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Gefahr für die technischen Hochschulen in Brandenburg

Der Verband Deutscher Ingenieure hat auf der Cebit einen Mangel an Fachkräften beklagt und damit auch die Verlagerung von Produktionen ins Ausland begründet. Tatsache ist - die Nachfrage nach technischen und naturwissenschaftlichen Studiengängen ist anhaltend gering, obwohl die Berufsaussichten gut sind. Bei den technisch ausgerichteten Hochschulen in Ostdeutschlands Randregionen läuten deshalb die Alarmglocken.

Von Claudia van Laak |
    Ingrid Rumpf studiert unter quasi paradiesischen Bedingungen. Sie ist eine von etwa 50 Studierenden der Verfahrenstechnik an der TU Cottbus, die von sechs Professoren betreut werden. Zu den Vorlesungen kommen manchmal nur zwei oder drei Studierende. Ich kann Cottbus nur empfehlen, sagt die 21jährige.

    "Weil wir keine mit Platz haben, man kriegt immer Platz in der Übung, das Betreuungsverhältnis ist gut, die Professoren sind ansprechbar, neue Labore, neue Gebäude, was nicht neu ist, wird gerade saniert. "

    Die Brandenburgische Technische Universität Cottbus ist erst nach der Wende gegründet worden, sie hat derzeit etwa 5000 Studierende und 120 Professoren. Die Zahl der Studierenden stagniert, die der Erstsemester ebenfalls. Grund dafür ist das anhaltende Desinteresse an technischen Studiengängen und der Standortnachteil - die Kleinstadt Cottbus gelegen zwischen Berlin und Dresden erscheint vielen unattraktiv. TU-Präsident Ernst Siegmund.

    "Wenn wir jetzt unser direktes Einzugsgebiet ansehen, ist das die Lausitz, und die Lausitz hat 250.000 Einwohner. Den Standortnachteil konnten wir bislang ausgleichen, weil wir einen extrem hohen Anteil ausländischer Studierender haben. "

    Nämlich fast 25 Prozent. Doch die Aussichten für Cottbus sind nicht rosig, denn in den nächsten Jahren wird an den Hochschulen Ostdeutschlands die demographische Falle zuschnappen. Seit der Wende sind die Geburtenzahlen drastisch gesunken - die erste Nachwende-Generation wird demnächst die Hochschulen erreichen. Dazu kommt das neue Finanzmodell für Brandenburgs Hochschulen. Wer seine Studierendenzahlen steigern kann, bekommt mehr Geld. Brandenburgs Wissenschaftsministerin Johanna Wanka, CDU.

    "Die Klugheit liegt in den Hochschulen vor Ort. Sie müssen sagen, wir wollen als Hochschule viel Geld. Wir haben einen Studiengang, der wird nicht so nachgefragt, aber den wollen wir behalten. Und dann haben wir einen Studiengang, der wird extrem nachgefragt, den bauen wir aus. Und durch das Mittelverteilungsmodell haben die Hochschulen jetzt den Nachdruck, über solche Strategien nachzudenken. "

    Die Konsequenz aus dem neuen Finanzmodell für Cottbus - der Haushalt schrumpfte in diesem Jahr um eine Million Euro. Das Konzept geht nicht auf, klagt TU-Präsident Siegmund, denn der Finanztopf ist gedeckelt.

    "Ist ja nicht so, dass wenn wir eine Steigerungsrate haben in der Studierendenzahl, dass wird dann mehr Geld bekommen. Wenn die Nachbarhochschule sich schneller steigert als wir, geht bei uns trotz Erfolg der Etat zurück. "

    Brandenburgs Wissenschaftsministerium Johanna Wanka weist die Kritik zurück und erinnert daran, dass alle Hochschulen dem neuen Finanzmodell zugestimmt haben. Der Ministerin, die selber Mathematikprofessorin ist, liegt eine Förderung technischer und naturwissenschaftlicher Studiengänge persönlich am Herzen, trotzdem will sie nicht regulierend eingreifen, wie von der TU Cottbus gewünscht. Wanka fordert stattdessen verstärkte Anstrengungen von der Universität, attraktive Studiengänge anzubieten und nennt ein Beispiel.

    "Eine Hochschule wir die TU Cottbus muss in einer Situation, in der die Nachfrage nach Bauingenieurwesen drastisch sinkt, überlegen, reduziere ich die Zahl der Studienplätze und mache dafür etwas anderes technisches oder spezialisiere ich mich. "

    Die Studierenden teilen die Ansicht der Wissenschaftsministerin, dass der TU Cottbus ein bisschen mehr Bewegung nicht schaden könne. Sie setzen auf eine bessere Vermarktung und stellen die Vorteile einer kleinen Campusuni heraus.

    "Hier gibt es Atelierplätze für alle, auch das Betreuungsverhältnis ist gut, ich finde meinen Professor jederzeit, das hat sich ausgezahlt im Studium, man ist wirklich näher dran. "

    "Deshalb können wir nur aufrufen, dass mehr Leute herkommen und dass sich dadurch die Situation nur verbessern kann. "