf Kinderlungen erforscht werden.

    "Wir gehen davon aus, dass Kinder eine besonders sensible Bevölkerungsgruppe darstellen, auf die sich insbesondere die Außenluftschadstoffe gesundheitlich in besonderer Weise nachteilig auswirken."

    Vor allem Feinstaubpartikel sind dabei in den Focus des Wissenschaftlers geraten: Für Rußpartikel in der Atemluft seien die Kinder deswegen besonders anfällig, weil sie mit einer unreifen Lunge und einem noch nicht voll ausgebildeten Immunsystem auf die Welt kommen. Die Reifung der Lunge und anderer Organe werde durch Luftschadstoffe beeinträchtigt, so Joachim Heinrich. Dazu komme, dass Kinder den Schadstoffen intensiver ausgesetzt seien als Erwachsene. Heinrich:

    "Sie bewegen sich mehr, sie atmen mehr Luft ein im Vergleich zur Körperoberfläche und auch im Vergleich zur Körpermasse und haben auch im Bereich der Detoxifikation, also der Entgiftung, haben sie eine geringere Entgiftungskapazität, als das bei Erwachsenen der Fall ist, aufgrund der Massenverhältnisse zwischen den Organen, die die Entgiftung machen, und dem Körpergewicht."

    Quellen für schädliche Feinstaubbelastungen seien übrigens nicht nur Verkehr, Hausbrand, Industrieabgase und Aufwirbelungen etwa von landwirtschaftlichen Flächen, so Heinrich. Sondern auch im Innenraum könnten etwa Kochen oder Staubsaugen und vor allem das Rauchen der Erwachsenen zur Belastung der Kinder beitragen. Feinstaub könne auch eine Rolle bei Allergien wie Asthma spielen. Heinrich:

    "Bei der Wirkung von Feinstaub auf allergische Erkrankungen muss man generell unterscheiden zwischen den Kurzzeitwirkungen bei bestehendem Asthma und den Wirkungen des Feinstaubes zur Verursachung von allergischen Erkrankungen. Dass Feinstaub zu einer Verschlechterung von asthmatischen Beschwerden führt, ist seit langem bekannt und unstrittig, strittig ist gegenwärtig noch, in wie weit Feinstaub tatsächlich ursächlich an der Herausbildung von Asthma und Allergien beteiligt ist."

    Noch liegen keine endgültigen Ergebnisse vor: Doch die erfassten Daten der Langzeitstudie des Forschungszentrums für Umwelt und Gesundheit bestätigen aber die Vermutung, dass es einen direkten Zusammenhang zwischen Feinstaub
    und Asthma gibt. Dass Luftverschmutzung nicht nur für Kinder, sondern ebenso für alte Menschen eine besondere Belastung darstellen kann, beschäftigt Manfred Gogol, den Vorsitzenden der Sektion "Geriatrische Medizin" in der Deutschen Gesellschaft für Gerontologie und Geriatrie:

    "Wir wissen aus einer Vielzahl von wissenschaftlichen Untersuchungen über die vergangenen zwanzig Jahre, dass die hohe Luftverschmutzung dazu führt, dass die arteriosklerotischen Erkrankungen, die dann zum Herzinfarkt zur Herzinsuffizienz oder zu anderen Erkrankungen führen, auch gerade zu Lungenerkrankungen wie Lungenentzündungen oder chronischer Bronchitis in hohem Lebensalter assoziiert ist mit dieser Luftverschmutzung und das Erkrankung und Sterblichkeit deutlich erhöht ist."

    Die aktuelle Diskussion um Klimaerwärmung und die notwendige Reduktion der fossilen Verbrennung könne als Nebeneffekt auch einen wirksameren Gesundheitsschutz für Kinder oder Alte und Kranke mit sich bringen, so Gogol.
    Doch es führe auch kein Weg an einem geringeren Schadstoffausstoß im Straßenverkehr vorbei, um gerade besonders sensible Bevölkerungsgruppen zu schützen, betont Joachim Heinrich.

    "Letztlich kann man sie dadurch schützen, indem man die Emission, also den Ausstoß reduziert und ein reduzierter Ausstoß führt also auch zu einer verringerten Immission, das ist die Luft die man einatmet und insofern ist das der Königsweg des Schutzes. Alle anderen Vorschläge sind letztendlich nur Makulatur und können im Einzelfall auch eine gewisse Wirkung haben aber letztendlich geht es ganz klar in Richtung Senkung der Emission."